Mit “Gloriana“ feiert die Staatsoper 100 Jahre Britten - und ein Thronjubiläum

Für den späteren Ruhm und die Ehrenrettung des Lebenswerks gibt es kaum Praktischeres als einen krachenden Misserfolg bei der Premiere. Ohne seinen Uraufführungsskandal wäre Strawinskys "Sacre" womöglich nur halb so berühmt geworden, etliche Opern anerkannter Talente wurden erst Jahre nach ihrer Bauchlandung im Rampenlicht als besser erkannt, als viele zunächst dachten.

Ein Paradebeispiel aus dieser Kategorie ist Brittens Hof-Oper "Gloriana", die er als untertänigst verfertigte Auftragsarbeit zur Krönung von Elizabeth II. am 2. Juni 1953 präsentierte. Für Staatsopernchefin Simone Young als praktizierenden Britten-Fan ist das Stück aus jubiläumsmathematischer Sicht geradezu ideal, um es 60 Jahre später auf den Spielplan zu nehmen und damit dem Komponisten zum 100. zu gratulieren. Und außerdem ist diese Rarität ein schönes Gegengewicht zu den beiden anderen Großjubilaren Richard Wagner und Giuseppe Verdi.

Titelheldin ist die erste Elizabeth, die von 1558 bis 1603 herrschte. Die letzte der Tudors, Tochter von Anne Boleyn und Heinrich VIII., wurde unter anderem auch "Gloriana" genannt; während ihrer Regierungszeit erlebte das Königreich eine Blüte der Kultur. Das ist zwar bei Shakespeare oder Marlowe nachzulesen, rettete den weltweit gefeierten Komponisten aber nicht vor einem Desaster: Das Stück fiel komplett durch. Denn während die Ehrengäste ein wohlfeiles Historien-Panorama erwartet hatten, konfrontierte Britten sie lieber mit der Vertonung von Ränkespielen aus den Schicksalsjahren einer unglücklichen Königin. Auch die junge Elizabeth II. soll nicht wirklich amused von diesem Geschichtsunterricht in eigener Sache gewesen sein. An der Musik kann es nicht gelegen haben, denn in der Partitur lebte Britten seine Begeisterung für den höfischen Soundtrack des 16. Jahrhunderts stilsicher aus.

Die Hamburger Inszenierung mit der Engländerin Amanda Roocroft in der Titelrolle ist eine Koproduktion mit dem Londoner Royal Opera House, dort wird "Gloriana" Teil der Feierlichkeiten zum Kronjubiläum sein. Regie führt der Brite Richard Jones - ein Mann, der sich mit spektakulären historischen Frauengestalten auskennt, spätestens seit er 2011 eine Oper über Leben und Sterben des texanischen Models Anna Nicole Smith in London auf die Bühne brachte.

"Gloriana" 24.3., 18.00 (Premiere), 27. und 30.3., 1., 4. und 6.4., jeweils 19.30, Staatsoper. Karten zu 6,- bis 158,- unter T. 35 68 68