Berlin. Kurz nicht aufgepasst – und weg ist die Geldbörse. Gerade auf Reisen ist Taschendiebstahl besonders ärgerlich. Was Sie dann tun müssen.

Susanne* hatte noch Glück. Hätte es Eurowings ganz genau genommen, hätte die 55-Jährige nicht mitfliegen dürfen. Und ihr Aufenthalt in Mailand hätte sich um mindestens einen, vielleicht auch mehrere Tage, verlängert.

Sie war zum Boarding für den Rückflug am Airport Malpensa ohne Personalausweis erschienen. Denn der war ihr tags zuvor nebst Bankkarten, Führerschein und Bargeld gestohlen worden. Susanne konnte nur die Diebstahlsanzeige vorlegen, die ihr die italienische Polizei ausgestellt hatte – eigentlich nicht genug, um mit der Airline zurück nach Düsseldorf zu fliegen.

Doch die Eurowings-Mitarbeiterin drückte ein Auge zu. Verlassen sollte man sich auf so viel Kulanz aber nicht. Und die Rückreise ist längst nicht das einzige Problem, wenn Urlauber im Ausland Opfer von Diebstahl werden. Denn meist sind dann nicht nur die Reisedokumente weg, sondern auch Bankkarten, Bargeld und Smartphone.

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    In Panik brauchen Betroffene dennoch nicht zu verfallen. Unsere Notfall-Liste zeigt, was jetzt zu tun ist:

    Schritt 1: Bankkarten, SIM-Karten und Co. sperren

    Haben sich Taschendiebe das Portemonnaie gegriffen, ist der Verlust des Bargelds noch das kleinste Problem. Schlimmer wäre es, wenn die Diebe nun auf Shoppingtour mit den Bankkarten gehen. Erste Anlaufstelle sollte daher der zentrale Sperrnotruf 0049 116 116 sein. Voraussetzung ist, dass man Kontonummer und Bankleitzahl kennt.

    Über diese Notrufnummer kann man nicht nur die meisten Debit- und Kreditkarten sperren lassen, sondern auch SIM-Karten und die elektronische Identitätsfunktion des neuen Personalausweises. Auch Online-Banking- und E-Mail-Accounts können gesperrt werden.

    Der zentrale Notruf ist rund um die Uhr erreichbar. Eine Alternative ist die Nummer 0049 30 450 450. In einigen Ländern ist auch eine andere Vorwahl nötig, in den USA etwa die 01149. Eine komplette Vorwahl-Liste für alle Länder gibt es hier.

    Ab dem Moment der Sperrung sind Bankkunden vor kriminellen Abbuchungen geschützt. Auf Nummer sicher gehen Betroffene, wenn sie sich den Namen des Mitarbeiters sowie die Uhrzeit notieren, zu der sie angerufen haben. Im Idealfall kann auch ein Zeuge das Telefonat bestätigen.

    Im Zeitraum zwischen Diebstahl oder Verlust der Bankkarten und der Sperrung sind die meisten Kunden aber auch geschützt – in der Regel durch eine Haftungsobergrenze von 150 Euro. Bei einigen Geldinstituten sind sie sogar ganz von der Haftung befreit.

    Schritt 2: Handy sperren

    Nicht jeder Urlauber hat vorgesorgt und sein Smartphone ausreichend gesichert. Ideal wäre hier nicht nur eine aktivierte Bildschirmsperre, sondern auch ein verschlüsselter Telefonspeicher. Während dies bei iPhones bereits serienmäßig ab Werk eingestellt ist, müssen Android-Nutzer selbst aktiv werden: Über den Menüpunkt „Sicherheit“ können sie den Telefonspeicher vor Unbefugten schützen.

    Alternativ lassen sich Smartphones auch noch aus der Ferne sperren – aber nur, wenn die Diebe damit noch im Daten- oder Mobilfunknetz sind. Über den Android Device Manager oder die iCloud-Funktion „Mein iPhone suchen“ können Nutzer ihr vermisstes Gerät orten, sperren oder alle persönlichen Daten löschen.

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      Zusätzlich sollten Betroffene die Passwörter ihrer Online-Konten ändern.

      Schritt 3: Anzeige bei der Polizei

      Unabdingbar ist auch der Gang zur nächsten Polizeistation. Dort stellen die Bestohlenen Strafanzeige gegen Unbekannt oder bringen den Verlust der Wertsachen zur Anzeige. Die dann ausgehändigte Verlust- oder Diebstahlsanzeige ist nicht nur wichtig, falls Ersatzdokumente beantragt werden müssen. Auch Banken und Versicherungen wollen diese gegebenenfalls sehen, wenn sie für einen möglichen Schaden aufkommen sollen.

      In spanischen Urlaubshochburgen gibt es mitunter auch einen gesondert geschulten Service extra für Touristen. Dort kann man den Diebstahl bereits telefonisch anzeigen und erhält dann einen Code, mit dem es auf den örtlichen Polizeistationen schneller geht. Die zentrale Notrufnummer ist die 902 102 112, eine ausführliche Adressliste findet man hier.

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        Zusätzlich sollten Betroffene den Diebstahl auch in Deutschland zur Anzeige bringen. Dann nimmt die Polizei auch die sogenannte Kuno-Sperrung für gestohlene Bankkarten vor. Damit informiert sie die zentrale Meldestelle des Handels, so dass die Diebe nicht per elektronischem Lastschriftverfahren mit Unterschrift shoppen gehen können.

        Schritt 4: Ersatzdokumente beantragen

        Innerhalb der Europäischen Union ist es laut Auswärtigem Amt erfahrungsgemäß möglich, mit der Diebstahls- oder Verlustanzeige nach Deutschland zurückzufliegen. Die Entscheidung darüber träfen aber letztlich die Fluggesellschaften.

        Die zeigten sich auf Anfrage unserer Redaktion eher zurückhaltend und verwiesen auf ihre Beförderungsbedingungen, nach denen jeder Passagier ein gültiges Ausweisdokument bei sich führen müsse. „Das kann im Einzelfall auch ein Ersatzdokument sein, nicht aber eine Verlustmeldung“, sagte etwa Lufthansa-Sprecher Jörg Waber. Auch Ryanair, Easyjet und Eurowings äußerten sich ähnlich.

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          Wer mit dem Auto oder Zug innerhalb der EU reist, dem reicht hingegen die Diebstahls- oder Verlustanzeige der Polizei. Es könne jedoch zu längeren Wartezeiten kommen, falls an der Grenze kontrolliert werde, heißt es aus dem Auswärtigen Amt.

          Auf Nummer sicher geht daher, wer sich um einen Ersatzausweis oder -pass bemüht. Den stellt die zuständige Botschaft aus. Wo sich die Auslandsvertretungen in den jeweiligen Ländern befinden, zeigt diese Übersicht.

          Mitbringen sollte man:

          • ein biometrisches Passbild,

          • die Verlust- oder Diebstahlsanzeige,

          • falls vorhanden, eine Kopie des vermissten Dokuments.

          Ist keine Kopie des Passes oder Personalausweises vorhanden und kann der Betroffene auch keinen anderen amtlichen Ausweis mit Lichtbild vorlegen, muss die Botschaft ein Foto von der Passbehörde am Wohnsitz in Deutschland anfordern, um die Identität zweifelsfrei festzustellen.

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            Wie lange dies dauert, hängt laut Auswärtigem Amt von der Reaktionszeit der innerdeutschen Behörde ab. Ist die Identität einmal festgestellt, dauere es nur noch etwa eine Stunde bis zum Ersatzdokument.

            Außerhalb der normalen Dienstzeiten bieten die deutschen Auslandsvertretungen auch einen telefonischen Bereitschaftsdienst. Einen Passersatz stellt dieser aber nur in besonderen Ausnahmefällen aus, wie etwa zum Schutz von Leib und Leben, was bei einer normalen Urlaubsreise wohl nicht der Fall sein dürfte.

            Schritt 5: Versicherungen informieren

            Laut dem Bund der Versicherten e.V. (BdV) zahlt bei Einbruchdiebstahl und Raub in Europa – bei neueren Verträgen auch weltweit – die sogenannte Außenversicherung, die in der Hausratversicherung eingeschlossen ist.

            „Hierfür müssen beim Einbruchdiebstahl allerdings ein Raum oder Behältnisse in einem Gebäude aufgebrochen worden sein“, sagte BdV-Sprecherin Bianca Boss unserer Redaktion. Wurde Reisegepäck aus einem Auto gestohlen, zahle die Versicherung nur dann, wenn dies ausdrücklich mitversichert ist.

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              Schäden durch Trick- oder Taschendiebstähle decke die Hausratversicherung nicht ab. Anders verhalte es sich hingegen bei einem Überfall auf offener Straße, da es sich hierbei um einen Raub handele, so Boss weiter.

              Wie hoch die Entschädigung ausfällt, hänge vom Tarif ab. Grundsätzlich sei sie auf einen prozentualen Teil der Versicherungssumme begrenzt und variiere je nach Art der Wertsache wie etwa Schmuck, Bargeld oder Antiquitäten.

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                Von einer Reisegepäckversicherung rät Boss ab. „Der BdV hält Reisegepäckversicherungen für unsinnig, da in vielen Fällen nur ein gewisser Anteil des entstandenen Schadens oder gar nichts gezahlt wird“, sagte sie unserer Redaktion.

                „Versicherer werfen den Geschädigten häufig vor, grob fahrlässig gehandelt zu haben – vor allem bei Diebstahlsdelikten. Dann nehmen sie eine Kürzung der Leistung mit der Begründung vor, dass auf das Gepäckstück nicht gut genug aufgepasst wurde.“ So dürfe etwa ein Koffer nicht neben dem Versicherten abgestellt werden, sondern müsse zwischen die Beine geklemmt werden.

                Schritt 6: Wieder an Geld kommen

                Reist man mit Freunden oder Verwandten, kann man sich schnell etwas leihen. Ist man aber alleine unterwegs, wird es komplizierter. Die Botschaften helfen nur in Ausnahmefällen mit Bargeld aus. Wahrscheinlicher ist, dass Betroffene auf Banken und Dienstleister wie Western Union oder Moneygram angewiesen sind, um ohne Bankkarten rasch wieder an Geld zu kommen.

                Das funktioniert so: Ein Verwandter oder Freund zahlt Geld in einer deutschen Filiale des Dienstleisters ein und der Betroffene holt den Betrag in einer vorab vereinbarten Bank im Ausland ab. Ein Konto ist dafür nicht nötig, wohl aber ein Ausweis oder Ersatzausweis. Zudem werden Gebühren fällig.

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                  Einige Banken schicken auch Ersatzkarten ins Ausland, sollte der Aufenthalt länger dauern. Dafür verlangen sie aber mitunter hohe Gebühren.

                  Eine weitere Möglichkeit ist der Online-Bezahldienst PayPal. Wer dort ein Konto besitzt und vor der Reise dort Geld eingezahlt hat, kann zum Beispiel in manchen Hotels und Restaurants auch auf diese Weise zahlen. Auch kann man sich Geld dorthin kostenlos überweisen lassen, solange der Transfer innerhalb der EU in Euro geschieht. Bei anderen Währungen und Länder fallen Gebühren an.

                  Schritt 7: Zu Hause neue Dokumente ausstellen lassen

                  Hat man es zurück nach Hause geschafft, ist das Gröbste überstanden. Nun muss man allerdings noch bei den deutschen Behörden neue Dokumente wie Personalausweis, KfZ-Papiere oder Führerschein beantragen. Auch dort ist die Verlust- oder Diebstahlsanzeige der Polizei vorzuzeigen und eine Gebühr zu entrichten.

                  Schritt 8: Für die Zukunft vorsorgen

                  Um für künftige Urlaube gewappnet zu sein, empfiehlt sich eine Reihe von Vorkehrungen:

                  • Alle Ausweisdokumente kopieren und am besten virtuell in Cloud-Speicherdiensten oder im eigenen Mail-Postfach ablegen.

                  • Wichtige Notfall-Rufnummern notieren, am besten nicht nur im Handy, sondern auch auf Papier.

                  • Die IMEI-Nummer des Handys notieren, eine Art Seriennummer, um diese bei der Polizei angeben zu können. Die Nummer findet sich bei Android-Geräten unter dem Punkt „Über das Telefon“, beim iPhone in den Einstellungen unter „Info“.

                  • Alles Unnötige zu Hause lassen.

                  PayPal-Konto für den Notfall einrichten.

                  *Name geändert