München. Recycling-Rucksack und vegane Laufschuhe: Die Sportmesse Ispo setzt auf Nachhaltigkeit. Doch Erfolge feiert der Discounter Decathlon.

Anfang Februar starten bundesweit die ersten Winterferien. Was in dieser Saison in den Pisten- und Wanderhochburgen gefahren und getragen wird, lässt sich dieser Tage auf der Ispo in der Messe München besichtigen. Auf der weltgrößten Messe für Sportartikel, deren Dachmarke ihr 50. Jubiläum feiert, zeigen vier Tage lang rund 2850 Aussteller aus 55 Ländern, was dieses Jahr für Hobbysportler und Fachhändler wichtig wird. Im Vorjahr zählte die Messe rund 80.000 Fachbesucher.

Ispo: Über allem schwebt der Trend zur Nachhaltigkeit

Die Ispo legt den Schwerpunkt auf Outdoor- und Wintersport. Die Sportfachbranche folgt in den 18 Messehallen dem gesellschaftlichen Trend, der da lautet: Halte dich gesund und fit, am besten draußen im Einklang mit der Natur. Angesagt hat sich Skisport-Prominenz wie Felix Neureuther und Lindsey Vonn.

Bei Nordicas neuer HF Skiboot Serie lassen sich die Spannschnalle und der Schaft mit dem Skistock festdrücken.
Bei Nordicas neuer HF Skiboot Serie lassen sich die Spannschnalle und der Schaft mit dem Skistock festdrücken. © dpa-tmn | Tom Nebe

Und über allem auf der Messe schwebt der Trend zur Nachhaltigkeit. Die Münchner Ispo mausert sich gewissermaßen zur Grünen Woche 2.0. In Zeiten von Greta Thunberg und Klimawandel will die Branche zeigen: Wir haben verstanden und bedienen die Nachfrage nach umweltverträglichen Produkten. Denn Kritiker wie Greenpeace mahnen seit Jahren, dass synthetische Fasern in Sportbekleidung neben allen Vorteilen in der Regel auf Erdöl basieren – und damit nicht biologisch abbaubar sind. Zudem enthielten viele Kunstfasern Schadstoffe, die der Gesundheit schaden können und auch in die Umwelt freigesetzt werden.

„Wir hören aus der Branche, dass den Kunden das Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger wird“, sagt Klaus Dittrich, Vorstandschef der Messe München. „Einen Riesenschub hat das Thema auch bekommen durch das viele Plastik in den Meeren. Hier fragt man sich, wie kann man recycelbare Stoffe in Kleidung einbauen.“ Daher werben die Firmen auf der Messe damit, bei der Herstellung weniger Wasser, Energie und Chemie zu verwenden und Rohstoffe zu recyceln. Das belegen auch die Gewinner der Ispo Awards. Damit hat eine internationale Expertenjury erneut die innovativsten Produkte in fünf Segmenten von Outdoor bis Fitness ausgezeichnet.

Rucksack aus Biofasern trifft Laufschuh aus Zuckerrohr

Den Nachhaltigkeitspreis der Ispo erhält die „Collection of Tomorrow“ der norwegischen Firma Bergans­ of Norway. Der nachhaltige Rucksack kommt optisch in hellem Beige und ohne Schnörkel recht unspektakulär daher. Dafür wurde er laut Hersteller zusammen mit dem finnischen Biofaserhersteller Spinnova aus Textilfasern auf Zellulosebasis hergestellt. Der Clou: Der Käufer soll später aus dem Rucksack einen weiteren Artikel herstellen lassen können.

Zum besten Wintersportprodukt hat die Jury eine Weste für Freeskier und Mountainbiker von Alpina gewählt. Deren Rückenschutz besteht aus nachhaltig produzierter Schafwolle, soll geruchsneutral bleiben und sich dem Rücken anpassen.

Den Award in der Outdoor-Klasse heimste eine Daunenjacke von Hersteller The North Face ein. Der Hightech-Hoody mit Kapuze richtet sich an Profibergsteiger. Er soll die Körpertemperatur auch in Extremsituationen regulieren und dabei atmungsaktiv bleiben.

Hobbyläufer könnten sich für den nachhaltigen Laufschuh Veja Condor interessieren, den die Jury in der Kategorie Running prämierte. Der Hersteller will damit einen Laufschuh auf den Markt bringen, der bei Ausstattung und Komfort mit den Topmodellen der etablierten Marken Adidas, Asics und Co mithalten kann, aber so wenig fossile Brennstoffe wie möglich verbraucht. Stattdessen verbauen die Franzosen neue Rohstoffe wie Naturkautschuk, Reisabfälle und Zuckerrohr. Der Schuh soll zur Hälfte aus Naturrohstoffen und Recyclingmaterial bestehen.

Ispo-Trends: Das meiste Geld stecken Hobbysportler in die Skiausrüstung

Neben Bekleidung zeigt die Ispo erneut viele technische Produkte für bessere Sicherheit und Leistungsmessung beim Sporteln. Für in Not geratene Bergsportler hat Protegear ein mobiles Rettungstool entwickelt. Es soll dank Satellitenortung auch in Gegenden ohne Netzabdeckung funktionieren und das Smartphone mit dem Internet verbinden oder eigenständig Rettungskräfte rufen. Eine Art Masseur für unterwegs bietet Casada healthcare. Die MediGun Pro sieht aus wie ein Föhn und kann über Druckimpulse die müden Muskeln auf langen Touren wieder lockern.

Die Solar-Jacke von Descente verfügt über drei abnehmbare Paneele, die für die integrierte Keramikheizung oder für eine Smartphone-Aufladung die Sonnenenergie einfangen.
Die Solar-Jacke von Descente verfügt über drei abnehmbare Paneele, die für die integrierte Keramikheizung oder für eine Smartphone-Aufladung die Sonnenenergie einfangen. © dpa-tmn | Tom Nebe

Klagen dürften die Aussteller in dieser Saison nicht. Trotz mildem Winter und Schneearmut floriert das Geschäft. Für alle Wintersportarten zusammen werden laut Ispo hierzulande jährlich 16,4 Milliarden Euro ausgegeben. Das entspricht einem Fünftel der gesamten Konsumausgaben in Deutschland, die sich um aktiven Sport drehen. Skifahren ist in Deutschland die umsatzstärkste Sportart mit rund 13 Prozent der Gesamtkonsumausgaben.

Decathlon feiert Erfolge – mit Sportartikeln zu Dumpingpreisen

Doch so idyllisch und grün, wie die Ispo die Branche darstellt, ist die Sportartikelwelt vom Gipfel betrachtet dann doch nicht. Zum einen wird der Boom im Bergtourismus auch für die Natur irgendwann zum Problem. Andererseits kann oder will nicht jeder viel Geld in Premium-Sportprodukte stecken.

Hintergrund:

Der Sportartikel-Discounter Decathlon wird jährlich erfolgreicher. Seit 2018 hat die französische Kette in Deutschland 30 neue Filialen eröffnet und betreibt nun 80 Läden. Mit rund 528 Millionen Euro Umsatz im Vorjahr, einem Plus von 21 Prozent, ist Decathlon größter Einzelsporthändler. Dort erhalten Hobbysportler den Wanderrucksack schon für drei Euro oder die Skihose für 25 Euro. Ein Kampfpreis, zu dem Nachhaltigkeit eher nicht bezahlbar ist.