Piotr Anderszewski spielt Mozart beim NDR

Man kann ihn natürlich auch nicht mögen, diesen Piotr Anderszewski. Er spielt zwar Klavier wie ein altersloser Gott, der das Leben liebt und die Sinnlichkeit nicht weniger als den sublimsten Gedanken. Was für ein geistreiches Spiel mit den größten Tiefen des Lebens die Musik sein kann, das zeigt sein Gesicht beim Spielen, das zeigen die Nuancen, die Farben, die Details, die er aus den Noten in seinen persönlichen Klang übersetzt. Aber er spielt halt auch Bach mit Empfindung; es gibt Leute, die hassen das.

Anderszewski ist ein kluger Künstler voller Charme und selbstkritisch bis zum Anschlag. Dass er 1990, mit 21 Jahren, beim Klavierwettbewerb in Leeds ungefähr drei Takte vor Schluss seines Programms (Beethovens Diabelli-Variationen, Anton Webern, Variationen op. 27) vom Klavierhocker aufsprang und den Saal verließ, weil er fand, er habe lausig gespielt und gehöre in die Ecke zum Schämen, hat seiner Karriere so gar nicht geschadet, dass man denken könnte, er habe diesen Mimosen-Selbstgeißelungseklat geschickt inszeniert. Hat er aber wohl nicht. Bescheidenheit und ein von der Erkenntnis jederzeit möglichen Scheiterns gemilderter, gleichwohl beharrlicher Perfektionismus sind ihm geblieben.

1969 in Polen als Sohn eines Polen und einer Ungarin geboren und in Paris aufgewachsen, kann man Piotr Anderszewski mit Fug als europäischen Kosmopoliten bezeichnen. Er spricht vier Sprachen fließend – die der Musik, wohl seine spirituelle Muttersprache, nicht mitgerechnet. Schwerpunkte seines Repertoires liegen bei Bach, der Wiener Klassik und der Romantik, vor allem bei Schumann, Chopin und Szymanowski, für den er sich besonders einsetzt.

Wenn Anderszewski Mozart- oder Beethovenkonzerte spielt, dirigiert er das Orchester am liebsten selbst. Er tut dies mit Anmut und wenigen, dafür energetisch umso wirkungsvolleren Gesten. Beim Konzert mit dem NDR im November überlässt er dagegen die Leitung des Orchesters dem aus Schweden stammenden Grandseigneur Herbert Blomstedt.

Nach der Pause macht Blomstedt das Publikum dann mit dem Werk eines Landsmanns vertraut, der hierzulande kaum bekannt ist: Wilhelm Stenhammar (1871–1927). In seinen Lebensdaten fast genau 100 Jahre später als Beethoven, zählt Stenhammar zu den zu Unrecht nahezu vergessenen Meistern einer regional gefärbten, spätromantischen Musik des Nordens. Die jubelnde Schwere seines sinfonischen Chorwerks „Midvinter“ etwa erscheint dafür charakteristisch. Auch schrieb er schön dunkel lasierte Musik für Streichquartett, zwei Klavierkonzerte, Solostücke für Klavier und ein paar Opern.

Stenhammars Sinfonie Nr. 2 g-Moll op. 34 hat es Blomstedt besonders angetan. Er hat das Werk schon mit den Bamberger Symphonikern aufgeführt, deren Ehrendirigent er ist. Mit dem NDR Sinfonieorchester wird die Sinfonie erstmals auch in Hamburg erklingen.

„Schwedische Romantik“ 21. und 21.11., jeweils 20.00, Laeiszhalle. Karten zu 10,- bis 46,- unter T. 0180/1787980* oder www.ndrticketshop.de

*) Bundesweit zum Ortstarif, max. 42 Cent pro Minute aus Mobilfunknetzen