Jede Saison so frisch wie gerade erfunden: Die „Opening Night“ des NDR Sinfonieorchesters

Niemand, der dabei war, wird dieses Summen vergessen, dieses erwartungsvolle Flirren, das im September 2011 die Laeiszhalle erfüllte: Thomas Hengelbrock gab seinen Einstand beim NDR Sinfonieorchester. Nicht mit einem würdig-anspruchsvollen Sinfoniekonzert, nein, es wurde eine ganze „Opening Night“ daraus, ein ausuferndes Fest, das Anspruch und Leichtigkeit über seine drei Teile hinweg mühelos zu einem großen Ganzen verband. Hinreißend die Choreinlage der Damen des NDR Sinfonieorchesters.

So etwas ist unwiederholbar. Dachte der Konzertbesucher. Er dachte es genau bis zur zweiten „Opening Night“ 2012 . Die beschwor auf eigene Weise, aber ebenso überschäumend das Glück, das Musik in unserem Leben bedeuten kann – samt Gesangsnummer der Herren des NDR Sinfonieorchesters.

Mit der dritten Saisoneröffnung im kommenden September ist die „Opening Night“ schon Tradition. Dieses Mal geht die musikalische Reise nach Großbritannien, und sie bedient gleich zu Beginn einen jahrhundertealten Komplex: dass englische Musik im Wesentlichen ein Importprodukt sei. Auf dem Programm steht nämlich Händels „Music for the Royal Fireworks“.

Mehr als 100 Musiker sollen bei der Uraufführung mitgewirkt haben, allein 40 Trompeter und 20 Hornisten, aber keine Streicher. So wollte es König George II. 1748. Händel fügte sich drein – und führte das Stück einen Monat später noch einmal auf, diesmal mit vollem Streicherapparat. Diese zweite Fassung hat Eingang ins Konzertrepertoire gefunden, das NDR Sinfonieorchester spielt sie zusammen mit dem NDR Jugendsinfonieorchester.

Pracht und Selbstgewissheit Händels kontrastiert Hengelbrock mit einer Arie aus Benjamin Brittens Kammeroper „The Turn of the Screw“. Uneingestandene Ängste nagen an der jungen Gouvernante, die auf einem ländlichen Anwesen zwei Kinder beaufsichtigen soll. Doch tapfer besingt sie ihre neue Arbeitsstätte: „How beautiful it is“. Die schwedische Sopranistin Miah Persson schlüpft in die Rolle der Governess, und sie singt auch die Konzertarie „Infelice“ von Mendelssohn – übrigens ein Auftragswerk der London Philharmonic Society, um noch einmal auf den bewussten Komplex zurückzukommen.

Pause, Sekt, Übermut. Im zweiten Teil dirigiert Hengelbrock ein Herzstück britischen Selbstverständnisses, das sogar aus der Feder eines Briten stammt: Elgars „Enigma“-Variationen. Das titelgebende Rätsel hat der Komponist zwar alsbald selbst aufgelöst, den Reiz dieser brillanten, hochoriginellen Musik schmälert das mitnichten.

Pause, Sekt, Übermut. Der dritte Teil gehört der Theater- und Operettenmusik von Henry Bishop und Arthur Sullivan, die die leichte Muse im London des 19. Jahrhunderts geprägt haben. Vielleicht treten ja diesmal Damen und Herren des NDR Sinfonieorchesters als gemischter Chor an die Rampe. Bloß – wer soll dann noch spielen? Lassen wir uns überraschen.

Würdig-anspruchsvolle Programme werden natürlich nicht fehlen in der Saison 2013/14 des NDR Sinfonieorchesters. Das erste folgt kaum eine Woche nach der „Opening Night“. Da dirigiert Hengelbrock Bartóks Konzert für Orchester, und Hélène Grimaud spielt das erste Klavierkonzert von Brahms. Das ist nicht unbedingt ein Programm für Sekt und Übermut, sondern eher zum Zuhören mit Kopf und Herz. Und genauso spannend wie die „Opening Night“. Nur ganz anders.

„Opening Night“ 6.9., 19.00

Hélène Grimaud, NDR Sinfonieorchester, Thomas Hengelbrock 12.9., 20.00; 15.9., 11.00

Alle Konzerte in der Laeiszhalle.

Karten zu 10,- bis 46,- unter T. 0180/178 79 80* oder www.ndrticketshop.de

*) Bundesweit zum Ortstarif, max. 42 Cent pro Minute aus Mobilfunknetzen