Berlin. Viele Nutzer steuern bei Symptomen wie Schmerzen YouTube an. Künftig sind geprüfte Videos dort leichter zu erkennen: an einem Siegel.

Plötzliche Kopfschmerzen, ein Stechen im Bauch, ein rätselhafter Ausschlag auf der Haut: Wenn plötzlich gesundheitliche Probleme oder Beschwerden auftreten, gehen viele Menschen nicht direkt zum Hausarzt oder der Hausärztin, sondern suchen zunächst einmal im Internet nach möglichen Informationen und Behandlungsmöglichkeiten.

Fast zwei Drittel (62 Prozent) der Internetnutzerinnen und -nutzer in Deutschland machen sich online auf die Suche nach Informationen zu ihren Krankheitssymptomen. Etwa genauso viele (63 Prozent) bemühen außerdem das Netz, nachdem sie von Ärztin oder Arzt eine Diagnose oder ein Rezept für Medikamente erhalten haben. Das ergab eine Studie des Digitalverbands Bitkom.

Das Problem: Neben Webseiten und Videos von seriösen Absendern wie Kliniken oder Fachorganisationen, können Nutzer bei ihrer Recherche nach Symptomen schnell auf zweifelhafte Anbieter stoßen oder Opfer von gezielter Desinformation werden.

Gesundheit: Wie YouTube Informationen filtern will

Die Videoplattform YouTube will Nutzerinnen und Nutzern die Suche nach zuverlässigen Informationen zu Gesundheitsthemen erleichtern – mit einem Label. Laut Götz Gottschalk, Leiter des Bereichs YouTube Health in Deutschland, gab es hierzulande allein im Jahr 2021 etwa 1,6 Milliarden Suchanfragen und Zugriffe auf Videos aus dem Bereich Gesundheit, davon über 250 Millionen zur psychischen Gesundheit.

Unter dem Namen YouTube Health kennzeichnet die Google-Tochter ab sofort bestimmte Videos zu Gesundheitsinformationen mit einem Siegel. Zum Start am 28. Februar waren nach Angaben von YouTube mehrere hundert Betreiber deutschsprachiger YouTube-Kanäle an Bord. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

YouTube Health: Welche Gesundheits-Videos erhalten das Siegel?

Die Videoplattform YouTube spricht bei der jetzt eingeführten Funktion von „erweiterten Gesundheitsinformationen“. Ziel ist es, dass Nutzer, die nach Gesundheits-Videos suchen, anhand eines Labels auf einen Blick erkennen können, welche Inhalte bestimmten Richtlinien entsprechen – sprich: wissenschaftlich seriöse Informationen verbreiten.

Dafür arbeitet YouTube mit einer Reihe von Partnern zusammen, darunter führende Gesundheitsorganisationen, Ärztinnen und Ärzte sowie Gesundheitsverlage. Unter den ersten Teilnehmern in Deutschland sind Universitätskliniken und Krankenhäuser, Gesundheitsorganisationen und Fachverlage sowie einzelne Mediziner mit eigenem YouTube-Kanal.

In Deutschland sind unter anderem die Berliner Charité und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) – das zweitgrößte Klinikum bundesweit – mit dabei. Im Medienbereich gehören etwa die „Apotheken Umschau“, Stiftung Gesundheitswissen oder reichweitenstarke YouTube-Kanäle wie „DoktorWeigl“, „Liebscher & Bracht“ oder „DocFelix“ dazu.

Woran erkennen YouTube-Nutzer geprüfte Gesundheits-Videos?

Blauer Kasten: Das neue YouTube-Label taucht direkt unter den Videos von zugelassenen Kanalbetreibern auf.
Blauer Kasten: Das neue YouTube-Label taucht direkt unter den Videos von zugelassenen Kanalbetreibern auf. © PR | pr

An einem Label unter dem entsprechenden YouTube-Video. Bei Videos von teilnehmenden Anbietern erscheint dort künftig ein hellblau hervorgehobener Banner. Darin ist ein kleines Siegel zu sehen: Ein Schutzschild-Symbol mit einem Kreuz in der Mitte. Daneben steht ein Hinweis wie „Von einem Kanal unter der Aufsicht von medizinischem Fachpersonal“ oder „Von einem*einer zugelassenen Ärzt*in“. Mit einem Klick auf den Banner können Nutzer nachlesen, welche Richtlinien die gekennzeichneten Videos erfüllen müssen.

Gibt man ins Suchfeld der Plattform zum Beispiel Krankheitssymptome ein, werden gekennzeichnete Videos verschiedener Anbieter nun an oberster Stelle in einem eigenen Bereich hervorgehoben unter der Überschrift „Von Gesundheitsinformationsquellen“. „Dieser Bereich mit zusätzlichen Informationen soll es Zuschauern erleichtern, die Herkunft gesundheitsbezogener Inhalte auf YouTube nachzuvollziehen“, heißt es in einem Beitrag der Videoplattform. Erst darunter folgen Videos von Kanälen, die bislang keine Teilnehmer sind.

YouTube-Siegel: Wer prüft die Kanäle mit Kennzeichen?

Sucht man auf YouTube zum Beispiel nach „Diabetes“, wird als erstes der neu geschaffene Bereich mit Videos aus geprüften Quellen angezeigt.
Sucht man auf YouTube zum Beispiel nach „Diabetes“, wird als erstes der neu geschaffene Bereich mit Videos aus geprüften Quellen angezeigt. © PR | pr

Seit vergangenen Oktober konnten sich Interessenten für die Teilnahme an YouTube Health bewerben. Staatliche Einrichtungen – etwa Gesundheitsministerien – sowie Bewerber aus dem Bereich Universitätskliniken und Krankenhäuser mit eigenem Youtube-Kanal werden ohne weitere Voraussetzungen für das Siegel zugelassen. Weitere Bewerber wurden laut YouTube von einer beauftragten Agentur überprüft.

Teilnehmer müssen unter anderem eine Person vorweisen, die im jeweiligen Land eine ärztliche Zulassung (Approbation) besitzt. Außerdem müssen die Videoproduzenten in einer Art Selbstverpflichtung zusichern, sich an klare Prinzipien zu halten, die von internationalen Medizin-Fachleuten entwickelt worden sind.

Erarbeitet hat diese Regeln ein Expertengremium bestehend aus Wissenschaftlern der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der National Academy of Medicine (NAM) und des Council of Medical Specialty Societies (CMSS). Anhand dieser Kriterien lasse sich definieren, was eine vertrauenswürdige Quelle für Gesundheitsinformationen in sozialen Medien ausmacht, hieß es. Ziel sei es, „unvoreingenommene, evidenzbasierte Empfehlungen zu Gesundheits- und Wissenschaftsthemen zu geben“.

Teilnehmende Kanäle müssen zudem eine gewisse Reichweite mitbringen, was die Glaubwürdigkeit bei der Nutzerschaft unterstreiche. Eine inhaltliche Prüfung jedes einzelnen Videos findet laut Gottschalk allerdings nicht statt. Nutzer können fragwürdige Inhalte aber wie bei anderen Videos auch mit einem Klick melden und so prüfen lassen.

Siegel: Folgen künftig noch weitere YouTube-Videos?

Ja. Laut Götz Gottschalk von YouTube Health soll die Zahl der Partner schrittweise ausgebaut werden. Unter anderem konnten etwa Zahnärzte und Hebammen aufgrund ihrer Berufsgruppe in Deutschland bisher nicht zugelassen werden. Das könne sich in Zukunft ändern.

Nach dem Start des Programms in Deutschland und den USA und soll die Gesundheitsfunktion auf weitere Länder und Sprachen ausgeweitet werden.