Berlin. Die Kanzlerin erhält Rückendeckung aus der CDU. Bei Facebook gibt es nun eine Unterstützergruppe. Doch der Zulauf hält sich in Grenzen.

„Stand von eben: 253 Unterschriften!“, meldete Regina Görner am Donnerstagmorgen. So viele Unterschriften verzeichnet inzwischen der Brief an die Bundeskanzlerin, den die Vize-Chefin des CDU-Sozialflügels CDA am 10. Oktober ins Internet stellte.

Das Papier soll Angela Merkel in ihrer Flüchtlingspolitik den Rücken stärken. Darin heißt es: „,Wir schaffen das‘- dieser Satz macht uns Mut bei unserer Arbeit vor Ort. Gleichzeitig wollen wir Sie ermutigen bei Ihrer Position zu bleiben, wenn Ihnen aus politisch-taktischen Gründen suggeriert wird, einen radikalen Kurswechsel vorzunehmen und Deutschland zu einem Bollwerk gegen Flüchtlinge zu machen.“ Stacheldraht sei keine Lösung für Menschen, die in größter Not ihr Land verlassen hätten.

„Angela Merkel hat völlig Recht“

Regina Görner, Initiatorin der Facebook-Aktion, ist Mitglied im CDU-Bundesvorstand. Sie war einmal Arbeitsministerin im Saarland und saß im Vorstand der IG-Metall. Die 65-Jährige ist gut vernetzt, und sie weiß, wie man Bündnisse schmiedet. Als in den letzten Wochen der Druck auf die Kanzlerin und ihre Haltung in der Flüchtlingspolitik immer mehr zunahm, handelte Görner und gründete ihre Unterstützungsgruppe auf Facebook: „Es gibt in der Union eine breite Strömung, die sagt: Angela Merkel hat völlig Recht. Wir wollen das schaffen und wir werden das auch schaffen.“

"Wir schaffen das": Mit einem Bild von Wanderern als Erkennungszeichen will die Gruppe Unterstützung für Merkels Flüchtlingspolitik zeigen © BM | Facebook

Mehr als 250 Personen also sahen das bislang genauso wie Regina Görner, die sich optimistisch zeigt, bald die 500er-Grenze der Unterzeichner zu knacken. „Das schaffen wir auch noch“, schreibt sie auf Facebook. Allerdings: Bei rund 75.000 CDU-Mandatsträgern bundesweit ist das noch keine machtvolle Bewegung – zumal sich unter die Unterzeichner auch Nicht-CDU-Mitglieder mischen. Und sie alle sehen mit Sorge, wie auch innerhalb der Union die Kritik an Merkels Kurs immer lauter wird. So etwa am Mittwochabend beim Regionalkongress der CDU im sächsischen Schkeuditz, wo die die Parteichefin scharf attackiert wurde. Mitglieder ostdeutscher CDU-Landesverbände warfen Merkel Versagen vor und warnten vor einer „nationalen Katastrophe“, sollte der Zuzug von Flüchtlingen nicht gestoppt werden.

„CDU ist eine Gastgeberpartei“

Diejenigen, die dagegen Görner und ihrer Initiative den Rücken stärken, tun dies aus zum Teil unterschiedlichen Motiven. „Ich unterstütze den Brief aus meiner christlichen Überzeugung“, schreibt etwa Carsten Saß, Mitglied des CDU-Kreisvorstandes Dahme-Spreewald. „Als Parteivorsitzender der CDU Eitorf stehe ich voll und ganz hinter dieser Initiative“, so Andreas Finke. „Eine Partei auf der Grundlage christlicher Tradition und Werte kann nicht anders als eine Gastgeberpartei sein.“ Martin Spittler, CDU-Kreisgeschäftsführer im Ennepe-Ruhr-Kreis („CDU Mitglied seit 38 Jahren und gerade jetzt stolz darauf“) ist ebenso mit dabei wie Oliver Helmut Runge, Student und Kreisvorsitzender Junge Union in Berlin-Pankow, Peter Renzel vom CDU-Vorstand in Essen-Heisingen, der Hamburger Rentner Rolf-Rüdiger Forst, Ex-Mitglied der Hamburger Bürgerschaft und Cemile Giousouf Integrationsbeauftragte der Unionsfraktion im Bundestag. Sie findet, Görners Facebook-Gruppe sei eine „tolle Initiative“.

Auch die Zahl der Kritiker wächst

Doch auch die Merkel-Kritiker machen mobil. So haben bislang 126 meist lokale CDU-Funktionäre einen offenen Brief an die CDU-Chefin unterzeichnet. Darin fordern sie angesichts des anhaltenden Flüchtlingsstroms die Schließung der Grenze. Der offene Brief war vorige Woche von zunächst 34 Unterzeichnern verschickt worden. In dem Schreiben hatten CDU-Kreischefs, Bürgermeister und Landtagsabgeordnete bemängelt, die „Politik der offenen Grenzen“ widerspreche dem europäischen und dem deutschen Recht und stehen nicht „im Einklang mit dem Programm der CDU „. In dem Papier wird auch der „ungesteuerte Zustrom von täglich mehreren Tausend Flüchtlingen“ beklagt.