Nach Streit zwischen Henkel und Gauland mahnt Parteivize Petry zur Rückkehr zur Sachebene

Berlin. Es ist eine Zäsur, wenn das eine AfD-Vorstandsmitglied die Parteimitgliedschaft des anderen infrage stellt. In den vergangenen Tagen waren die beiden stellvertretenden Vorsitzenden Alexander Gauland und Hans Olaf Henkel in einen so heftigen Streit geraten, dass dieser schließlich in dem Satz gipfelte: „Henkel muss sich fragen, ob er noch zur AfD gehören will.“ Damit war der Bruch zwischen beiden offenkundig. Nun bemüht sich die Partei, diesen wieder zu kitten, bevor die Parteispitze am Freitag zur Klausur nach Regensburg fährt.

Gauland hatte mit seinem Satz auf die teils heftige Kritik reagiert, die Henkel in jüngster Zeit an der Partei geübt hatte. Henkel hatte über „Unvernünftige, Unanständige und Intolerante“ in der AfD geklagt und Mitglieder als „Ideologen, Goldgräber und Karrieristen“ sowie „Russlandversteher“ bezeichnet. Gauland ist der Vater jener russlandfreundlichen AfD-Außenpolitik, bei der sich Henkel die Haare sträuben. Wer sich für seine Partei schäme, gehöre nicht mehr dazu, ließ er Henkel wissen.

Seither bemühen er und Lucke sich um Schadensbegrenzung. „Herr Gauland hat recht, wenn er sagt: ‚Jemand, der sich für seine Partei schämt, sollte sich dort nicht mehr aufhalten‘“, sagte Henkel und fügte hinzu: „Ich schäme mich nicht für die Partei. Das habe ich so auch nie gesagt. Ich schäme mich für einzelne Mitglieder.“

Lucke gab intern deutlich zu verstehen, dass die Partei es sich nicht leisten könne, auf einen der beiden zu verzichten. Parteivize Frauke Petry suchte Henkels Kritik auch damit zu erklären, dass dieser anfangs ein falsches Bild von der Partei gehabt habe. „Herr Henkel hat wohl einen Irrtum erkannt“, sagt Petry. „Wir haben zwar viele Akademiker in der Partei, aber sind in der Gesamtheit ein Abbild der Gesellschaft in ihrer ganzen Breite.“ Das sei Henkel wohl erst bei seinen Wahlkampfauftritten in diesem Jahr richtig bewusst geworden. „Das war für den früheren Manager wohl etwas gewöhnungsbedürftig, dass eine Partei anders zu führen ist als ein Unternehmen“, sagt Petry und fügt hinzu: „Wir müssen die Leute annehmen, so unterschiedlich sie sind.“

Gauland und Henkel sind so etwas wie die beiden Pole der AfD. Gauland repräsentiert die nationalkonservativen Anhänger der Partei, Henkel die liberalen Mitglieder. Als die AfD gegründet wurde, wandten sich nicht wenige von der FDP enttäuschte Liberale der AfD zu. Doch durch den gleichzeitigen Zustrom ehemaliger CDU-Wähler und vieler Konservativer aus dem Lager der Nichtwähler, waren die Liberalen in der Partei schon bald zahlenmäßig unterlegen. Ihre Mehrheit prägte sehr schnell den innerparteilichen Diskurs.

„Er möchte auf keinen Fall etwas mit Herrn Putin zu tun haben, er will auf jeden Fall das Freihandelsabkommen mit den USA“, sagt Gauland über Henkel. Gauland hingegen wirbt um Verständnis für das „Einsammeln russischer Erde“, etwa auf der Krim. Das sei deutsche Interessenpolitik, sagt er. Henkel ist strikt dagegen und befürwortet stattdessen Sanktionen gegen Russland und unterstützt die Maßnahmen der Nato, die Gauland wiederum ablehnt. Henkel ist überzeugter Transatlantiker, Gauland jedoch wünscht sich auch in der Zusammenarbeit mit den USA mehr deutsche Eigenständigkeit.

Unübersehbar steht die Auseinandersetzung zwischen den beiden stellvertretend für die Suche der jungen Partei nach ihrem Selbstverständnis. Ein Programm, das Identität schafft, fehlt noch immer. Darüber will der Vorstand am Wochenende in Regensburg beraten.