Berlin. Das neue Flexi-Renten-Gesetz belohnt Rentner, die ihre Angehörigen versorgen. Die Versicherung zahlt dann Extras – unter Bedingungen.

Wer Angehörige ehrenamtlich pflegt, kann dadurch seine monatliche Rente aufbessern. Das gilt neuerdings auch für Pflegende, die bereits Rentner sind. Einen besonderen Kniff erlaubt der Gesetzgeber sogenannten Teilrentnern: Sie können auf nur ein Prozent der vollen Rente verzichten, um die komplette Zusatzrente für ihre Pflegeleistung zu bekommen. Für ein Jahr Pflege bringt das monatlich bis zu fast 30 Euro ein – und das lebenslang.

Seit diesem Jahr sind Rentner, die eine Person „nicht erwerbsmäßig“ in einem bestimmten Mindestumfang zu Hause pflegen, versicherungspflichtig in der Rentenversicherung. Selbst Rentenbeiträge zahlen müssen sie aber nicht. Das übernimmt die Pflegekasse für sie. Lukrativ ist das für zwei Personengruppen: zum einen für Rentner, die vor Erreichen ihrer regulären Altersgrenze in Rente gehen, zum anderen – ab Erreichen der Altersgrenze – für die Teilrentner. Möglich macht dies das Flexi-Renten-Gesetz.

Mindestens Pflegegrad 2

Wie viel die Pflegenden an zusätzlicher Rente erhalten, hängt von zweierlei ab: Dem Pflegegrad der gepflegten Person (mindestens Pflegegrad 2) und dem Umfang an Leistungen, die diese Person sonst noch erhält – entweder in Form von Sachleistungen eines professionellen Pflegedienstes oder einer sogenannten Kombinationsleistung (Pflegedienst und Pflegegeld). Je höher der ehrenamtlich erbrachte Pflegeanteil ist, desto höher fällt das künftige Rentenplus aus. Es beträgt zwischen 5,40 und 29,86 Euro je Pflegejahr.

Mindestens zehn Stunden pro Woche

Um zusätzliche Rentenbeitragszahlungen für die Pflege von Angehörigen zu erhalten, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt werden. Bedingung ist, dass die „nicht erwerbsmäßige häusliche Pflege“ wöchentlich mindestens zehn Stunden erfolgt, und zwar regelmäßig an zwei Tagen pro Woche. Dass die Pflege „nicht erwerbsmäßig“ ist, nimmt die Deutsche Rentenversicherung (DRV) bei einer Pflege durch Familienangehörige und Verwandte grundsätzlich an.

Eine finanzielle Anerkennung, die der Pflegebedürftige der Pflegeperson zukommen lässt, spielt dabei keine Rolle. Auch pflegende Nachbarn oder Bekannte können die Beitragszahlungen beantragen, wenn sie nicht mehr als das Pflegegeld als finanzielle Anerkennung erhalten. Teilen sich zwei oder mehr Personen die Pflege, wird der Rentenanspruch zwischen ihnen aufgeteilt.

• Beispiel: Frau Walter geht vorzeitig mit 63 Jahren in Rente, um ihren kranken Mann mit Pflegegrad 4 zu pflegen. Ihr Mann erhält ausschließlich Pflegegeld, nimmt also keine Pflegesach- oder Kombileistungen in Anspruch. Durch die Beitragszahlungen der Pflegekasse erhöht sich ihre künftige Rente pro Jahr Pflege um monatlich 20,90 Euro (alte Bundesländer) oder 20,01 Euro (neue Bundesländer).

Nur ein Prozent Verzicht bei Vollrente nötig

Der Kniff mit der Teilrente kommt ins Spiel, sobald die Pflegeperson ihre reguläre Altersgrenze erreicht und eine volle Altersrente bezieht. Damit die Pflegeversicherung die zusätzlichen Rentenbeiträge bezahlt, muss der Pflegende von der Vollrente in einen Teilrentenbezug wechseln. Das heißt, er darf nicht mehr 100 Prozent seiner vollen Rente beziehen. Eine Teilrente kann auf 10 bis 99 Prozent festgelegt werden. Es steht jedem auch frei, bei der Vollrente zu bleiben.

Aber schon der einprozentige Verzicht auf die volle Rente reicht aus, um in den kompletten Beitragsvorteil durch die Pflege zu kommen. „Wer einen Angehörigen pflegt und nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine Teilrente von zum Beispiel 99 Prozent bezieht, wird automatisch wieder versicherungspflichtig in der Rentenversicherung“, erläutert Hans-Georg Arnold, Sprecher der DRV Rheinland-Pfalz.

• Beispiel: Frau Hofmann pflegt ihre Schwester mit Pflegegrad 5, die nur Pflegegeld erhält. Ihre volle Altersrente würde 1000 Euro monatlich betragen. Sie entscheidet sich aber, in eine 99-prozentige Teilrente (ergibt 990 Euro) zu wechseln. Ihre Rente verringert sich also um 10 Euro pro Monat. Schon durch ein Jahr Pflege erhöht sich die Rente im Gegenzug aber um monatlich 29,86 Euro (alte Bundesländer) oder 28,59 Euro (neue Bundesländer) – lebenslang.

Später wieder volle Rente

Unter diesen Bedingungen ist die Renteneinbuße also schnell mehr als ausgeglichen. Das Rentenplus fällt für Teilrentner meist sogar etwas höher aus als in der Tabelle angegeben. Das liegt daran, dass Beitragszahlungen ab Erreichen der Regelaltersgrenze für die Rente stärker als in früheren Jahren zählen, wie Björn Watermann von der DRV Oldenburg-Bremen erklärt. Die höhere pflegebedingte Rente erhalten die Teilrentner jeweils ab dem 1. Juli des Folgejahres.

Obwohl die Zusatzrente lebenslang fließt, ist der Bezieher an seine ursprüngliche Entscheidung für eine Teilrente nicht gebunden. „Der Rentner kann jederzeit oder spätestens, wenn die Pflege endet, wieder die volle Altersrente beantragen“, sagt DRV-Sprecher Arnold.

Im Unterschied zu den Teilrentnern erhalten die Bezieher einer vorgezogenen Rente den pflegebedingten Rentenzuschlag nicht gleich im Folgejahr, sondern erstmals mit Erreichen der Regelaltersgrenze. Wichtig für Pflegende, die bereits vor dem 1. Januar 2017 die Pflege aufgenommen haben: Auch sie können ab diesem Zeitpunkt vom neuen Gesetz profitieren.

• Tipp: Hat die Pflegeversicherung die Beitragszahlungen in die Rentenkasse nicht automatisch aufgenommen, sollten Betroffene sich melden und ihre Ansprüche geltend machen.