Protest auf dem Rathausmarkt gegen schwierige Arbeitsbedingungen und geringe Entlohnung

Neustadt . Begleitet von lautstarken Protesten von Hebammen, Krankenhausmitarbeitern und Pflegern hat am Donnerstag in Hamburg die Gesundheitsministerkonferenz begonnen. Auf ihrer zweitägigen Konferenz wollen die Minister über den demografischen Wandel, das geplante Präventionsgesetz und einheitliche Sprachanforderungen für Mediziner aus dem Ausland beraten. Auf dem Rathausmarkt hatten schon seit dem frühen Morgen Hebammen, Mütter und sogar einige Väter damit begonnen, den Platz sowie das Rathaus mit einer etwa zwei Kilometer langen „Nabelschnur“ aus Appellen zu schmücken.

Susanne Steppat und Katharina Jeschke, im Deutschen Hebammenverband zuständig für die angestellten und freien Hebammen, forderten die Minister auf, endlich eine befriedigende Lösung für die rund 21.000 Geburtshelfer in Deutschland zu finden. Dem Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und der Gastgeberin der Konferenz, Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD), wurden Karten der 16 Bundesländer überreicht, auf denen die Hebammen die unterversorgten Gebiete markiert hatten. Im Flächenland Niedersachsen beispielsweise haben inzwischen rund 200 freie Hebammen ihre Arbeit eingestellt. Gröhe, der sich nicht dazu bewegen ließ, auf das Podium zu steigen und ein paar Worte an die Demonstrantinnen zu richten, verwies jedoch auf eine im Februar gestartete Gesetzesinitiative, die „schnell Abhilfe schaffen solle“.

Bereits vergangene Woche hatten sich Vertreterinnen des Deutschen Hebammenverbandes mit dem Gesundheitsminister getroffen. Gröhe hatte auf diesem Treffen zwar seine Unterstützung zugesagt, doch die Details einer möglichen Lösung blieben vorerst im Dunkeln. Das alles geht den Hebammen nicht schnell genug. „Wir fordern endlich vernünftige Personalschlüssel für die Kliniken, die einen 1:1-Betreuungsschlüssel für die werdenden Mütter garantieren“, sagte Susanne Steppat, „stattdessen erleben wir jetzt, dass die Kreißsäle kaputtgespart werden, weil Geburten den Krankenhäusern zu wenig Geld bringen.“ Die Folgen: Hebammen müssten durchschnittlich drei bis vier Gebärende zugleich betreuen, andererseits steige die Zahl der Kaiserschnitte derzeit sprunghaft an.

Darüber hinaus drängt der Verband auf mehr Ausbildungsplätze an den Schulen und Universitäten, damit die freien Hebammenstellen wieder besetzt werden können. „Denn viele Kolleginnen haben einfach keine Lust mehr, unter diesen Bedingungen zu arbeiten, da sie nicht das leisten können, was sie leisten wollen“, sagte Steppat.

Die Mehrheit der deutschen Hebammen arbeitet freiberuflich, wobei das Gros keine Geburten mehr betreut. Klassische Geburtshilfe leisten nach Schätzungen von Hebammen-Verbänden nur noch 3500 freiberufliche Hebammen.

„Zurzeit arbeite ich für den künftigen Mindestlohn von 8,50 Euro“, sagte die Wedeler Hebamme Cornelia Fuhr, 50, „doch ab 2016 werde ich wohl arbeitslos sein, da ich mir die Versicherungsprämie nicht leisten kann.“ Die werde im Sommer um etwa 20 Prozent auf rund 5500 Euro pro Jahr ansteigen, sagte die Geschäftsführerin des Geburtshauses Hamburg, Britta Höpermann, während eine Geburtshelferin für eine außerklinische Geburt nur rund 560 Euro erhalte.

Ohne die freien Hebammen würde Frauen jedoch die gesetzliche Wahlfreiheit genommen, den Geburtsort ihres Kindes zu bestimmen. „Werdende Mütter sollten vor allem guter Hoffnung sein“, sagte Katharina Jeschke, „sie sollten nicht hoffen , eine Hebamme zu finden.“