Nur wer sich wandelt, bleibt sich treu: Herbie Hancock bei den Jazznights

Als Herbie Hancock 1964 seinen Titel "Cantaloupe Island" veröffentlichte, hatte damit er bewusst einen Gegenpol gesetzt zur komplexen Musik seines Hauptarbeitgebers. Mehr zu erreichen als bei Miles Davis zu spielen ging eigentlich nicht in Sachen Modern Jazz. Aber es war eben Jazz, eine Minderheitenmusik im Vergleich zum Massenphänomen Rock, der zu jener Zeit in mehr als einer Hinsicht elektrisierte. Sein eigenes Sextett konnte Hancock Ende der 60er-Jahre nur mit den Tantiemen seiner Hits über Wasser halten. "Wir erreichten kein großes Publikum, aber darauf kam es mir nicht an", erinnert sich der Pianist. "Aber irgendwann machte diese Avantgarde keinen Spaß mehr."

Mit seiner elektrifizierten und elektrifizierenden Funkjazzband Headhunters erschloss sich Hancock in den 70er-Jahren ein neues Publikum; und konnte als studierter Elektrotechniker sein Faible für modernste Gerätschaften ausleben. Nachdem sich die Funkjazzwelle verlaufen hatte, verlegte er sich auf's Produzieren - und landete mit dem synthetikgewitternden "Rock it" 1983 den erfolgreichsten Instrumentaltitel des Jahrzehnts. Die Kritiker maulten, die Zuhörer jaulten, Hancock erhielt einen Grammy, und das Scratchen, jenes rhythmische Geräusch durch schnell hin- und herbewegte Schallplatten, bildet fortan die handwerkliche Grundlage jedes DJs.

Dem Stilbruch zwischen Avantgarde und Pop, Akustischem und Elektrischem ist Hancock seit fast 40 Jahren treu geblieben. "Ich bin nicht der Typ, der immer das Gleiche machen möchte. Wenn ein Terrain ausdefiniert ist, dann ist es Zeit zu wechseln. Ich muss nicht zurück schauen, weil meine Gegenwart das Vergangene repräsentiert." In den 90er-Jahren interpretierte Hancock Pophits mit einer Jazzband, später machte er ein Popalbum mit knallharten Jazzpassagen. Und zu seinem 70. Geburtstag kam er gerade mit einer Produktion heraus, die als einzigen roten Faden aufweist, dass darauf Leute spielen, mit denen er Lust hatte zu spielen: Pink, Wayne Shorter, Seal, die Bluesrocker von Tinariwen, um nur einige zu nennen. Die Liste ist so illuster wie vielschichtig, dass es keine Chance gibt, die Musiker zusammen auf der Bühne zu erleben. The Imagine Project ist Hancocks Klang gewordene Idee von Musik als universellem Bindeglied zwischen den Kulturen und Stilen. Ganz so, wie er es Zeit seines Lebens gehalten hat. "Ich sitze am Klavier. Den Stress einzuordnen, was ich da gerade spiele, überlasse ich sehr entspannt anderen."

Herbie Hancock & Band 24.11. Laeiszhalle, 20 Uhr, Tickets: 01805/62 62 80