Große Koalition in Berlin einigt sich auf neues Gesetzespaket. Wo in der Hansestadt die Erhöhungen beschränkt werden, ist umstritten

Hamburg. Nachdem sich die Große Koalition in Berlin am Dienstag auf eine deutliche Einschränkung von Mieterhöhungen geeinigt hat, erreicht das Thema „Mietpreisbremse“ jetzt den Hamburger Bürgerschaftswahlkampf. Die SPD will sie für ganz Hamburg einführen. „Wir werden in Kürze für Hamburg eine entsprechende Gesetzesvorlage einbringen“, kündigte SPD-Stadtentwicklungsexperte Dirk Kienscherf an. Nur für die gesamte Stadt mache eine Mietpreisbremse Sinn, ansonsten würde man sich „verzetteln“.

Die CDU hingegen warnt davor und will die neue Regelung bei Neuvermietung lediglich auf besonders begehrte Innenstadtlagen wie Ottensen oder Eimsbüttel beschränken. „Nur dort gibt es den Druck auf den Wohnungsmarkt“, sagt der baupolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion Hans-Detlef Roock. Alles andere würde Wohnungsbauinvestoren vom notwendigen Neubau abschrecken. Die Grünen in Hamburg bezeichneten die Einigung hingegen als „Enttäuschung“, weil Ausnahmen weiter drastische Erhöhungen zuließen, wie der Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Olaf Duge sagt. Gleichwohl plädiere seine Partei „in der Tendenz“ ebenfalls für eine Anwendung auf ganz Hamburg

Die neue Bürgerschaft in Hamburg soll im Februar 2015 gewählt werden. Im ersten Halbjahr 2015 soll auch die Mietpreisbremse in Kraft treten. Darauf hat sich am Dienstag Justiz- und Verbraucherminister Heiko Maas (SPD) mit den Spitzen der Koalitionsfraktionen der Bundesregierung geeinigt. Offiziell heißt die Mietpreisbremse Mietrechtsnovellierungsgesetz. Danach darf bei einem Mieterwechsel die neue Miete in besonders ausgewählten Gebieten künftig maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Miete liegen, die in der Regel in den Mietenspiegeln der Kommunen festgelegt ist. Bei bestehenden Mietverträgen gibt es in Hamburg bereits für Erhöhungen eine Kappungsgrenze von 15 Prozent innerhalb von drei Jahren.

Welche Gebiete von der zusätzlichen Regulierung bei Neuvermietungen erfasst werden sollen, können die Landesregierungen selbst festlegen. Die Festlegung soll jedoch auf einen Zeitraum von fünf Jahren begrenzt werden. Ausgenommen von der neuen Regelung sind generell Neubauten und Neuvermietungen nach umfangreichen Modernisierungen. Die SPD hatte ursprünglich gefordert, dass diese Ausnahme für Neubauten nur bei der ersten Vermietung gilt. Die jetzt getroffene Regelung gilt als Kompromiss. Neu im Mietrecht wurde auch die Bezahlung von Maklern geregelt. Die soll künftig nicht mehr automatisch vom Mieter, sondern vom eigentlichen Auftraggeber getragen werden. Es gilt also das Bestellerprinzip.

Die Forderung nach einer Mietpreisbremse war bereits eine Wahlkampfaussage der Bundes-SPD, die maßgeblich von den Hamburger Genossen initiiert worden war. „Die Mietpreisbremse ist wichtig für Hamburg, Wohnen muss auch für Normalverdiener bezahlbar sein“, sagt SPD-Politiker Kienscherf. Es gehe darum, drastische Preissprünge bei Wiedervermietungen zu verhindern. Der immer noch angespannte Wohnungsmarkt erlaube es Vermietern aktuell, fast jeden Preis zu verlangen. „Preissprünge von bis zu 50 Prozent sind keine Seltenheit – und zwar unabhängig davon, ob Sanierungsmaßnahmen durchgeführt wurden oder nicht“, sagt Kienscherf. Die Ausnahme für Neubauten sei akzeptabel. Investitionen in den Wohnungsbau, wie vielfach befürchtet, würden so nicht gehemmt.

Auch der SPD-Fraktionschef im Bundestag, Thomas Oppermann, verteidigt den Kompromiss: „Der effektivste Mieterschutz ist ein ausreichendes Angebot an Wohnungen“, sagt er. CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder begrüßt den Gesetzesentwurf ebenfalls. Man habe so einen „Mittelweg“ zwischen Regulierung und Anreizen für Investoren gefunden.

Bei den Interessenverbänden von Mietern und Immobilienbranche stößt die neue Mietpreisbremse auf unterschiedliche Reaktionen. Der Mieterverein zu Hamburg begrüßt die Neuerung und fordert eine Anwendung für die gesamte Stadt. Die Ausnahme für Neubauten sei hingegen ein „marginales Problem“, sagt sein Vorsitzender Eckard Pahlke. Nach Berechnung des Mietervereins sind knapp 700.000 der 900.000 Wohnungen in Hamburg vermietet, in jeder Zehnten davon gebe es pro Jahr einen Mieterwechsel.

Scharfer Protest kommt hingegen vom Hamburger Grundeigentümerverband. Die Unterscheidung in Neubau- und Bestandswohnung verstoße gegen das Gleichheitsprinzip, sagt sein Vorsitzender Heinrich Stüven und kündigt rechtliche Schritte gegen eine Mietpreisbremse in Hamburg ein. Sie sei lediglich eine „populistische Wahnidee“ und habe nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Ein Nachfrageproblem gebe es höchstens in Szenevierteln. Im langjährigen Vergleich seien die Kaltmieten in Hamburg sogar geringer gestiegen als die Inflationsrate. Noch in den 1960er-Jahren habe ein Haushalt ein Drittel seines Nettoeinkommens für die reinen Wohnkosten ausgeben müssen. „Heute beträgt der Anteil im Durchschnitt nur noch 22 Prozent“, sagt Stüven.