Wien. Die Gletscher in den Alpen könnten in den nächsten Jahrzehnten fast vollkommen schmelzen, sagen Forscher. Ein Faktor ist entscheidend.

Neue Analysen der weltweiten Eisschmelze kommen zu einem erschreckenden Ergebnis: Durch die Klimaerwärmung könnten die Gletscher in den Alpen bis zum Jahr 2100 weitgehend geschmolzen sein, schreiben Schweizer Forscher im Fachblatt „The Cryosphere“.

Die Prognose der Wissenschaftler von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich stützt sich auf ein Computer-Modell, das Eisfluss und Schmelzprozesse berücksichtigt. Auch wurden Daten aus der Beobachtung der Gletscher berücksichtigt. Entscheidend für das Ausmaß der Schmelze sei, wie schnell der Anstieg der globalen Temperatur gestoppt werden könne.

Im pessimistischen Fall bleiben nur noch einzelne Flecken

Die Forscher haben zwei Szenarien entworfen: Sollte die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf unter zwei Grad verglichen zur vorindustriellen Zeit begrenzt werden können, gingen zwischen 2017 und 2100 etwa zwei Drittel der Gletscher in den Alpen verloren.

Sollten sich das Klima stärker erwärmen, könnten am Ende des Jahrhunderts mehr als 90 Prozent der Eismasse verschwunden sein. In diesem „pessimistischen Fall“ verblieben von den Alpengletschern nur noch einzelne Flecken, wird Matthias Huss in einer Mitteilung der Hochschule zitiert.

Weitgehend unabhängig davon, wie sich der Klimagasausstoß weiter entwickelt, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass die Gletscher in den Alpen zwischen 2017 und 2050 etwa 50 Prozent ihrer Masse einbüßen werden. In den Jahren darauf komme es darauf an, wie sich das Klima weiterentwickele.

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    „Die Gletscher in den Europäischen Alpen und ihre jüngste Entwicklung sind einige der klarsten Indikatoren des Klimawandels“, sagte ETH-Forscher Daniel Farinotti, der auch an der Untersuchung beteiligt war.

    Gletscher weltweit verlieren jährlich 335 Milliarden Tonnen Eis

    Die Studie bestätige im Wesentlichen bisherige Annahmen zur Entwicklung der Gletscher, sagt Klimaforscher Ben Marzeion von der Universität Bremen, der nicht an der Studie beteiligt war. Demnach schrumpfen die Gletscher auf der ganzen Welt – und das in einem rasanten Tempo.

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    Nach neuen Schätzungen verlieren sie dabei jährlich 335 Milliarden Tonnen Eis. Zu diesem Schluss kommen Forscher der Universität Zürich, die Satellitenmessungen und Beobachtungen vor Ort ausgewertet haben. Damit könne der Eisverlust für alle Gebirgsregionen bis zurück in die 1960er Jahre geschätzt werden, schreibt das Team um Michael Zemp in der Fachzeitschrift „Nature“.

    Zemp ist Glaziologe und Direktor des Gletscherbeobachtungsdienstes World Glacier Monitoring Service. Die Daten belegten, dass der jährliche Verlust der Gletschermasse weltweit in den vergangenen 30 Jahren deutlich zugenommen habe. „Wir verlieren derzeit weltweit rund drei Mal das verbleibende Gletschervolumen der Europäischen Alpen. Und das jedes Jahr“, so Zemp. Die Gletscher tragen nach seinen Angaben aktuell 25 bis 30 Prozent zum Anstieg des globalen Meeresspiegels bei.

    Bedeutende Wasserspeicher für viele Regionen der Erde

    Die Gletscher der Alpen sind nicht nur wichtig für den Tourismus, sondern stellen auch einen bedeutenden Wasserspeicher dar. „Im letzten Jahr haben die Gletscher im Alpenraum um rund 1,5 Meter an Eisdicke verloren – trotz eines schneereichen Winter“, wird Michael Zemp zitiert. Als wesentlich problematischer schätzen Forscher jedoch den Gletscherschwund in Gegenden wie dem Himalaja oder den Anden. (pol/dpa)