Berlin. Das neue Mutterschutzgesetz gilt ab sofort: Flexiblere Arbeitszeiten, Ruhephasen und mehr Mitspracherecht sollen Schwangeren helfen.

Für Mütter darf es vor allem während der Schwangerschaft und Stillzeit keine Gefahren am Arbeitsplatz geben. Dass sie dem nachkommen, müssen Betriebe jetzt nachweisen.

Ab sofort gilt das neue Mutterschutzgesetz, und jeder Arbeitsplatz in Deutschland muss dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was bedeutet Mutterschutz am Arbeitsplatz?

Mutter und Kind müssen während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit besonders vor schädlichen Einwirkungen geschützt werden.

Dazu zählen etwa zu lange Arbeitszeiten, aber auch Gefahrstoffe wie Staub oder chemische Substanzen und Krankheitserreger, mit denen die Frauen in ihrem Job in Berührung kommen können. Auch Benachteiligungen wie etwa eine Kündigung sollen verhindert werden.

Die rechtliche Grundlage für diesen besonderen Schutz ist das Mutterschutzgesetz, das im letzten Jahr nach mehr als 65 Jahren in einer neuen Fassung in Kraft trat. Es gilt für alle (werdenden) Mütter in einem Arbeitsverhältnis – also auch für Heimarbeiterinnen, Hausangestellte, geringfügig Beschäftige und weibliche Auszubildende. Unter bestimmten Voraussetzungen gibt es jetzt auch Mutterschutz für schwangere Schülerinnen und Studentinnen.

Arbeitgeber sollten möglichst früh über eine Schwangerschaft informiert werden, um fürsorglich handeln zu können. Es gilt allerdings keine Informationspflicht.

Welche Neuerungen gibt es?

Durch die neuen Regelungen haben schwangere Frauen erstmals explizit einen rechtlich verankerten Anspruch auf den Schutz der Gesundheit und eine Gleichstellung am Arbeitsplatz. Eine Kündigung ist während der Schwangerschaft sowie in der Regel bis vier Monate nach der Entbindung oder nach einer Fehlgeburt (nach der zwölften Schwangerschaftswoche) unzulässig.

Schwangere dürfen sechs Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin nicht mehr arbeiten. Auch innerhalb der acht Wochen nach der Geburt gilt ein Beschäftigungsverbot – diese Frist kann sich nach der Geburt von Mehrlingen oder eines behinderten Kindes auf zwölf Wochen verlängern.

Freigestellt können Schwangere nur werden, wenn der Betrieb sie nicht genügend vor Gefahren schützen kann.

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Sie haben das Recht, die Arbeit zwischendurch kurz zu unterbrechen, müssen die Gelegenheit bekommen, sich auszuruhen. Frauen sind für Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft sowie für Stillzeiten während der ersten zwölf Monate nach der Geburt freigestellt.

Nachtarbeit zwischen 20 Uhr und sechs Uhr ist verboten – Ausnahmen können bei dem ­jeweils zuständigen Bezirk beantragt werden. Auch Sonn- und Feiertagsarbeit ist untersagt – Ausnahmen gibt es in bestimmten Branchen, etwa für Beschäftigte in Hotels oder Restaurants.

Was müssen Betriebe tun?

Arbeitgeber sind seit Januar 2019 verpflichtet, jede Tätigkeit frühzeitig auf mögliche Gefährdungen für eine schwangere oder stillende Frau zu überprüfen. Diese so genannte Gefährdungsbeurteilung bildet die Basis für Schutzmaßnahmen, die danach festgelegt und angewendet werden. Das kann für Schwangere eine Umgestaltung oder sogar den Wechsel ihres Arbeitsplatzes mit sich bringen.

Ob solche Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Mutterschutz notwendig sind, müssen Experten für Arbeitsschutz nun für jeden Arbeitsplatz individuell ermitteln – unabhängig davon, ob dieser jemals mit einer Frau besetzt war oder besetzt werden soll.

Der Gesetzgeber will auf diese Weise erreichen, dass der Betrieb sich rechtzeitig auf mögliche Veränderungen vorbereiten kann. Frauen bekommen die Möglichkeit, sich schon vor einer Schwangerschaft über Risiken und Schutzmaßnahmen zu informieren.

Arbeitgeber, die keine Beurteilung der Gefährdungen vorlegen können, riskieren inzwischen Bußgelder bis zu 30.000 Euro – denn die Übergangsfrist für die Umsetzung der Regelungen des Mutterschutzgesetzes endete 2018.

Wie profitieren werdende Mütter konkret davon?

Es gibt verschiedene Ansätze zum Schutz von Schwangeren in der Praxis: So könnten es neue Arbeitszeitmodelle beispielsweise möglich machen, dass eine schwangere Frau trotz Morgenübelkeit weiterarbeitet.

Sie kommt – je nachdem, wie es ihr geht – morgens später zur Arbeit und nutzt ihr Arbeitszeitkonto, solange es ihr im ersten Schwangerschaftsdrittel schlecht geht.

Schwangere und stillende Frauen haben jetzt auch die Möglichkeit, Ausnahmen des Arbeitsverbots an Sonn- und Feiertagen zuzustimmen. Sie sollen dadurch mehr Mitspracherechte bei der Arbeitszeitgestaltung bekommen.

Sind die Ziele des Schutzes von arbeitenden Müttern erreicht?

Nein, meinen Expertinnen wie Professorin Katja Nebe, Inhaberin des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht sowie Recht der Sozialen Sicherheit an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Ihrer Meinung nach mangelt es an Wissen zu dem Thema, da die Arbeitsbedingungen und –risiken bisher weder an gewerblich-technischen Arbeitsplätzen noch in frauentypischen Dienstleistungsberufen auf ihre Bedeutung im Hinblick auf den Mutterschutz ausreichend untersucht wurden. Deshalb gebe es oft auch keine passenden Schutzmaßnahmen.

Marianne Weg, Expertin für geschlechtergerechten Arbeits- und Gesundheitsschutz, fordert, dass praxisgerechte Empfehlungen und Regeln für Betriebe erarbeitet werden. Nach Ansicht der beiden Spezialistinnen ist ein Maßnahmenkatalog zur familiengerechten und damit zur guten Erwerbsarbeit für Frauen notwendig.

Aufgaben wie diese wird ein auf Bundesebene neu gegründeter Mutterschutzausschuss übernehmen.