In Los Angeles stehen PS-starke Modelle im Mittelpunkt, auch wenn den schadstoffarmen Fahrzeugen gewiss die Zukunft gehört.

Kalifornien hat es besser und blickte schon immer mit gesundem Optimismus nach vorne. Im Sonnenland der Vereinigten Staaten stehen muskulös motorisierte Autos traditionell ganz vorne auf der Wunschliste für ein finanziell anspruchsvoll gesichertes Leben. Gleichzeitig entwickelte sich Kalifornien zum lautesten Rufer nach schärferen Abgasvorschriften und förderte so die Geburt der Hybridautos. Das hat die begüterten Bewohner dieses Bundesstaates nicht daran gehindert, ihre Autowünsche meistens nach Motorleistung und Prestige des Modells auszurichten. Das demonstriert momentan die Los Angeles Auto Show.

Traditionell übernehmen die deutschen Hersteller auf der Messe eine von zwei Hauptrollen. Die andere liegt nach einem kurzen Schwächeanfall wieder bei der heimischen Industrie mit General Motors, Ford und Chrysler. Sie demonstrieren ihre Lernfähigkeit mit etlichen Hybridmodellen und einer Riege neuer Typen, die aber zumeist für den deutschen Markt nicht von Bedeutung sind. Mit großem Selbstbewusstsein agieren die Marken des VW-Konzerns. Porsche hat seinen neuen 911 Carrera mitgebracht, und Entwicklungsvorstand Wolfgang Hatz definiert nicht ohne Grund Kalifornien als dessen "zweites Heimatland". Porsche fühlte sich in Kalifornien schon immer wohl, und der neue Carrera wird wie seine Vorgänger, die hier seit Jahrzehnten zu Hause sind, den Mythos der Marke weitertragen.

Das gilt auch für Volkswagen, deren Produkte nach mancherlei Rückschlägen wieder zu den technisch definierten Konturen finden. Offenbar sieht die Markenstrategie vor, zwar speziell für den US-Markt entwickelte Modelle wie den hier produzierten VW Passat zu offerieren. Diese sollen aber gleichzeitig mit ausreichend deutschem Charakter ("german engineering") aufwarten, damit sie nicht mit Japan- oder Korea-Vehikeln verwechselt werden.

Der einstige Passat CC (das viertürige VW-Coupé) wird künftig nur noch als "CC" geführt und soll als Exklusiv-Ausführung gelten. Und vom Beetle gibt es eine Power-Version, die rund 270 PS unter der Haube hat. Auf hohe Leistung setzt auch Audi, deren R8 Spyder umlagert ist von Menschen, die vermutlich über eine eigene Rennstrecke verfügen. Denn wer diesen Audi auch nur im dritten Gang unter den Augen der Highway Patrol voll ausfährt, riskiert einen längeren Aufenthalt hinter Gittern.

+++Gelungener Auftritt mit vier Zylindern unter der Haube+++

+++Jaguar-E-Typ: Ikone von der Insel+++

Auch Mercedes fährt auf Power ab und schiebt neue AMG-Versionen aufs Podium. Die gekräftigten C- und M-Klasse-Modelle werden von aufgeladenen V8-Kraftpaketen befeuert, die schon im Stand gut sind für ein Strafticket wegen Tempoüberschreitungen. Auch der neue M5 von BMW geizt nicht mit seiner Kraft, und die alternativ angetriebenen i-Versionen aus München werden zeigen, wie stark das deutsche Umweltwesen sein kann. Die deutsche Power-Riege fährt allerdings nicht allein. Zwar gibt sich die Konkurrenz aus Japan und aus Amerika große Mühe mit Hybridmodellen und kleinkalibrigeren Motoren, aber den Hang und den Drang wohlhabender Amerikaner zu Muskelautos möchte man doch nicht ungenutzt verstreichen lassen. Dazu gehören der neue Lexus GS, dessen V6 immerhin etwa 300 PS liefert - und die Corvettes, die Mustangs und die Camaros drücken noch höhere Leistungen auf den Asphalt. Monsterähnliche Pick-ups und Salon-Geländewagen sind in Los Angeles etwas in den Hintergrund gerückt worden. Die schadstoffärmere Zukunft gehört den Hybridautos, auf die kein Hersteller mehr verzichten kann. Sie sind mittlerweile der amerikanische Mobilitätsalltag, und man kann sie sogar im Kleid der überdimensionierten Pick-ups erwerben.

Chrysler wächst mit seinem neuen Partner zusammen, und man weiß nicht so recht, wo Fiat anfängt und wo Chrysler aufhört. Einstweilen sollen sich die Amerikaner an aufgemotzte Fiat 500 (Werbespruch: Do you ecodrive?) gewöhnen. Dafür sorgen die Gucci- und die Abarth-Versionen, die neben amerikanischen Normalautos wirken, als seien sie der Puppenstube entflohen.

Eine Flut von Neuheiten darf man in Los Angeles nicht erwarten. Aber einige Premieren sorgen doch für ein Neuheitenfieber bei der Kundschaft. Ford bereitet die zweite Generation des Kuga vor. Die Neuauflage des Geländewagens kommt 2012 nach Deutschland. In Los Angeles ist die US-Version Escape zu sehen, der Kuga ist außer bei Antrieb und Ausstattung nicht vom US-Fahrzeug zu unterscheiden. Honda erweitert seine Hybridflotte in der Civic-Familie, bei Toyota tritt der deutlich massigere RAV4 an, und Jaguar schärft mit dem 550 PS starken XKR-S seine Krallen; Porsche führt neben dem neuen 911 die GTS-Version des Panamera heran, sie wird in Deutschland gut 116 000 Euro kosten. Vermutlich wird das die Kalifornier nicht davon abhalten, sich die starke Buckelheck-Limousine (430 PS) in die kiesbestreute Auffahrt zu stellen. Der daneben parkende Toyota Prius steht mit seiner Hybrid-Technologie auf perfekte Art für die Rolle des umweltbewussten Fahrens. Kalifornien war schon immer die Bühne für Schauspieler jeglicher Couleur.