Mit einer letzten Änderungen erschwert der Bundesverkehrsminister eine Befreiung von der umstrittenen Gebühr. Das Kabinett wird das Gesetz heute beschließen.

Berlin. Außerhalb der CSU hat dies zu Anfang des Jahres kaum jemand vermutet. Aber jetzt, im Dezember, ist es tatsächlich dazu gekommen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat es geschafft, dass das Bundeskabinett am heutigen Mittwoch eine Pkw-Maut beschließt, die real nur die Halter von im Ausland zugelassenen Autos belastet. Einwände hat es genug gegeben. Entsprechend oft musste Dobrindt ändern und umformulieren. Doch jetzt haben alle anderen Bundesminister ihre Häkchen an seine Pläne gemacht, das Kabinett beschließt. Aber kurz vorher musste Dobrindt noch einmal einige Änderungen vornehmen.

So hat er es auf den letzten Metern sehr viel schwieriger gemacht, keine Pkw-Maut zu zahlen. Theoretisch zwar geht das. Denn Dobrindt will die sogenannte Infrastrukturabgabe ab 2016 nur für die Nutzung von Autobahnen und Bundesstraßen erheben. Wer ausschließlich Landstraßen und dörfliche Wege benutzen würde, wäre von der Gebühr befreit. Aber das Sparen wird kompliziert. Zunächst müsste jeder Halter eines im Inland zugelassenen Kfz die Vignette erstehen, die je nach Schadstoffklasse zwischen 21,60 Euro für einen kleinen Benziner neuester Bauart und 130 Euro für einen großen alten Diesel pro Jahr kosten würde. Erst nach Ablauf des Jahres dann müsste man die Mautbefreiung beantragen und dabei nachweisen, dass man im gesamten Zeitraum keine Bundesfernstraße benutzt hat. Zu führen hätte man den Nachweis dadurch, dass man ein lückenlos ausgefülltes Fahrtenbuch vorlegt. In Dobrindts Ministerium glaubt man nicht, dass Bürger angesichts solcher Herausforderungen in nennenswerter Zahl eine Mautbefreiung beantragen werden.

Datenerfassung auch noch geändert

Allerdings hat das Ministerium als oberste Maut-Behörde selbst keine Möglichkeit, Mautprellern auf die Spur zu können. Denn ebenfalls zum Schluss noch geändert hat Dobrindt die Vorschriften zur Datenerfassung. Die soll elektronisch laufen. Wer die Infrastrukturabgabe bezahlt hat, wird mit dem Kfz-Kennzeichen in der Datenbank gespeichert. Auf Autobahnen dann soll stichprobenartig durch mobile Geräte überprüft werden, ob die dort jeweils gesichteten Kennzeichnen in der Datenbank vorhanden sind. Doch sobald die Datenbank-Speicherung bestätigt wurde, wird die Erfassung durch die mobilen Kontrollgeräte sofort wieder gelöscht. Die Behörden können nicht nachweisen, dass jemand doch mal die Autobahn benutzt hat, obwohl er behauptet, bloß auf Landstraßen gefahren zu sein. Eine längere Speicherung erfasster Kennzeichen soll es nur geben, wenn ein Auto gesichtet wurde, das gar nicht in der Datenbank gespeichert ist, also unterwegs ist, ohne dass der Halter vorher die Maut bezahlt hätte. Dies kann es nicht bei Inländern geben, da die ja alle vorweg zahlen müssen.

Nur Halter von im Ausland gemeldeten Kfz, die erst bei der Einfahrt nach Deutschland angemeldet werden müssen, könnten unter Umständen dem Überwachungssystem als Nichtzahler auffallen. Da wird die Erfassung so lange gespeichert, bis das Bußgeldverfahren abgeschlossen ist. Geplant als Bußgeld sind der Preis für eine Jahresvignette sowie eine erhöhte Gebühr, die bei etwa 100 Euro liegen dürfte.

Paket besteht aus zwei Gesetzen

Geändert wurde das Gesetzespaket noch in einem weiteren Punkt. Um ein Paket handelt es sich deshalb, weil die Maut aus zwei Gesetzen besteht. Nämlich erstens aus Dobrindts Gesetz zur Infrastrukturabgabe, wo die Höhe der Mautsätze und die Überwachung geregelt wird. Das zweite kommt von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und legt fest, wie die Sätze der Kfz-Steuer gesenkt werden, damit kein deutscher Autofahrer durch die neuen Mautkosten unterm Strich belastet wird. In diesem zweiten Gesetzentwurf nun standen bisher direkte Verweise auf das Dobrindt-Gesetz. Und zwar dergestalt, dass die Änderung der Steuersätze analog zu den Mautsätzen vorgenommen werde. Das aber konnte den Verdacht der EU-Kommission nähren, dass die Senkung der Kfz-Steuersätze nur dazu diene, um die Deutschen schadlos zu halten– sodass hier eine europarechtswidrige Diskriminierung von Ausländern vorliegen könnte. Nun sind alle Verweise zwischen den beiden Gesetzen getilgt worden.

Ebenfalls gestrichen wurde im Schäuble-Gesetzentwurf ein Satz, der vor einigen Wochen für große Aufregung sorgte. Er besagte, „dass künftige Änderungen der Infrastrukturabgabe ohne Auswirkungen auf die Kraftfahrzeugsteuer bleiben“. Das ließ sich so interpretieren, als gehe Schäuble davon aus, dass irgendwann mal die Mautsätze erhöht würden und es dann keine weitere Absenkung der Kfz-Steuer mehr gäbe. Die deutschen Autofahrer würden dann doch zusätzlich belastet. Nun fehlt auch dieser Satz und damit der explizite Verweis auf die Möglichkeit eines künftigen Nicht-Ausgleichs von eventuellen Mautsteigerungen.

Doch so beruhigend das auf deutsche Autofahrer zunächst wirken mag – faktisch ist dies keine Entwarnung. Ja, die strikte Trennung zwischen den beiden Gesetzen, die nun vorgenommen wurde, verstärkt sogar den Eindruck, dass Maut und Kfz-Steuer autonom nebeneinander her laufen. Mithin gibt es keinerlei Versicherung, dass etwa in der kommenden Legislaturperiode die Steuer oder die Abgabe erhöht werden, ohne dass es einen Ausgleich auf der anderen Seite gäbe. Zwar hat Dobrindt bereits versichert, dass es mit ihm garantiert keine Mauterhöhung geben werde. Aber es kann ja mal einen anderen Verkehrsminister geben. Oder einen Finanzminister, der die Kfz-Steuer erhöhen will. Die Balance zwischen beiden Bereichen gilt mithin nur bis 2017.