Berlin. Das Kindergeld wird bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss gezahlt. Doch was genau bedeutet das? Das müssen Familien wissen.

Kindergeld weit über den 18. Geburtstag hinaus? Das ist heute fast schon eine Selbstverständlichkeit – inzwischen sind diejenigen, die schon mit 16 eine Lehre beginnen, in der Minderheit. 51 Prozent machen Abitur – und von denen wiederum entscheiden sich die meisten für ein anschließendes Studium.

Kindergeld gibt es über die Volljährigkeit hinaus, wenn das Kind noch in der Ausbildung ist. Schule, Lehre, Studium, all das zählt bis zum 25. Geburtstag dazu – nur mit der Unterscheidung zwischen Erst- und Zweitausbildung, bei der strengere Regeln gelten, was Einkünfte des Kindes betrifft.

Die Erstausbildung endet mit dem „ersten berufsqualifizierenden Abschluss“. Was aber heißt das für Ausbildungswege wie ein duales Studium, ein Masterstudium nach vorhergegangenem Bachelor, den Besuch einer Fachoberschule nach der Ausbildung oder eine sogenannte mehraktige Ausbildung mit Phasen zwischenzeitlicher Berufstätigkeit?

Viel Raum für Interpretationen

Das Bundesfinanzministerium hat den Rahmen abgesteckt und mehrere Wenns eingebaut, die erforderlich sind, damit die Ausbildung des volljährigen Kindes voll kindergeldfähig ist: wenn es seine Zeit mehr als zur Hälfte für die Ausbildung und nicht für Erwerbstätigkeit nutzt; wenn „objektiv erkennbar“ ist, dass das Kind sein angestrebtes Berufsziel noch nicht erreicht hat und damit eine weiterführende Ausbildung nötig wird; wenn die weiterführende Ausbildung in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem bisherigen Ausbildungsweg steht und wenn keine übermäßig lange Pause zwischen den einzelnen Ausbildungsteilen liegt. Damit war viel Raum für Interpretationen. Dank einiger Gerichtsurteile ist in jüngster Zeit aber ein recht guter Überblick entstanden.

Zum dualen Studium hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt: Der Kindergeldanspruch besteht über die gesamte Zeit – also bis zum Überreichen der Urkunde (Aktenzeichen: III R 52/13). In dem entschiedenen Fall ging es um einen Bachelorstudenten, der zuerst seine praktische Ausbildung zum Steuerfachangestellten parallel zum dualen Studiengang Steuerrecht abgeleistet hatte. Seine Bachelorarbeit schrieb er im Anschluss, während er in der Steuerberatung weiterarbeitete.

Master kann als Teil der Erstausbildung gelten

Was gilt, wenn man nach dem Bachelor noch den Master dranhängt? Grundsätzlich ist ja schon der Bachelor ein berufsqualifizierender Abschluss. Deshalb galt ein Masterstudium in der Regel auch als Zweitausbildung – bis der Bundesfinanzhof eine gewichtige Ausnahme machte (AZ: VI R 9/15).

Knut Böhrnsen von der Agentur für Arbeit Hamburg erklärt die neue Rechtslage so: „Wird ein Masterstudiengang besucht, der inhaltlich auf den vorangegangenen Bachelorstudiengang abgestimmt ist, ist dieser Teil der Erstausbildung.“ Das heißt: Bachelor und Master müssen fachlich zusammenhängen. Wenn man im selben Studienfach bleibt, wird das normalerweise der Fall sein.

Es sind aber auch Kombinationen unterschiedlicher Fächer möglich, die zusammen zu einem bestimmten Berufsziel führen. Das sollte man plausibel nachweisen können. Dazu gehört auch, dass das Masterstudium zeitlich ohne große Lücke zum Bachelor aufgenommen wird oder man sich zumindest um einen Studienplatz bewirbt.

Zeitliche Lücken bei mehraktiger Berufsausbildung

Die Frage nach zeitlichen Lücken beschäftigt Gerichte auch bei mehraktigen Ausbildungswegen. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat zugunsten einer angehenden Immobilienfachwirtin entschieden, dass bis zum 25. Geburtstag Kindergeld gezahlt werden muss, obwohl sie im Rahmen der Ausbildung ein Jahr voll erwerbstätig war. Das sei dann unproblematisch, befand das Gericht, wenn die einzelnen Stufen der Ausbildung direkt aufeinander aufbauten (AZ: 5 K 2388/15).

Das ergänzt vorige Urteile des Bundesfinanzhofes. Der BFH hatte zuletzt 2016 noch mal klargemacht (AZ: III R 27/15), dass der Abschluss der ersten Berufsausbildung nicht zwangsläufig schon mit dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss erreicht sein muss – und dass eine mehraktige Ausbildung über den ersten Abschluss weiterführt.

Auch die Kombination Fachoberschule nach Ausbildung gilt als eine solche mehraktige Berufsausbildung. Der BFH (AZ: V R 27/14) forderte zwar, dass die weitere Ausbildung nach dem ersten Abschluss „zügig“ fortgesetzt werden muss, gab aber sein Okay für eine fortgesetzte Kindergeldzahlung für die Zeit zwischen den einzelnen Teilen. Im konkreten Fall hatte der Sohn des Klägers eine Ausbildung zum Elektroniker gemacht und bis zum Start an der Fachoberschule fünf Monate Vollzeit gearbeitet. Dafür gewährte der BFH das Kindergeld.