Johannes Erath inszeniert Verdis Seelendrama “La Traviata“ an der Staatsoper

Nennen wir sie eine Frau mit Vergangenheit: Violetta Valéry. Als die Pariser Lebedame die Liebe zum ersten Mal in ihren seelischen Dimensionen erfährt, wirft sie alles hin und lebt fortan mit dem Geliebten. Bis dessen Vater von ihr verlangt, den Sohn zu verlassen, da sonst der Familie gesellschaftliche Schmach und wirtschaftliche Not drohten. Da zeigt sich, dass Violetta vor

allem eins ist: eine Frau von einem Anstand, der bis zur Selbstentäußerung geht. Sie entspricht dem Wunsch des Vaters nicht nur, sie wahrt gegenüber dem Verlassenen auch noch nobles Stillschweigen über die Zusammenhänge. Dass der sich in seiner Verzweiflung daraufhin seine eigene Erklärung zusammendichtet, wird der schweigenden Heldin nicht bekommen.

So geht der Kernkonflikt einer der beliebtesten Opern überhaupt: Verdis "La Traviata". Im Februar bringt Johannes Erath das Werk in einer neuen Lesart auf die Bühne der Staatsoper und löst damit die Inszenierung von Folke Abenius ab, die seit 1975 mehr als 250-mal gezeigt wurde. Das Bühnenbild entwirft Annette Kurz, für die Kostüme zeichnet Herbert Murauer verantwortlich, die musikalische Leitung hat Patrick Lange.

In den männlichen Hauptrollen sind der rumänische Tenor Stefan Pop und der Bariton George Petean zu erleben, die Titelrolle übernimmt die amerikanische Sopranistin Ailyn Pérez, die die Violetta an der Dammtorstraße bereits in den vergangenen Jahren ergreifend verkörpert hat. Die Vorstellungen am 23. und 26. Februar sowie am 6. und 10. März singt die Sopranistin Hayoung Lee.

Die seelische Entwicklung der Figur hat Verdi seiner Oper auf das Delikateste einkomponiert und ihr damit einen ganz anderen Unterton gegeben als Alexandre Dumas der Jüngere in der Romanvorlage, der in seiner berühmten "Kameliendame" ein durchaus sarkastisches Sittenbild gezeichnet hatte.

Violetta lernt die wahre Liebe erst kurz vor ihrem Tod kennen. "Ich glaube, dass diese im Sterben begriffene junge Frau, die plötzlich anfängt, so zu leben, wie sie es sich bis dahin nicht getraut hat, eine bestimmte Sehnsucht von uns verkörpert", sagt Johannes Erath. Die vom Weg Abgekommene - so lautet die Übersetzung von "la traviata" - als eine selbstbestimmte Frau: wenn das keine durch und durch heutige Sicht ist.

"La Traviata" 17.2., 18.00, Staatsoper (Premiere). Karten zu 6,- bis 158,- unter T. 35 68 68. Weitere Vorstellungen: 20., 23., 26.2., 6.3., jeweils 19.00, 10.3., 18.00; 15. und 19.3., 2. und 4.5., jeweils 19.00