Berlin. Die Fahrzeuge der Zukunft müssen sich ohne Fahrer zentimetergenau im Verkehr zurechtfinden. Intelligente Navigationssysteme helfen.

Mandali Khalesi wird sicher in den verschiedensten Gebieten der Welt seinen Weg finden: Der Software-Spezialist hat schon in den USA, Europa und Asien gearbeitet und beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der Verbesserung von Straßenkarten.

Mercedes, BMW und Audi hätten den Experten gern an leitender Stelle in ihrer milliardenteuren Navi-Firma Here behalten – aber „das Angebot von Toyota war einfach großartig“, sagt der Manager.

Es ist nicht nur die Befreiung von der strengen Anzugordnung, die den bekennenden Jeans- und Sneakerfreund nach Tokio gelockt hat; als Vizepräsident der Software-Tochter triad hat er mehr als zwei Milliarden Euro zur Verfügung – für seine Mission: die ganze Welt sekundenaktuell in künftige Autos der Japaner zu bekommen. Mit vier Methoden wollen Khalesi und sein Team das erreichen.

Toyota-Fahrzeuge werden zur riesigen Testflotte

Methode eins – der Blick aus dem Weltall: Satelliten sind für die Navigation schon lange im Einsatz; vor allem liefern sie per GPS den Autos die eigene Position. „Für die Karten, die wir etwa für autonome Fahrzeuge brauchen, müssten diese Daten aber nicht auf einen Meter genau sein, sondern auf zehn Zentimeter“, sagt Khalesi.

Solche Karten erzeugt seine Mannschaft inzwischen per Zugriff auf frei verfügbare Satellitenbilder. Die werden durch künstliche Intelligenz so weit verfeinert und vermessen, dass sich dadurch absolut präzise jede Bundesstraße, jedes Gässchen, jeder Feldweg kartografieren lässt.

Bald lässt sich jede Straße der Welt virtuell präzise im Computer abbilden

Methode zwei – die Spezialfahrzeuge: Auch Toyota hat längst solche Autos im Einsatz, wie sie Google oder Apple für ihre Kartendienste benutzen. Aber die Japaner verquicken diese Bilder und Daten auch mit den Werten, die etwa ihre hochpräzisen Karten aus dem All liefern. „Und die werden schon bald tägliche Updates bekommen – das schafft ein Testfahrzeug ja nie“, so Khalesi. Vorteil der realen Autos: Sie können mit Dutzenden von Sensoren die Karten weiter anreichern. Daraus lässt sich ein dreidimensionales, supergenaues Bild errechnen.

Das führt zu Methode drei – der virtuellen Verkehrswelt: Bald lässt sich jede Straße der Welt virtuell präzise wie nie im Computer abbilden. Das beschleunigt die Arbeit an der Navigation der Zukunft für autonome Fahrzeuge rasant. Denn auf der echten Straße hagelt, regnet oder schneit es vielleicht erst in zwei Monaten mal wieder, der Kanaldeckel wird in drei Jahren er­neuert – und zwei Lkw blockieren die linke Spur vielleicht nie, während zugleich drei Motorräder blitzartig auf der anderen Fahrspur überholen wollen.

Künstliche Intelligenz kann Verkehrsverhalten berechnen

In der virtuell exakt kopierten Straße lässt sich dagegen jede Witterung, jeder Straßenbelag, jede Situation, jedes neue Verkehrsschild in Sekunden einbauen und durchrechnen. So kann die autonome Navigation bereits Millionen von Variablen durchspielen, bevor sie real auf die Straße kommt.

Wieder kommt künstliche Intelligenz zum Einsatz, die auch die absurdesten Verkehrsverhalten etwa im Gewimmel von Neu-Delhi oder Kairo mit Pkw, Rollern, Eseln, Lastern, Straßenverkäufern oder Radfahrern berechnen kann. Daraus lässt sich ableiten, welchen Weg durch engste Verkehrslagen ein autonomes Fahrzeug finden kann.

“Wir gehen bei den Berechnungen gerade auf Straßen im Mittleren Osten oder Nordafrika - denn was dort funktioniert, das ist ein guter Maßstab”, sagt Khalesi.Die größte Testfahrflotte der Welt

Methode vier – die größte Testfahrflotte der Welt: Toyota verkauft jährlich rund zehn Millionen Autos Das Khalesi-Team will diese Autos schon bald mit Datenkommunikation ausstatten, die anonymisiert die Werte aller Sensoren in die eigene Cloud liefert – und damit Billionen genauester Angaben zur aktuellen Lage auf den Straßen der Welt.

Klar ist dem Software-Manager natürlich auch, dass „der Datenschutz in verschiedenen Ländern da unterschiedliche Möglichkeiten und Genehmigungen erfordert“. Aber allein die Millionen Flottenfahrer wie beispielsweise die Tokio-Taxis liefern längst eifrig Massen von Kartenmaterial. Außerdem können die Daten-Jongleure bei Lücken in der Lieferung ja auch immer auf Methode eins bis drei zurückgreifen.