Die Bandbreite konservativer Behandlungsmethoden ist gewachsen. Injektionen wirken bei Gelenkentzündungen. Ein eingeklemmter Meniskus muss nicht immer operiert werden.

Wieder rollt eine schwarze Limousine durch das malerische Örtchen Donaustauf bei Regensburg. Seit es Navigationsgeräte gibt, fragt kaum noch jemand nach dem Weg zu Deutschlands bekanntestem Physiotherapeuten, dessen Praxis, Fortbildungszentrum und Rehaklinik sich hier befinden. Sein Name: Klaus Eder. Der 58-Jährige hat auch international einen sehr guten Ruf und behandelt neben dem Durchschnittsbürger Promis wie Penélope Cruz, Bono oder Herbert Grönemeyer. Absoluter Experte ist Eder bei der schnellen Schmerztherapie von Spitzensportlern. Seit 1988 betreut er als physiotherapeutischer Leiter die deutsche Fußball-Nationalmannschaft und seit 1990 das Tennis-Daviscup-Team. "Unsere Nationalspieler haben nach einem Spiel sehr häufig Knieschmerzen", sagt Eder. "Neben Zerrungen, Prellungen und Verstauchungen treten Probleme mit den Bändern und Sehnen auf."

Doch nicht nur bei Profi-Athleten ist das Knie oftmals die Schwachstelle des Körpers - zehn Millionen Menschen in Deutschland sollen Schmerzen im Kniegelenk haben, bei etwa zweieinhalb Millionen ist der Knorpel chronisch geschädigt. Als der Mensch vor einigen Millionen Jahren den aufrechten Gang entwickelte, haben die Kniegelenke ihre Anpassung daran schlicht verpasst. Jeder Schritt belastet das Gelenk mit dem Dreifachen des Körpergewichts, täglich wird das Knie rund 1500-mal gebeugt und gestreckt.

Das größte Gelenk des Körpers, das Oberschenkelknochen und Schienbein miteinander verbindet, wird durch vier Bänder und 13 Oberschenkelmuskeln, Gelenkkapseln aus Bindegewebe, Gelenkknorpeln, Gelenkkörpern (Menisken), Gelenkflüssigkeit und Schleimbeutel stabilisiert. Das Kniegelenk selbst besteht aus sechs Gelenken, wobei das wichtigste das Kniescheibengelenk ist. Auslöser für Schmerzen sind neben Unfällen mit Brüchen, Zerrungen, Bänderrissen auch zu viel und "falscher" Sport - genauso wie die Abnutzung des Knorpels mit zunehmendem Alter. Zudem können Rheuma oder Infektionskrankheiten wie Röteln heftige Kniebeschwerden verursachen. Doch auch eine einfache Fehlstellung einer der 27 Fußknochen kann zu massiven Beeinträchtigungen führen.

+++Junge Sportler sollten sich bei Knieschmerzen Ruhe gönnen+++

"Ab einem Alter von 40 Jahren beginnen die Abnutzungserscheinungen unserer Gelenke", sagt Dr. Andreas Mülke, der eine arthroskopische Kniepraxis an der Hamburger Außenalster betreibt. Knie, Hüfte, Sprunggelenke seien besonders betroffen, der Prozess beginne unbemerkt und leise. Erst bei Entzündungen werden wir wachgerüttelt. "Anfangs sollte man versuchen, das Bein möglichst ruhigzustellen und alle schmerzenden Bewegungen zu vermeiden. Wenn das nicht hilft, ist ein Arztbesuch erforderlich." Der Orthopäde untersucht gegebenenfalls mit Ultraschall oder Kernspintomograf, stellt eine Diagnose und bespricht dann mit dem Patienten die weitere Behandlung.

Grundsätzlich wird zwischen konservativer und operativer Behandlung unterschieden, wobei immer erst versucht wird, mit der konservativen Variante zum Erfolg zu kommen. "Vor zehn Jahren noch wurde ein Bänderriss sofort operiert", sagt Dr. Mülke. "Heute lässt man ihn ausheilen." Glücklicherweise sind die Möglichkeiten zur Behandlung der verschiedenen Schmerzursachen sehr vielfältig. Zuerst Schmerzmittel, dann Bandagen, Tapes oder Einlagen. Massagen, manuelle Therapie und Reizstrom werden häufig erfolgreich angewendet. Physiotherapie und Osteopathie helfen ausgezeichnet bei "funktionellen" Störungen. Gerätegestützte Krankengymnastik und Ergotherapie sind nach Brüchen oder Rissen unerlässlich. Injektionen direkt ins Knie wirken gut bei Gelenkentzündungen - es muss nicht gleich eine Operation oder gar eine Prothese sein. Rät ein Arzt zur OP, sollte man sich immer eine zweite Meinung einholen.

Was hilft noch? Nach einem Sturz wirkt am besten sofortiges Auflegen von Eis. Tritt plötzlich Knieschmerz in leichter Form auf, kann bei gleichzeitiger Schonung Schmerzmittel wie Ibuprofen, Diclophenac oder Voltaren einige Tage lang eingenommen werden. Wenn dann keine Besserung auftritt, müssen Alternativen her. Anfangs helfen oft Stützbandagen und Einlagen. Bei Entzündungen des Knie-Innen- oder Außenbandes wirken Anwendungen mit Reizstrom, Magnetfeldtherapie und kinesologische Tapes. Wenn der Knorpel entzündet ist, lindern Injektionen ins Innere des Knies den Schmerz. Der "Knorpelkiller" Cortison wird als Einmalgabe bei Rheuma und Arthrose direkt ins Knie gespritzt - und von der Kasse bezahlt.

Hyaluronsäure wirkt wie Gelenkschmiere, verzögert den Knorpelabbau und lindert den Schmerz. Möglich ist die Anwendung als "Single Shot", die dreifache Menge der Säure in einer Spritze und fünf Injektionen im Abstand von einer Woche. Ein dünnflüssiges Präparat wird von den Kassen übernommen, die besseren Mittel müssen als IGEL-Leistung (Individuelle Gesundheitsleistung) selbst bezahlt werden.

Orthokin ist eine Injektionslösung auf Basis von Patientenblut mit entzündungshemmenden Substanzen, eingesetzt bei Knorpelschäden oder schmerzhaft entzündeten Reizknien. Diese Anwendung gilt noch als experimentell, wird jedoch immer öfter von privaten Krankenkassen bezahlt, wenn eine Heilpraktikerbehandlung abgeschlossen wurde. Die Kosten liegen bei circa 1500 bis 2000 Euro. Bei der Radiosynoviorthese wird die entzündete Gelenkinnenhaut (Synovialis) durch eine Spritze mit radioaktivem Mittel "verschorft". Das hilft bei Patienten mit dauerhaft dick entzündetem Knie, die Kosten trägt die Kasse. Sehr gute Erfolge versprechen neuerdings biologische Entzündungshemmer. Sie blockieren jene Faktoren, die die Zerstörung der Gelenke bei Rheuma vorantreiben. Auch hier zahlen die Kassen.

Beim Profi-Fußballer sind Videoanalysen zum "richtigen" Laufen an der Tagesordnung, doch auch Nichtsportler haben sich oft falsche Bewegungen angewöhnt. Sinnvoll sind ergotherapeutische Behandlungen, um das Knie wieder voll funktionsfähig zu machen. Auch nach Operationen sollte rechtzeitig mit ergotherapeutischer Behandlung begonnen werden, gleichzeitig helfen Lymphdrainagen und Elektrostimulation. Lohnenswert ist in diesem Fall zudem der Besuch einer extra "Knieschule", die von vielen Sportvereinen angeboten wird.

Die Profi-Fußballer verletzen sich aber nicht ausschließlich auf dem Spielfeld. Viele Unfälle passieren im Haushalt: Der Ire Robbie Keane (beim Beckham-Club Los Angeles Galaxy unter Vertrag) riss sich gleich mehrere Bänder, als er sich mit dem Fuß die TV-Fernbedienung angeln wollte. Noch kurioser war der Fall Darren Barnard (FC Barnsley): Er rutschte in seiner Küche aus und trug einen Kreuzbandriss davon, nachdem seine Hündin dort auf den Boden uriniert hatte.

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