Berlin. Mit einem Abschluss in Wirtschaftsingenieurwesen sind die finanziellen und die Karriere-Aussichten bestens. Das sagen Berufseinsteiger.

Produkte entwickeln, Finanzen planen, das Marketing verbessern, den Vertrieb überblicken – überall müssen Menschen, Maschinen und Computer zusammenarbeiten.

Wer kann da besser helfen als Vermittler zwischen den Welten, wie Wirtschaftsingenieure es sind? Sie verbinden die Kenntnis des Ingenieurwesens mit Wirtschaftswissen.

„Das Einsatzgebiet ist breit gefächert, über das Ingenieurbüro, die Bauleitung, das Controlling bis zur Unternehmensberatung“, sagt Benjamin Schläfke. Er ist Student im Masterprogramm Wirtschaftsingenieurwesen/Bautechnik und -management an der Beuth Hochschule für Technik.

Schwerpunkte zu setzen ist wichtig

Das Fach Wirtschaftsingenieurwesen kann man an staatlichen und privaten Hochschulen studieren. Schwerpunkte können zum Beispiel in den Bereichen Bauwesen, Elektrotechnik, Energie und Ressourcen, Informationssysteme, Maschinenbau oder Verkehrswesen gesetzt werden.

Im Masterstudium spezialisieren sich Studierende dann unter anderem auf Gesundheitstechnik, die digitale Industrie oder das Projektmanagement.

Einer der beliebtesten Studiengänge

Bundesweit gehört das Fach zu den beliebtesten Studiengängen, belegen die Zahlen des Statistischen Bundesamts: Im Wintersemester 2017/2018 studierten rund 69.000 Menschen das Fach. Damit hat Wirtschaftsingenieurwesen mehr Zulauf als alle anderen Ingenieurdisziplinen an deutschen Hochschulen.

Schläfke, der ausgebildeter Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik ist, erklärt, warum er das Fach gewählt hat: „Die wirtschaftlichen Aspekte werden in der Baubranche in den nächsten Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen.“

Praktikum beim Baukonzern

Besonders deutlich wurde ihm dies während seines Praktikums im siebten Bachelorsemester. Während diesem arbeitete er für sechseinhalb Monate in einem Gemeinschaftsprojekt zweier Baukonzerne am Berliner S-Bahn-Netz mit.

Schläfke: „Ich wurde im Baustellenteam als Assistent der örtlichen Bauleitung eingesetzt. Ein superspannendes Großprojekt, bei dem ich viel Erfahrung sammeln konnte.“ Noch heute arbeitet der 27-Jährige dort parallel zu seinem Studium mit.

Im Ausland Eindrücke sammeln

Nach dem Abschluss möchte Schläfke ein Traineeprogramm in einem Konzern der Baubranche durchlaufen: „Dabei schaut man in Bereiche wie Technisches Büro und Bauleitung hinein. Auch ein Auslandsaufenthalt ist vorgesehen, um internationale Eindrücke zu erhalten.“

Schläfke rät angehenden Wirtschaftsingenieuren, nach ihrem Abschluss als Bachelor of Engineering oder Master of Science durch Praktika herauszufinden, ob sie ihren Schwerpunkt aufs Technische oder Kaufmännische setzen möchten.

Wer den kaufmännischen Zweig wählt, könnte zum Beispiel im Marketing eines Technologie-Unternehmens arbeiten.

Ziel: ins Supply Chain Management

Schon entschieden hat sich Bachelorstudent Björn Grunow (33). An der bbw Hochschule belegt der ehemalige Zeitsoldat das fünfte Semester im Schwerpunkt Logistik und Supply Chain Management. Das bedeutet, dass er sich mit der Fertigung und dem Einkauf von Waren, deren Transport und Auslieferung auseinandersetzt.

„Als ich mich mit dem Studium beschäftigt habe, habe ich mir das Großlager am Güterverkehrszentrum Freienbrink angesehen, wo rund um die Uhr Material verladen wird. Das hat mich stark beeindruckt“, sagt Grunow. Im Studium kann er seine Interessen Logistik, Wirtschaft und Ingenieurwesen kombinieren.

Im Studium wird viel Management gelehrt

An der bbw Hochschule gefallen ihm besonders die Management-Inhalte: „Wir lernen dort, wie ein Lager aufgebaut ist, welche Arbeitsschritte man automatisieren kann, welche Kommunikationswege es gibt“, erklärt er.

Da Studierende an der bbw Hochschule sehr nahe an der Praxis lernen, gibt es zwei Pflichtpraktika. Grunow: „Ich war unter anderem bei der CEMEX Deutschland AG, einem Hersteller für Transportbeton. Dort habe ich mir angesehen, wie man bei einem Baustoffunternehmen arbeitet.“

Grundlage für ein gutes Einkommen

2019 wird Grunow seinen Bachelorabschluss erhalten, danach soll es mit dem Masterstudium weitergehen. „Damit stelle ich mich fachlich noch breiter auf.“ Er sieht darin auch die Grundlage für ein gutes Einkommen.

Zu Recht, denn Wirtschaftsingenieure gehören zu den Bestverdienern unter Akademikern: Laut Gehaltsreport 2018 der Jobplattform StepStone erhalten in Vollzeit arbeitende Fach- und Führungskräfte gut 70.000 Euro jährlich (brutto). Damit liegen Wirtschaftsingenieure nur knapp hinter Medizinern und Juristen.

Begeistert von der Vielseitigkeit

Leon Schulz studierte nach seinem Abitur am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit Fokus auf Entrepreneurship und Energiewirtschaft. 2018 erlangte er den Bachelorgrad. „Mich hat die Vielseitigkeit des Studiengangs begeistert, daher habe ich dieses Studium gewählt“, so der 24-Jährige.

Zurzeit absolviert er ein Praktikum bei Zeiss Ventures. Dieser Teil der Zeiss-Gruppe investiert in Technologieunternehmen in Bereichen wie künstliche Intelligenz und Bilddatenverarbeitung.

Aufgabe: Bewertung von Start-ups

Schulz sieht seine Zukunft im Bereich innovativer Technologien. Die Aufgaben im Praktikum passen gut dazu: Er bewertet Start-ups im Digital Twinning in technischer und finanzieller Hinsicht.

„Ein digitaler Zwilling stellt digital ein materielles oder immaterielles Objekt aus der realen Welt dar “, erklärt Leon Schulz. So können beispielsweise Prozesse virtuell getestet und verbessert werden.

Ziel ist der Masterabschluss in 2020

Ein festes Büro hat der Wirtschaftsingenieur nicht. „Jeden Tag bin ich an einem anderen Schreibtisch“, beschreibt Schulz das Konzept Hot-Desking. „So lerne ich viele Leute im Unternehmen kennen.“

2020 möchte Schulz seinen Masterabschluss machen. „Aufbauend auf meinem Praktikum bei Zeiss Ventures strebe ich weitere praktische Erfahrungen in der Szene der Technologie-Start-ups an.“

Als Kind Fernbedienungen aufgeschraubt

Schon kurz vor dem Masterabschluss stehen Bobby Xiong und Alexandra Lüth von der Technischen Universität Berlin (TU). Xiong studiert dort im Schwerpunkt Elektrotechnik.

Alexandra Lüth und Bobby Xiong studieren im Masterprogramm an der TU Berlin.
Alexandra Lüth und Bobby Xiong studieren im Masterprogramm an der TU Berlin. © Jeanny Langer | Jeanny Langer

„Beispielsweise geht es darum, Stromnetze zu modellieren und Szenarien zu entwickeln, wie und wo erneuerbare Energien eingebaut werden können“, sagt er. Besonders begeistert er sich für die technische Seite des Studiums: „Schon als Kind habe ich immer Fernbedienungen und alte Radios geöffnet, nur um sie danach wieder zu reparieren.“

Das Interesse für den wirtschaftlichen Teil kam mit der Zeit dazu, sagt der 23-Jährige, als er gemerkt habe, „dass ohne die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nichts funktioniert“. Nach seinem Abschluss würde er gern in der Forschung bleiben und promovieren, sagt Bobby Xiong. „Aber auch ein Realitätscheck in der freien Wirtschaft ist wohl sinnvoll.“

Einsatzmöglichkeiten in Forschung oder Beratung

Seine Kommilitonin Alexan­dra Lüth (25) befasst sich seit zwei Jahren intensiv mit dem Thema Stromversorgung: „Ich forsche dazu, wie man Kleinerzeuger in den heutigen Strommarkt integrieren kann“, sagt sie.

Über Arbeitserfahrung bei einem Start-up oder einem Forschungsinstitut möchte die Studentin noch herausfinden, in welcher Branche sie ihre Zukunft sieht. Ihr Tipp für Studieninteressierte: „Beschäftige dich mit den möglichen Berufsfeldern in der Beratung, Industrie oder Forschung.“

Promotion an der Technischen Universität

Der Forschung treu geblieben ist Masterabsolventin Marie-Theres Scharl (33). Die Wirtschaftsingenieurin promoviert zurzeit an der TU. „Das Studium war definitiv die richtige Wahl, es lässt einem viel Freiraum.“

Was das genau bedeutet? Scharl erklärt: „Der wirtschaftliche und der mathematische Teil ähneln sich größtenteils bei allen Studenten. Der ingenieurwissenschaftliche Teil ist von Anfang an breiter nach persönlichen Interessen gefächert“, erklärt sie. „Man kann diverse Schwerpunkte wählen.“

Forschung im Bereich Energietechnik

Scharl entschied sich für die Technische Chemie, die sei seit der Schulzeit ihre Leidenschaft. Aktuell forscht sie aber im Bereich Energietechnik: „Das ist ein sehr zukunftsträchtiges Feld, vor allem im Hinblick auf den Klimawandel und alternative Energiequellen “, begründet sie ihre Entscheidung.

Scharl befasst sich damit, Techniken zu entwickeln, mit deren Hilfe Biomasse optimal zur Energieproduktion genutzt werden kann. Darüber hinaus ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU beschäftigt. Als solche unterrichtet sie Studierende am Institut für Energietechnik und betreut im Rahmen ihrer Forschung auch Master- und Di­plomarbeiten.

Einsatz als Projekt- oder Qualitätsmanagerin

Dieses Jahr wird die Wirtschaftsingenieurin ihre Promotion abschließen. Danach will sie ihr Wissen in der Industrie anwenden. „Bestenfalls im Bereich Projekt- oder Qualitätsmanagement“, hofft sie.

Die Zukunft von Wirtschaftsingenieuren sieht sie positiv: „Der Schnittpunkt zwischen Technik und Betriebswirtschaft wird in quasi jeder Branche immer essenziell für die Kommunikation, den Fortschritt und den Erfolg bleiben.“