Steffens halte es für ihre “Pflicht, vor möglichen gesundheitlichen Gefahren durch die E-Zigarette zu warnen“ - trotz gerichtlicher Anordnung.

Düsseldorf/Münster. Die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) will weiterhin vor sogenannten E-Zigarretten warnen. Damit reagierte Steffens am Montag in Düsseldorf auf eine einstweilige Anordnung des Oberverwaltungsgerichts NRW (OVG) in Münster vom selben Tag. Die Angaben des Ministeriums, E-Zigaretten seien ein nicht zugelassenes Arzneimittel und dürften daher nicht vertrieben werden, seien streitig und wirkten überwiegend wie ein Verbot, erklärten die Richter.

„Unabhängig von noch immer zu klärenden juristischen Fragen halte ich es als Gesundheitsministerin für meine Pflicht, vor möglichen gesundheitlichen Gefahren durch die E-Zigarette zu warnen“, betonte dagegen die Ministerin. Sie wolle jetzt die Zeit bis zum Hauptsacheverfahren nutzen, Argumente, auf die das Gericht zum Teil noch gar nicht eingegangen ist, noch deutlicher zu formulieren, kündigte die Grünen-Politikerin an.

Das Oberverwaltungsgericht hatte auch Äußerungen in einer Pressemitteilung des Landes NRW vom 16. Dezember und in einem Erlass an alle Apotheken im Bereich der Apothekerkammer Nordrhein als rechtswidrig bezeichnet. Die E-Zigarette mit ihrer nikotinhaltigen Flüssigkeit unterliege weder dem Arzneimittelgesetz noch dem Medizinproduktegesetz, stellten sie klar. Das Liquid erfülle nicht die gesetzlich normierten Voraussetzungen eines Arzneimittels. Es stehe nicht die Entwöhnung vom Nikotinkonsum oder die Linderung einer Abhängigkeit im Vordergrund.

+++Gericht: E-Zigarette ist kein Arzneimittel+++

Mit ihrer Anordnung gaben die Richter des Oberverwaltungsgerichts einem Hersteller und Vertreiber von E-Zigaretten recht, der dem Ministerium mit einer einstweiligen Verfügung die Äußerungen untersagen wollte. Das OVG widersprach damit einem vorinstanzlichen Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf.

In der Vergangenheit hatten die Verwaltungsgerichte unterschiedlich geurteilt. Steffens verwies darauf, dass nach Angaben der EU-Gesundheitskommission die Mehrzahl der EU-Mitgliedsstaaten die E-Zigarette als Arzneimittel einstuft.

E-Zigarette – Wie die Bundesländer sie sehen

Gut die Hälfte der Bundesländer hält die E-Zigarette – genauer: die nikotinhaltigen Flüssigkeiten darin - für ein Arzneimittel. Das bedeutet, dass das Produkt erst nach einer in der Regel teuren und langwierigen Zulassung über die Apotheken vertrieben werden darf. Diese Haltung vertreten – mehr oder minder streng und in unterschiedlichen Nuancen – Nordrhein-Westfalen, Hessen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, das Saarland, Berlin, Bremen, Bayern und Brandenburg, wie aus einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa unter allen Landesgesundheitsministerien hervorgeht.

Nicht alle diese Länder scheinen den Verkauf aber ohne eine solche Zulassung gleich generell und zwingend als verboten zu bewerten. Dieser strikten Auffassung sind neben der Bundesregierung lediglich NRW, Berlin, Brandenburg und Thüringen. Tatsächlich kann man nikotinhaltige E-Zigaretten aber überall frei erhalten. Kontrollen gibt es selten. Vereinzelt haben Razzien für Schlagzeilen gesorgt, bei denen Liquid-Fläschchen beschlagnahmt wurden.

Einige Länder haben auch einzelne Produkte überprüfen lassen. So hatte Hessen in zwei Fällen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn einen Antrag auf eine Eingruppierung gestellt. In einem Fall entschied das BfArM dabei laut hessischem Gesundheitsministerium, es handele sich um ein Arzneimittel, und der Vertrieb wurde daraufhin eingestellt. Da die Inhaltsstoffe nicht angegeben werden müssen, ist eine Einzelfallprüfung nötig.

Die andere Hälfte der Bundesländer erlaubt oder toleriert den Verkauf. Unter ihnen haben sich einige wegen der undurchsichtigen Lage noch nicht eindeutig positioniert, etwa Hamburg oder Rheinland-Pfalz. Die meisten Länder halten Alleingänge für wenig sinnvoll und wollen eine Regelung auf Bundes- oder EU-Ebene. Das Sozialministerium in Baden-Württemberg hofft, dass man einer einheitlichen Linie auf der Gesundheitsministerkonferenz im Juni näherkommt. Niedersachsen mahnt, man müsse auch im Interesse des Jugendschutzes bundesweit ran.