Bei jedem Dritten werden erhöhte Werte gemessen. Das schadet über Jahre den Gefäßen und dem Herz. Mediziner sagen, was man tun kann.

"Man kann lange Zeit mit einem zu hohen Blutdruck herumlaufen, ohne es zu bemerken", sagt Prof. Thomas Meinertz, Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Denn Symptome wie Unwohlsein oder Kopfschmerz macht der Hochdruck (Hypertonie) oft erst, wenn der Blutdruck stark erhöht ist. Ein jahrelang zu hoher Blutdruck ist aber Gift für die Gefäße und das Herz, auch wenn er nur geringfügig die Grenzwerte überschreitet. Mögliche Folgen: Arteriosklerose mit der Gefahr eines Herzinfarktes, ein erhöhtes Schlaganfallrisiko, ein verdickter Herzmuskel und Herzmuskelschwäche aufgrund einer dauerhaft höheren Pumpleistung, Schäden an Augen und Nieren oder Hirnblutungen durch kaputte Gefäße.

Schätzungen zufolge hat jeder dritte Deutsche einen zu hohen Blutdruck, nur die Hälfte weiß jedoch darüber Bescheid. "Man muss nicht jeden Tag dreimal seinen Blutdruck messen, aber ein Bewusstsein dafür ist wünschenswert, vor allem, wenn hoher Blutdruck in der Familie vorkommt", sagt Meinertz, emeritierter Professor und ehemaliger Chef des Herzzentrums am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. In den Check-up-Untersuchungen sei beispielsweise immer eine Überprüfung des Blutdrucks enthalten, spätestens ab dem 40. Lebensjahr solle man seinen Blutdruck kennen, so Meinertz.

Die Ursachen für eine Hypertonie sind unterschiedlich. "Bei 90 bis 95 Prozent der Patienten steht der Bluthochdruck für sich, das heißt er ist bei ihnen angelegt, wir sprechen von einem primären Bluthochdruck", sagt Dr. Andreas Dillmann, Internist und Oberarzt an den Schön-Kliniken in Hamburg-Eilbek. Als Risikofaktoren gelten Übergewicht, zu viel Alkohol und zu wenig Bewegung - eine Beeinflussung dieser Faktoren kann sowohl als erste Behandlungsmaßnahme dienen, aber auch laut den Experten als Vorbeugung (siehe Ratschläge Deutsche Herzstiftung im Kasten). Auch bestimmte Medikamente können den Blutdruck erhöhen.

Beim Rest der betroffenen Hochdruckpatienten, also bei bis zu zehn Prozent, liegt laut Dillmann eine Grunderkrankung vor, eine Hormonerkrankung durch Störungen oder Tumore der Nebennieren oder eine Verengung der Nierenarterien, beispielsweise durch eine Gefäßverkalkung. "Vor allem bei jungen Menschen muss abgeklärt werden, ob solch ein Grundleiden dahintersteckt. Das gilt auch, wenn die Blutdruckwerte plötzlich sehr hoch sind oder sich durch eine Vielzahl von Medikamenten nicht senken lassen."

Patienten mit Bluthochdruck tauchen laut Dillmann in vielen Abteilungen der Klinik auf. Zum Beispiel wenn sie Folgeerkrankungen haben oder bei sogenannten Blutdruckkrisen mit extrem hohen Werten. Um ein Grundleiden auszuschließen, untersuchen die Ärzte unter anderem die Nieren der Patienten mit Ultraschall. "Eine kleinere Niere kann ein Anhaltspunkt sein, dann erfolgt als zweiter Schritt ein Spezialultraschall, um die Durchblutung der Niere zu überprüfen", sagt Nierenspezialist Dillmann. Zusammen mit Laborwerten wie Blutsalze und Hormone in Blut und Urin könnten sich die Mediziner dann ein Bild machen, und gegebenenfalls die Ursache behandeln.

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Oft wird ein 24-Stunden-Blutdruck-Protokoll angefertigt, das heißt, die Patienten tragen Tag und Nacht eine Manschette am Oberarm und ein Messgerät am Gürtel oder in einer Tasche. Mehrmals pro Stunde wird der Blutdruck gemessen und dokumentiert. "Normalerweise sinkt er während des Schlafes, ist jedoch das Gegenteil der Fall, dann kann dies auf eine Hormonerkrankung oder ein Nierenleiden hinweisen", erklärt Dillmann.

Für die Einstellung eines Bluthochdrucks brauchen Ärzte und Patienten einen langen Atem. Nicht immer wird sofort zu Medikamenten gegriffen, sondern zunächst eine Gewichtsabnahme, weniger Salz und Alkohol und mehr Bewegung verordnet. Bei Werten über 180 mmHg wird in der Regel jedoch sofort ein Präparat verschrieben. Das gilt auch, wenn die "natürlichen" Maßnahmen nicht fruchten. "Die Medikamente müssen drei bis sechs Wochen Zeit haben zu wirken", sagt Dillmann. Die Grundprinzipien der Behandlung: Es sollte entweder weniger Blutvolumen im Körper sein oder aber die Gefäße sollten sich weiten - damit das Herz nicht so kräftig gegen Widerstand anpumpen muss.

Fünf Basis-Wirkstoffgruppen stehen zur Auswahl, fast immer werden sie kombiniert. Da sind zum einen Diuretika, die Salze und Wasser aus dem Körper schwemmen - das Herz muss dadurch weniger pumpen. Kalzium-Antagonisten führen zu einer Weitung der Blutgefäße und damit zur Blutdrucksenkung. Durch Betablocker arbeitet das Herz weniger schnell und heftig, und ein Nierenhormon wird gehemmt, das die Weite der Blutgefäße regelt. ACE-Hemmer wirken gegen ein Hormon, das die Adern eng stellt. Sartane sind vergleichsweise neu und wirken ähnlich wie ACE-Hemmer.

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"Viele Patienten benötigen nur ein oder zwei Präparate. Selten müssen sie Medikamente aus allen fünf Gruppen einnehmen, das gibt es aber", sagt Dillmann. "Das Tückische an der Blutdruckerkrankung ist, dass die Patienten es über viele Jahre nicht merken." Gegebenenfalls sähen sie ohne Beschwerden keinen Anlass, ihre Medikamente regelmäßig einzunehmen. "Darauf muss man achten, wenn die Werte auch nach Wochen noch hoch sind."

Werde der Blutdruck durch Medikamente gesenkt, fühlten sich viele Menschen zunächst einmal schlapp und antriebslos. "Durch dieses Tal müssen sie dann durch", sagt Dillmann. Bei der Zusammenstellung und Dosierung der Therapie müsse vor allem auf Neben- und Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sowie Grunderkrankungen geachtet werden, beispielsweise auf einen Diabetes, eine Nierenbeteiligung oder Depressionen. "Das heißt: Was bei dem einen wirkt, ist möglicherweise für den anderen gar nicht gut."

Doch wie können Ärzte feststellen, ob das Herz-Kreislauf-System durch den Bluthochdruck schon Schaden genommen hat ? Eine Reihe von gängigen und auch neuen Verfahren steht hier zur Verfügung. "Die erste Maßnahme ist ein Belastungs-EKG", sagt Meinertz. Die Patienten müssen dabei auf ein Laufband oder auf einem Ergometer Fahrrad fahren. Dabei werde beobachtet, wie stark vor allem der systolische Blutdruck ansteige, wie schnell das Herz schlage, und ob Veränderungen am EKG oder Beschwerden wie ein Engegefühl am Herzen auftreten - Anzeichen dafür, dass die Herzkranzgefäße nicht mehr richtig durchblutet sind.

Eine weitere Maßnahme ist die Echokardiografie, das heißt eine Ultraschalluntersuchung des Herzens. Dabei können die Ärzte erkennen, ob der Herzmuskel durch jahrelange Überanstrengung infolge hoher Blutdruckwerte bereits verdickt ist. Zusätzlich werden die Arterien am Hals und der Bauchraum mittels Ultraschall überprüft, um zu sehen, ob entscheidende Gefäße bereits durch eine Verkalkung verengt sind. Laborwerte wie die Blutfette und der Blutzucker können Aufschluss geben, ob ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorliegt. "Wenn dies alles in Ordnung ist und wenig bis keine Beschwerden vorliegen, so reicht das erst einmal aus", sagt Meinertz.

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