Hannover. Nach einer schwierigen Wahl bilden Alexander Gauland und Jörg Meuthen die neue Doppelspitze. 6000 Menschen protestierten gegen die AfD.

Am Ende musste es dann Alexander Gauland machen: Nur unter großen Schwierigkeiten konnte sich die AfD am Sonnabend bei ihrem Parteitag in Hannover auf ein neues Führungsgespann einigen. Jörg Meuthen wurde als Sprecher wiedergewählt. An seiner Seite an der Spitze der Partei steht jetzt Gauland, der bereits Co-Fraktionsvorsitzender im Bundestag ist.

Doch während draußen etwa 6000 Gegner der Partei die Straßen rund um das Kongresszentrum blockierten und die Polizei mit Wasserwerfern gegen die Demonstranten vorging, herrschte drinnen zunächst unerwartete Einigkeit.

Mahnung an die Amtsträger

Schon am Nachmittag hatten sich die rund 550 Delegierten darauf geeinigt, wie bisher von zwei Sprechern geführt zu werden. Meuthens Wiederwahl kam denn auch wenig überraschend – Matthias Vogler, der einzige andere Bewerber, nutzte die Plattform der Kandidatur nur für eine Mahnung an die Amtsträger, die Basis nicht zu vergessen und zog noch am Ende seiner Rede zurück.

Um den Platz, den Frauke Petry mit ihrem Weggang als Sprecherin geräumt hatte, konkurrierten zunächst der Berliner Landeschef Georg Pazderski und Doris von Sayn-Wittgenstein, Vorsitzende der Partei in Schleswig-Holstein.

Pazderski, der innerhalb der Partei dem moderaten Lager zuzurechnen ist, hatte bereits am Dienstag seine Kandidatur angekündigt. Mittel- bis langfristig, sagte er in seinem Bewerbungsvideo, müsse die AfD ein Faktor in der Politik werden, „an dem kein Weg mehr vorbeiführt“.

Zwei Kandidaten, zwei Visionen

Ein rotes Tuch für den rechtsnationalen Flügel der Partei um den umstrittenen Landeschef von Thüringen, Björn Höcke. Sayn-Wittgenstein kann als Kandidatin dieser Strömung der Partei gelten: Sie sagte, sie wolle „nicht, dass wir in dieser Gesellschaft ankommen“.

Zwei Kandidaten, zwei Visionen für die Zukunft der Partei – zwei erfolglose Wahlgänge. Nach zwei Versuchen war klar, dass weder Pazderski noch Sayn-Wittgenstein eine Mehrheit bekommen würden.

„Es ist eine Situation eingetreten, die für die Partei, ich will nicht sagen lebensgefährlich, aber zumindest gefährlich war“, beschreibt Gauland den Moment. „Von daher habe ich mich in die Pflicht nehmen lassen.“

Der einzige Kandidat: Alexander Gauland

Er löste das Dilemma, das durch zwei erfolglose Wahlgänge entstanden war: Alexander Gauland nach seiner Wahl zu einem der beiden Bundesvorsitzenden.
Er löste das Dilemma, das durch zwei erfolglose Wahlgänge entstanden war: Alexander Gauland nach seiner Wahl zu einem der beiden Bundesvorsitzenden. © dpa | Julian Stratenschulte

In den Tagen vor dem Parteitag hatte es Berichte gegeben, dass Gauland, der dem Flügel um Höcke nahe steht, eine Kandidatur erwäge.

Der 76-Jährige hatte sich eine Bewerbung lange offengehalten, am Sonnabendnachmittag allerdings noch angegeben, nicht antreten zu wollen. Nach einer Pause wurde am Abend erneut gewählt. Der einzige Kandidat auf der Liste: Alexander Gauland.

Konflikte nicht auf offener Bühne

Dass selbst Gauland, der in der Partei als große Integrationsfigur gilt, nur von rund 68 Prozent der Delegierten gewählt wurde, zeigt, wie tief die Gräben in der Partei dennoch sind. Man wolle sich um einen integrativen Kurs bemühen, erklärte Meuthen nach der Wahl.

Eigentlich, das war am Samstag in Hannover früh zu erkennen, hatte sich die Partei dieses Mal alle Mühe geben wollen, Konflikte nicht mehr auf offener Bühne auszutragen.

Richtungsgefechte haben Tradition in der AfD

Meuthen hatte schon in seiner Eröffnungsrede einen vergleichsweise ruhigen Parteitag angekündigt: Man möge bitte keinen „Showdown“ erwarten wie auf dem Parteitag in Essen 2015, erklärte er. „Sinnvollen und geordneten Wettbewerb“ werde es um die Position der Sprecher geben.

Bei Protesten am Rande des AfD-Parteitags setzte die Polizei auch einen Wasserwerfer ein.
Bei Protesten am Rande des AfD-Parteitags setzte die Polizei auch einen Wasserwerfer ein. © Getty Images | Alexander Koerner

Auf Parteitagen ausgetragene Richtungsgefechte haben Tradition in der jungen Partei. Dabei geht die AfD häufig unsanft mit ihrem Führungspersonal um: Parteigründer Bernd Lucke wurde 2015 in Essen von den Delegierten geschasst.

Die damals zur Sprecherin gewählt Frauke Petry erlitt zwei Jahre später ein ähnliches Schicksal: Ihr „Zukunftsantrag“, mit dem sie die Partei auf einen gemäßigteren Kurs bringen und mittelfristig koalitionsfähig machen wollte, wurde nicht einmal diskutiert.

Pazderski scheiterte mit dem Versuch, den Kurs zu drehen

Die Frage, in welche Richtung die Partei in Zukunft will, wurde bei der AfD auch dieses Mal mit „nach rechts“ beantwortet. Georg Pazderski scheiterte mit dem Versuch, den Kurs der Partei zu drehen.

Am Sonnabendabend wurde der Berliner zu einem der stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Auch die Bundestagsabgeordneten Kay Gottschalk und Albrecht Glaser konnten sich bei der Besetzung der drei Stellvertreterposten durchsetzen. Gottschalk stand mit dem Arm in einer ASchlinge auf dem Rednerpult, nachdem er nach seinen Worten am Morgen vor der Halle attackiert worden war. Die Polizei ermittelt gegen sieben Personen.