Partnerschaft

Welche juristischen Gefahren unverheirateten Paaren drohen

| Lesedauer: 6 Minuten
Rolf von der Reith
ARCHIV - Ein Paar geht am 20.03.2014 in Berlin nach Sonnenuntergang mit einem Fahrrad über den Teufelsberg. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa (zu dpa "Umfrage: Deutsche träumen von glücklicher Partnerschaft" vom 16.10.2016) +++(c) dpa - Bildfunk+++

ARCHIV - Ein Paar geht am 20.03.2014 in Berlin nach Sonnenuntergang mit einem Fahrrad über den Teufelsberg. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa (zu dpa "Umfrage: Deutsche träumen von glücklicher Partnerschaft" vom 16.10.2016) +++(c) dpa - Bildfunk+++

Foto: Daniel Bockwoldt / dpa

Für Paare, die nicht verheiratet sind, gelten viele Rechte von Eheleuten nicht: Erbrecht, Steuern, Adoption. Was sind wichtige Tipps?

Berlin.  Auch wenn der Trend mittlerweile wieder zum Heiraten geht: 2,8 Millionen Paare in Deutschland verzichten laut Statistischem Bundesamt auf einen Trauschein. Und wer in Deutschland unverheiratet zusammenlebt, muss besondere Vorsorge treffen. Denn viele Rechte, die Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner haben, gelten für Unverheiratete nicht – vor dem Gesetz sind sie zwei Fremde. Wer sich für Partnerschaft statt Ehe entscheidet, muss einiges an rechtlichen Dingen beachten. Ein Überblick.

Das deutsche Recht ist unverheirateten Paaren gegenüber deutlich voreingenommen: Steuerrecht und Erbrecht gehören zu den Bereichen, in denen das Fehlen eines Trauscheins erhebliche finanzielle Nachteile mit sich bringen kann. Angefangen damit, dass unverheiratete Paare mehr Einkommensteuer zahlen: Das Finanzgericht Münster hat kürzlich erst eine Klage abgewiesen, bei der ein unverheiratetes Paar sein Recht auf den Splittingtarif erstreiten wollte. Der aber wurde ihnen, trotz des gemeinsamen Haushalts und gemeinsamer Kinder, verweigert: Beim Ehegattensplitting kommt es nur auf den Familienstand an.

Rechtliche Lage von unverheirateten Paaren: Ein Unfall kann Existenz bedrohen

Im Alltag sind solche Benachteiligungen meist nur lästig, aber bei einem Unfall, bei Erkrankungen oder Tod des Partners kann der Unterschied existenzbedrohend sein. Denn wenn ein Partner plötzlich nicht mehr geschäftsfähig sein sollte, ist der andere Partner plötzlich außen vor. Auskünfte von Ärzten, Banken und Versicherungen bekommt er nur, wenn er entsprechende Vollmachten vorlegen kann: „Man braucht eine Vorsorgevollmacht, sicherheitshalber noch eine Bankvollmacht und zusätzlich am besten auch noch eine gesonderte Patientenverfügung“, zählt Martin Wahlers auf, Fachanwalt für Erbrecht und Mediator aus dem hessischen Bickenbach. Ohne Vorsorgevollmacht wäre es praktisch unmöglich, für den anderen Bankgeschäfte und Behördengänge zu erledigen und auch, über die medizinische oder pflegerische Versorgung zu entscheiden.

Vor allem aber ist es der Erbfall, für den Unverheiratete Vorsorge treffen sollten. Anders als Ehepaare können Unverheiratete nicht gemeinsam ein Testament (wie das in der Praxis sehr beliebte „Berliner Testament“) errichten. Sie müssen entweder jeweils ein eigenes Testament machen, in denen sie entsprechende Regelungen treffen – oder aber einen notariell beurkundeten Erbvertrag schließen, in dem sich die Partner gegenseitig als Erben einsetzen.


Erbschaftssteuer kann richtig wehtun

Eine sinnvolle finanzielle Absicherung lässt sich auch mit einer Risikolebensversicherung „über Kreuz“ hinbekommen: In einem solchen Fall schließt jeder der beiden Partner für sich eine Risikolebensversicherung ab und setzt den anderen als versicherte Person ein. Dadurch fällt die Versicherungssumme nicht ins Erbe des Verstorbenen, sondern wird, ohne dass Erbschaftssteuer fällig wurde, an den überlebenden Partner ausgezahlt.

Aber alles, was zum Erbe gehört, unterliegt der Erbschaftssteuer, „und das tut bei Unverheirateten richtig weh“, sagt Martin Wahlers. Das liegt an den enormen Unterschieden, die das Erb­recht in der Behandlung verschiedener Personengruppen macht. Ehepartner und eingetragene Lebenspartner bekommen einen Freibetrag von 500.000 Euro zugesprochen, leibliche Kinder, Stief- und Adoptivkinder 400.000 Euro, Enkelkinder 200.000 Euro – und Eltern und Großeltern immerhin noch 100.000 Euro. Nur der unverheiratete Partner fällt in die Kategorie „alle anderen“, kann nur 20.000 Euro als Freibetrag geltend machen und wird zudem noch in eine ungünstigere Steuerklasse eingeordnet als die weitere Verwandtschaft.


Unverheirateter Partner muss ins Testament oder in Erbvertrag

Insbesondere wenn Paare ohne Trauschein Wohneigentum gemeinsam nutzen, steigt das finanzielle Risiko enorm. Wahlers macht die Rechnung auf: „Wenn das Häuschen 250.000 Euro wert ist, dann sind davon 230.000 Euro zu versteuern. Und weil Unverheiratete in Steuerklasse III fallen, liegt der Steuersatz bei 30 Prozent. Also würden fast 70.000 Euro an Steuern fällig, während es bei Ehegatten locker in den Freibetrag gepasst hätte.“

Damit der Partner erben kann, muss dies testamentarisch (oder eben per Erbvertrag) festgelegt sein. Denn ohne Testament stünde der überlebende Partner ganz mit leeren Händen da. Wenn der verstorbene Partner Kinder hatte, sind diese die Alleinerben – aber auch, wenn ein Testament vorhanden und darin ausschließlich der unverheiratete Partner als Erbe benannt ist, steht den Kindern ihr Pflichtteil zu; ihr Anspruch macht 50 Prozent dessen aus, was sie nach der gesetzlichen Erbfolge bekommen hätten.

Erbfall ohne Vorsorge ist „nicht mehr zu reparieren“

Die Kombination aus den Ansprüchen der Kinder des Partners und den Forderungen des Finanzamtes kann dramatische Folgen haben. Nur wer über ein entsprechendes finanzielles Polster verfügt, wird in der Lage sein, die Immobilie trotz der Kosten des Erbfalls zu halten.


Daher kann Martin Wahlers auch nur raten: „Die zwei Empfehlungen, auf die es immer wieder hinausläuft, sind: erstens ein Testament machen und zweitens heiraten. Gerade wenn ein Haus oder eine Wohnung als gemeinsame Altersvorsorge vorhanden sind, führt an der Ehe eigentlich kein Weg vorbei.“

Zumindest ein Erbvertrag ist ein Muss als Mindestmaß an Vorsorge für den Ernstfall. Das mag manchen unromantisch erscheinen, ist aber aus Wahlers’ Sicht unabdingbar. Er sagt: „Wenn der Erbfall eintritt und man keine Vorsorge getroffen hat, ist das nicht mehr zu reparieren.“

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