Und sie dann von den gesetzlichen Kassen erstattet bekommen. Das Prinzip aus der privaten Krankenversicherung brächte aber Nachteile.

Berlin/Hamburg. Mit der Gesundheitsreform sollen gesetzlich Versicherte stärker belastet werden. Nun plant Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP), dass mehr Kassenpatienten wie bei Privatversicherungen beim Arzt freiwillig Vorkasse leisten. Später könnten sie sich dann das Geld von ihrer Krankenkasse erstatten lassen. Das kündigte Rösler im in der „Financial Times Deutschland“ an. Die Ärzte begrüßen die Idee, die gesetzlichen Kassen warnten vor einer Umsetzung der Pläne.

„Wer schwarz auf weiß sieht, was die Behandlung kostet, geht wahrscheinlich bewusster damit um. Man überlegt sich: Ist jeder Arztbesuch sinnhaft?“, sagte der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Roland Stahl zu abendblatt.de. Diese Pläne ließen sich nicht „von heute auf morgen“ durchsetzen. Außerdem dürfe kein Patient mit den Rechnungen überfordert werden. Die Versicherten müssten mit den Kassen klären, welche Behandlung übernommen werde. Und es müsse eine neue Gebührenordnung für die Praxisärzte geben.

„Vorkasse heißt, dass den Ärzten den direkten Griff in die Portemonnaies ihrer Patienten ermöglicht wird. Das lehnen wir ab“, sagte Florian Lanz, Sprecher des Kassen-Spitzenverbandes, der Nachrichtenagentur dpa. „Das Sachleistungsprinzip ist ein Eckpfeiler der sozialen Krankenversicherung. Wenn kranke Menschen zum Arzt gehen, dann sollen sie sich nicht erst fragen müssen, ob ihr Geld reicht, um in Vorkasse gehen zu können.“ Heute bekommen die Patienten beim Arzt in der Regel nichts von den Kosten mit. Dennoch kann jeder eine Patientenquittung verlangen. Darin sind die Untersuchngen und Behandlungen aufgeführt.

Zudem forderte Rösler gesetzliche und private Kassen zu mehr Zusammenarbeit auf. „Wo sich die Menschen versichern, bei welchem Unternehmen, mit welcher Rechtsform und zu welchen Konditionen, sollte auf lange Sicht Sache des Versicherten sein, der selbst weiß, was die beste Wahl für ihn ist.“ Dieses Ziel sei aber nicht einmal unter Schwarz-Gelb in dieser Legislaturperiode umsetzbar.

Ziel bleibe für ihn das FDP-Modell aus dem Wahlkampf 2009. Rösler: „Die reine Lehre der FDP sieht so aus, dass wir die heutige Versicherungspflicht abschaffen und jeden Menschen verpflichten, sich zu einem Basisschutz bei egal welchem Versicherungsunternehmen zu versichern.“

Die gesetzlichen Kassen warfen Rösler vor, die Privatkassen bereits mit den jetzt beschlossenen Änderungen über Gebühr zu stärken. „Besserverdienende sollen schneller wechseln können, von den Ergebnissen der Arzneimittel-Preisverhandlungen der gesetzlichen Kassen sollen auch die privaten Versicherungen profitieren“, monierte Verbandssprecher Lanz. Nun sollten auch noch die Zusatzversicherungen der gesetzlichen Kassen etwa für Chefarztbehandlung eingeschränkt werden. „Das klingt alles sehr nach einem staatlichen Förderprogramm für die private Krankenversicherung als Nischenanbieter.“