Berlin. Viel von dem, was uns ausmacht, ist genetisch bestimmt. Doch neue Erkenntnisse zu Linkshändern sorgen nun für eine Überraschung.

  • Über zehn Prozent der Menschen in Deutschland sind Studien zufolge Linkshänder
  • Was genau die Linkshändigkeit auslöst, ist noch nicht endgültig erforscht
  • Eine neue Studie mit Tausenden Probanden sorgt nun für eine Überraschung

Rechts- und Linkshänder gab es schon in der Altsteinzeit. Das bezeugen archäologische Funde von Waffen und Werkzeugen, Höhlenmalereien sowie Handabdrücke an Höhlenwänden. Sie zeigen, dass die frühen Vorfahren des Menschen bereits in der Steinzeit ihre Werkzeuge häufiger mit der rechten Hand bedienten. Steinzeitfrauen hingegen sollen ihre Säuglinge nahe am Herzen, also mit der linken Hand, getragen haben.

Beweise dafür gibt es allerdings nicht. Viel plausibler erscheint die Erklärung der Forschung, dass die Genetik bei der Händigkeit eine Rolle spielen könnte.

Frühere Bevölkerungsstudien der Universität Oxford haben anhand der genetischen Daten von 547.011 Teilnehmern vier Genvarianten identifiziert, die auf eine Veranlagung zur Linkshändigkeit hinweisen. Diese Gene enthalten die Baupläne für Mikrotubuli, wichtige Proteinstrukturen, die als eine Art Skelett für Zellen fungieren. Die Forscher schließen daraus, dass die Linkshänder-Gene sogar die Architektur des Gehirns verändern können.

Autismus bei Linkshändern häufiger

Um die genetischen Ursachen der Händigkeit weiter zu erforschen, führte ein Forscherteam um Dick Schijven vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik eine weitere umfangreiche DNA-Analyse durch.

Im Fokus der Wissenschaftler lagen dabei die sogenannten Exome. Dabei handelt es sich um Bereiche der DNA, die für die Herstellung von Proteinen verantwortlich sind. In der Medizin ist bekannt, dass genau diese Bereiche bei Menschen mit neurologischen Entwicklungsstörungen wie Autismus oder Schizophrenie stark verändert sind. Interessant: Betroffene dieser beiden Entwicklungsstörungen haben häufig einen Hang zur Linkshändigkeit.

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Folgestudie gibt Aufschluss über Linkshänder-Gen

Bei den Untersuchungen zu den Exomen identifizierte das Team um Schijven bestimmte genetische Muster, die für Linkshänder charakteristisch sind. Darunter befand sich auch eine Variante des Gens TUBB4B: Sie kommt bei Linkshändern fast dreimal so häufig vor wie bei Rechtshändern. Außerdem enthält TUBB3B, wie schon frühere Genbefunde, den Bauplan für das Mikrotubuli-Protein.

Dieser genetische Befund unterstützt somit die Theorie früherer Forschungen, dass Mikrotubuli eine Rolle bei der Asymmetrie des menschlichen Gehirns spielen, die sich in der Händigkeit ausdrückt. Das Vorhandensein der TUBB4B-Variante erhöhe jedoch nicht die Wahrscheinlichkeit, Linkshänder zu sein, so Schijven und seine Kollegen.

Wenn unklar ist, ob ein Kind Links- oder Rechtshänder ist, sollte das bereits vor der Einschulung getestet werden. Sonst hat es ein Linkshänder-Kind beim Schreiben oder Basteln etwa mit der Rechtshänderschere unnötig schwer.
Wenn unklar ist, ob ein Kind Links- oder Rechtshänder ist, sollte das bereits vor der Einschulung getestet werden. Sonst hat es ein Linkshänder-Kind beim Schreiben oder Basteln etwa mit der Rechtshänderschere unnötig schwer. © Zeljko Dangubic/Westend61/dpa-tmn | Unbekannt

Forscher entdecken Ähnlichkeiten zwischen Autismus und Linkshändigkeit

Zur Überraschung der Forscher fanden sich auch Parallelen zwischen bestimmten Genvarianten, die mit neurologischen Entwicklungsstörungen wie Autismus in Verbindung gebracht werden, und Linkshändigkeit. Konkret geht es um die Gene DSCAM und FOXP1, die laut den Forschern beide zu einer veränderten Asymmetrie des Gehirns führen können. Dies könnte erklären, warum Menschen mit solchen Störungen eine erhöhte Tendenz zur Linkshändigkeit zeigen.