Berlin. Nach dem Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Sachsen-Anhalt debattieren Politiker: Ist Tröglitz ein ostdeutsches oder bundesweites Problem?

Nach dem Brandanschlag auf ein geplantes Flüchtlingsheim in Tröglitz in Sachsen-Anhalt streitet die Politik darüber, ob die Drohungen gegen Politiker ein speziell ostdeutsches Problem sind. Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), schloss sich am Dienstag der Einschätzung von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) an, der in der Tageszeitung „Welt“ erklärte, Tröglitz sei ein bundesweites Problem.

Özoguz forderte mehr Aufklärung bei der Aufnahme von Flüchtlingen sowie mehr zivilgesellschaftliches Engagement. „Es gibt die merkwürdigsten Vorstellungen darüber, wie viele Menschen tatsächlich bei uns sind“, sagte sie im ARD-„Morgenmagazin“. „Alle müssen Bescheid wissen, die Zahlen müssen viel häufiger auf den Tisch.“ Ein Einwanderungsgesetz wäre gerade jetzt hilfreich. Es sei Aufgabe der Politik, „denjenigen, die falsche Dinge über diese Menschen erzählen, entgegenzutreten und deutlich zu machen: Was sind das für Menschen ..., wo kommen die her und wie helfen wir?“ Gleichzeitig plädierte Özoguz für einen besseren Schutz von Menschen, die sich für Flüchtlinge einsetzen.

„Tröglitz ist überall“

Haseloff hatte der „Welt“ gesagt, auch in anderen Bundesländern habe es zuletzt Proteste und derartige Anschläge auf geplante Flüchtlingsunterkünfte gegeben. „Die Zahl der Übergriffe steigt im gesamten Bundesgebiet deutlich an“, sagte Haseloff und fügte hinzu: „Tröglitz ist überall.“

Dagegen erklärte der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach, die Vorkommnisse in Tröglitz seien kein gesamtdeutsches Problem. Haseloff habe aber recht, wenn er von einer Herausforderung für die gesamte Gesellschaft spreche. Diese müsse sich gegen diejenigen stellen, die gegen Flüchtlinge hetzten. Es gelte, ein Klima zu schaffen, in dem die Täter keine Chance hätten. Zugleich betonte der CDU-Politiker, es gebe bundesweit in der Bevölkerung viel Empathie und aktive Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge.

Tröglitz hält an Flüchtlingsplänen fest

Unterdessen hält Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) an dem Plan fest, in Tröglitz Flüchtlinge unterzubringen. „Ich denke, dass wir gar keine andere Entscheidung treffen können“, sagte Stahlknecht am Dienstag im „Morgenmagazin“. Andernfalls „hätten diejenigen obsiegt, die an diesen Verbrechen beteiligt waren“. Nun auf eine Flüchtlingsunterbringung in Tröglitz zu verzichten, „wäre eine Kapitulation des Rechtsstaats“.

Stahlknecht kündigte für den frühen Nachmittag ein Treffen mit dem örtlichen Landrat an. Dabei solle es auch um die Frage gehen, ob nach dem Brand in der Asylbewerberunterkunft die Unterbringung einiger Flüchtlinge in privatem Wohnraum möglich sei. Die Flüchtlinge würden dort dann entsprechend von der Polizei geschützt.

In der Nacht zum Sonnabend war offenbar vorsätzlich ein Feuer in einem weitgehend leer stehenden Gebäude gelegt worden, in dem ab Mai 40 Asylbewerber untergebracht werden sollten. Bei dem Brand in dem Ort in Sachsen-Anhalt wurde unter anderem der gesamte Dachstuhl beschädigt. Zum Stand der Ermittlungen wollte sich Stahlknecht nicht äußern. Zur Frage, ob die Tat einen rechtsextremen Hintergrund habe, sagte er: „Die Vermutung drängt sich auf.“

(kna/dpa/HA)