Klaus Eder hat fast 40 Jahre physiotherapeutische Erfahrung

Kreuzbandschmerzen, ein eingeklemmter Meniskus oder einfach nur eine Blockade im Knie: Klaus Eder, 58, Deutschlands bekanntester Physiotherapeut, erklärt, welche Behandlungsmethoden er anwendet.

Hamburger Abendblatt:

Warum haben Fußballer so oft Knieverletzungen?

Klaus Eder:

Beim Knie werden Kräfte aus Rücken, Rumpf und vom Rasen übertragen. All diese muss das Kniegelenk kompensieren. Stimmt die Becken-Bein-Achse, steht also das Bein auf dem "geometrischen Mittelpunkt", schafft das Knie das gut. Der Fußballer muss seine Hüftbeuger massiv einsetzen, wenn er aufs Tor schießt, das heißt, Beckenschaufel und Hüftgelenk können sich dabei schon mal verändern. Diese Fehlfunktion im Beckengelenk überträgt sich aufs Knie. Ebenso kann sich einer der 27 Fußknochen verschieben, was das Knie auszugleichen hat. An den sechs verschiedenen Gelenken des Knies ziehen Muskeln und Sehnen wie an einer Marionette. Ist hier eine Unwucht, wird das Gelenk aus seiner Funktion gezogen, und das führt zu Schmerzen.

Wie behandeln Sie die Spieler, wenn sie nicht blutende Verletzungen haben?

Eder:

Zuerst mit Eis und dann mit meinen Händen.

Können Sie auch Blockaden lösen?

Eder:

Bei Sportlern hat man meistens mit funktionellen Problemen zu tun - und diese verdienen eine funktionelle Antwort. Ohne den Ärzten zu nahe treten zu wollen: Würden wir unsere Fußballer so behandeln, wie es meist bei Blockaden geschieht, hätten wir bei einer Weltmeisterschaft nach drei Tagen keinen einzigen Spieler mehr zur Verfügung, weil alle eingegipst wären. Das Gelenk steht in sehr enger Verbindung zu unserem peripheren Nervensystem. Welcher Nerv vermittelt mir diesen Schmerz? Welcher Nerv, der im Gelenk sitzt, kommuniziert mit welchem außerhalb? Welche Folgen hat das für die Fehlstellung? Jeder Spieler will sich ja trotzdem fortbewegen und gewöhnt sich deshalb schnell ein Haltungsschema an, das ihm ebendies ermöglicht. Dadurch wird er andere Strukturen falsch belasten. Der Physiotherapeut hat die Aufgabe, das zu erkennen und schnell zu korrigieren.

Wie behandeln Sie Kreuzbandschmerzen?

Eder:

Die Kreuzbänder sorgen für die wichtige Energieübertragung von oben nach unten. Und dafür, dass Oberschenkel gut über dem Unterschenkel fixiert ist, also die Becken-Bein-Achse im Lot ist. Ist sie das nicht, hat der Spieler eine falsche Spannung auf den Kreuzbändern, und das führt zu Schmerzen. Deshalb bringe ich die Becken-Bein-Achse wieder ins Gleichgewicht.

Was machen Sie bei einem eingeklemmten Meniskus?

Eder:

Man muss nicht in jedem Fall operieren, es gibt viele verschiedene Techniken, ihn wieder zu mobilisieren. Direkt mit den Fingern oder mithilfe der eigenen Muskelkraft. Ein eingeklemmter Meniskus kann von den Muskeln praktisch wie ein Abschleppseil in seine richtige Position gezogen werden.

Und bei einem eingeklemmten Gelenk?

Eder:

Wenn es funktionell eingeklemmt ist, weil Einfluss der Muskeln, Bänder und Nerven eine Rolle spielen, dann kann man es sehr gut mobilisieren.

Wann muss operiert werden?

Eder:

Das ist der Fall, wenn die Struktur zerstört, also das Kreuzband gerissen ist. Ebenso wenn sich ein Knorpelstück aus dem Gelenk gelöst hat.

Wie behandeln Sie Entzündungen?

Eder:

Grundsätzlich gilt die Frage: Warum entzündet sich das Gelenk? Was stimmt nicht bei der Biomechanik? Wir arbeiten gerne mit Reizstrom, weil das Bindegewebe unterschiedliche Ladungen hat. Gut wirken auch Hydrotherapie, Salbenverbände und Ausdauertraining, Fahrradfahren oder Aqua-Jogging und Eis. Ausdauerlauf in moderatem Tempo bringt die Körperflüssigkeit wieder in Wallung und verbessert deren Zusammensetzung. Schnell geht es den Athleten daraufhin besser.