Großbritannien . Das größte Risiko für Mundrachenkrebs ist Oralverkehr – das schreibt zumindest ein britischer Forscher. Was genau steckt dahinter?

In den USA und in Großbritannien erkrankten in den letzten zwei Jahrzehnten immer mehr Menschen an einer bestimmten Art von Kehlkopfkrebs, dem Mundrachenkrebs (Oropharynxkarzinom). Das geht aus Statistiken der "American Cancer Society" und der "Oral Health Foundaktion" hervor. Ein britischer Forscher weist nun einmal mehr auf die Hauptursache für die Erkrankung hin: Oralverkehr.

Rapider Anstieg von Mundrachenkrebs in USA und UK

Hisham Mehanna, Professor am Insitut für Krebs- und Genomikwissenschaften der Universität Birmingham, warnt in einem Artikel veröffentlicht im wissenschaftlichen Magazin "The Conversation" vor dem rasanten Anstieg von Mundrachenkrebserkrankungen. Die Zahl der Erkrankungen hätte in den letzten zwei Jahrzehnten so stark zugenommen, dass in Forscherkreisen "manche schon von einer Epidemie sprechen".

Die Fälle von HPV-bedingtem Oropharynxkarzinom sind nach Statistiken der "American Cancer Society" von 2015 bis 2019 jährlich um 1,3 Prozent bei Frauen und 2,8 Prozent bei Männern gestiegen. Auch in Großbritannien hat Krebs im Mund- und Rachenbereich eines Berichts der "Oral Heath Foundation" zufolge stark zugenommen. Mit Blick auf die letzten zwanzig Jahre, haben sich die Fälle demnach mehr als verdoppelt. Laut Mehanna ist vor allem Oralverkehr dafür verantwortlich.

"Der Hauptrisikofaktor für Mundrachenkrebs ist die Anzahl der Sexualpartner im Laufe des Lebens, insbesondere beim Oralsex", so der Professor. "Bei Personen mit sechs oder mehr Oralsexpartnern im Leben ist das Risiko, an Mundrachenkrebs zu erkranken, 8,5 Mal höher als bei Personen, die keinen Oralsex praktizieren."

Die amerikanischen "Centers for Disease Control and Prevention" schätzten, dass 70 Prozent der oropharyngealen Karzinome – die die Mandeln, den Zungengrund und den hinteren Teil des Rachens betreffen – in den USA durch eine HPV-Infektion verursacht werden. Lesen Sie auch: Biontech testet Impfstoffe gegen Krebs in Großbritannien

Humane Pappilomviren (HPV): Übertragung und Verbreitung

HPV-Viren (Humane Papillomaviren) zählen laut dem Robert Koch Institut zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen. Die meisten sexuell aktiven Menschen würden sich mindestens einmal im Leben mit einem HPV-Virus infizieren. Bisher sind über 200 verschiedene HPV-Virustypen bekannt.

Einige dieser Typen führen zu harmlosen Genitalwarzen, andere HPV-Typen sind maßgeblich an der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs und weiteren Krebsarten an beispielsweise Vagina, Anus, Penis – und eben im Mund- und Rachenbereich beteiligt. Bei vielen Menschen heilt das Virus auch von selbst und ohne Komplikationen aus.

"Da HPV-Infektionen in Deutschland (wie auch in fast allen anderen Ländern) nicht meldepflichtig sind, werden keine routinemäßigen Daten zur HPV-Krankheitslast erhoben", heißt es auf der Website des RKI. Lesen Sie auch: Test ermöglicht bessere Kontrolle von Gebärmutterhalskrebs

Frühere Studien haben gezeigt, dass mehrere Sexualpartner, das heißt, mehr als vier bis sieben, das Risiko erhöhen können, sich mit HPV anzustecken. Eine US-Studie von 2021 kam zu dem Ergebnis, dass Menschen, die zehn oder mehr Oralsexpartner hatten, ein viermal höheres Risiko haben, an HPV-bedingtem Mundrachenkrebs zu erkranken.

HPV-bedingte Krebserkrankungen in Deutschland

Aus den Daten des Zentrums für Krebsregisterdaten geht hervor, dass jedes Jahr etwa 6250 Frauen und ca. 1600 Männer an HPV-bedingten Karzinomen im Bereich der Gebärmutter, Vagina, Vulva beziehungsweise des Penis sowie im Bereich von Anus und Mundrachen erkranken.

Bei Männern treten HPV-bedingt jährlich mindestens 750 Karzinome in der Mundhöhle beziehungsweise im Rachen als Neuerkrankungen auf. Dazu wieviele Frauen pro Jahr an HPV-bedingtem Mundrachenkrebs erkranken, gibt es keine Daten des ZfKD. Einen Anstieg der Erkrankungen in den letzten zwei Jahrzehnten geht aus den Zahlen ebenfalls nicht hevor.

Impfungen gegen HPV-Viren

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt seit 2007 für Mädchen und seit Juni 2018 auch für Jungen die Impfung gegen HPV im Alter von 9-14 Jahren. HPV-Impfstoffe schützen zu fast 100 Prozent vor einer Infektion mit in den Impfstoffen enthaltenen HPV-Typen.