Junge Flüchtlinge sollen einen sicheren Aufenthaltsstatus garantiert bekommen, solange sie in der Ausbildung sind

München. Vor ihrer traditionellen Winterklausur in Wildbad Kreuth schlägt die CSU überraschend milde Töne an. Während im vergangenen Jahr mit der plakativen Forderung „Wer betrügt, der fliegt“ vor einem vermeintlichen Missbrauch der Sozialsysteme durch EU-Zuwanderer gewarnt wurde, macht die CSU nun Integrationsangebote an junge Flüchtlinge. In einem bildungspolitischen Papier für die Klausurtagung fordert die CSU, das Aufenthaltsrecht auszuweiten: „Gut integrierten unbegleiteten Jugendlichen muss die Möglichkeit gegeben werden, eine in Deutschland begonnene Ausbildung auch abzuschließen“, heißt es in dem Entwurf.

Die CSU will damit den jungen Flüchtlingen einen sicheren Aufenthaltsstatus garantieren, solange sie in der Ausbildung sind. „Wir setzen uns dafür ein, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die sich in Deutschland weiterbilden und beruflich qualifizieren wollen, der Weg zu einem Schulabschluss und einer dualen Ausbildung offensteht.“ Während sich die Debatte über die Flüchtlings- und Integrationspolitik auch wegen der Pegida-Proteste verschärft, will die CSU offenbar kein Öl ins Feuer gießen. Als geradezu liberal wird die Botschaft des Papiers in der Seehofer-Partei bewertet.

Die CSU nimmt damit Sorgen der Wirtschaft auf. Gerade im Freistaat ist der Mangel an Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt bereits gravierend. „Wenn wir Wirtschaftskraft und Wohlstand bewahren wollen, können wir auf keinen Schulabgänger verzichten.“ Deshalb werde sich die CSU dafür einsetzen, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die sich in Deutschland weiterbilden und beruflich qualifizieren wollen, der Weg zu einem Schulabschluss und einer dualen Ausbildung offenstehe. Es sollen auch Jugendlichen mit Migrationshintergrund Angebote gemacht werden, „die bislang nur selten eine Ausbildung aufnehmen, vor allem Frauen aus dieser Gruppe“. Allerdings müssten auch die Betriebsinhaber mit Migrationshintergrund intensiver angesprochen werden, mehr Fachkräfte über das Berufsbildungssystem zu gewinnen.

Erst vor wenigen Tagen hatte der Präsident des Zentralverbands des deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer, ein begrenztes Bleiberecht für ausbildungswillige junge Flüchtlinge verlangt. Unter ihnen seien viele mit guter Schulbildung und praktischem Geschick, und viele Betriebe könnten schon jetzt Lehrlingsplätze nicht besetzen und würden gern Flüchtlinge ausbilden, sagte Wollseifer. Der Handwerkspräsident ist neben Margarete Suckale, Vorsitzende des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie, Gast bei der dreitägigen CSU-Tagung, die am 7. Januar beginnt.

Bayern hat auch einheitliche Regeln für die Flüchtlings- und Asylpolitik in Europa gefordert. Die Asylbewerber müssten entsprechend der Wirtschaftskraft der einzelnen EU-Länder verteilt werden, sagte Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) der Deutschen Presse-Agentur. In den Schengen-Staaten mit ihren gemeinsamen Außengrenzkontrollen funktionierten die vereinbarten Zuständigkeiten für Flüchtlinge nicht gut genug. „Wenn Europa Subventionen vergibt, dann halten 28 Länder die Hand auf. Wenn es aber darum geht, die Flüchtlinge zu verteilen, dann nehmen fünf Länder über 70 Prozent der Flüchtlinge auf. Und 29 Prozent der Menschen kommen nach Deutschland“, sagte Huber.

Angesichts der Krisenherde in Nordafrika oder im Orient hätten viele Deutsche viel Verständnis für das Leid der Menschen, sagte Huber. „Das Herz der Menschen ist hier noch offener, als es vor 20 Jahren war.“ Auch mit Blick auf Demonstrationen des Anti-Islam-Bündnisses Pegida mahnte er, diese Bereitschaft nicht aufs Spiel zu setzen. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) lobte in seiner Neujahrsansprache den Einsatz der Kommunen, Kirchen, Sozialverbänden und Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe: „Solidarität mit unseren Mitmenschen, füreinander einstehen – das macht Bayern aus!“

Wenn sich die CSU im Januar in Wildbad Kreuth trifft, wird neben der Bildungspolitik auch die Außen- und Sicherheitspolitik eine große Rolle spielen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wird mit der CSU diskutieren.

Auf der Basis eines Leitantrags, der auf dem Parteitag im Dezember in Nürnberg verabschiedet wurde, will sich die CSU als „Partei der Bundeswehr“ profilieren. Dazu gehört die Forderung nach einer Aufstockung des Verteidigungsetats. Zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ist das Ziel. Außerdem müsse das Management im Bundesverteidigungsministerium verbessert werden.

Auf Betreiben von CSU-Verteidigungsexperte Florian Hahn hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Herbst zugesagt, ein Bundeswehr-Weißbuch zu erstellen, als Grundlage, so Hahn, „für die Definition technologischer Schlüsseltechnologien und die richtige Balance zwischen Landesverteidigung und Auslandseinsätzen“. Die CSU wird in Kreuth aller Voraussicht nach wieder demonstrativ die Russland-Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützen. Dazu gehört auch das Festhalten an Sanktionen.

Trotz oder gerade wegen der jüngsten Kritik von Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich an der Kanzlerin ist die CSU nicht an einem Konflikt mit der Schwesterpartei interessiert – auch wenn die Klausur in den bayerischen Bergen nur deswegen so große Beachtung findet, weil 1976 in Kreuth die zeitweise Trennung der CSU von der CDU verkündet wurde.