Schleswig-Holsteins SPD-Ministerpräsident fordert 100 Euro jährlich. Hamburger Politiker üben scharfe Kritik

Berlin/Hamburg. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hat eine Sonderabgabe für alle Autofahrer gefordert, um so die Instandhaltung der Straßen zu finanzieren. Steuern allein reichten nicht aus, um funktionierende Verkehrswege ohne Schlaglöcher sicherzustellen, sagte Albig. Die im schwarz-roten Koalitionsvertrag ausgehandelten fünf Milliarden Euro seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein. „Wir brauchen zusätzlich sieben Milliarden Euro – und zwar jedes Jahr.“ Dazu müssten alle Nutzer herangezogen werden. Albig schlug die Schaffung eines Sonderfonds „Reparatur Deutschland“ neben dem Bundeshaushalt vor – jeder Autofahrer soll demnach 100 Euro im Jahr zusätzlich zahlen. Die von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) geplante Pkw-Maut nur für Ausländer sei kaum EU-rechtskonform zu gestalten und bringe unter dem Strich nicht genug Geld.

„Wir werden diejenigen, die unsere Straßen stark belasten, deutlich stärker an den Kosten zur Sanierung unserer Infrastruktur beteiligen müssen“, sagte Albig. Nötig sei auch eine Maut für alle Lkw und alle sonstigen Schwerlastfahrzeuge. Es müsse den Bürgern allerdings versichert werden, dass jeder Cent ausschließlich für die Reparatur der Verkehrswege verwendet werde. Dabei dürfe man sich auch nicht aus Furcht vor Gegenwind im Wahlkampf abhalten lassen.

Albigs Idee stieß allerdings auf deutliche Kritik – auch in der eigenen Partei. Hamburgs SPD-Bundestagsabgeordneter Johannes Kahrs nannte den Vorstoß des Ministerpräsidenten gegenüber dem Abendblatt „abwegig“. Kahrs: „Wir haben einen großen Konsens in der SPD, die Autofahrer nicht weiter so zu belasten.“ Zudem mache es keinen Sinn, neben dem Bundeshaushalt durch eine zusätzliche Steuer weitere „Schattenhaushalte“ zu schaffen. Linkspartei-Chef Bernd Riexinger sagte dem Abendblatt: „Die Autofahrer werden bald ihr schwarz-rotes Straßenwunder erleben.“ Die Große Koalition plane eine „große Maut-Lüge“. Hinter den Kulissen gebe es „längst Einigkeit darüber, dass man die Autofahrer mit einer allgemeinen Maut um Milliarden erleichtern will“.

Mit Unverständnis reagierte auch die Hamburger CDU-Bürgerschaftsfraktion. „Wir halten den Vorschlag von Herrn Albig für den absolut falschen Weg“, sagte der CDU-Verkehrsexperte Klaus-Peter Hesse. „Der Autofahrer ist eh schon die Melkkuh der Nation.“ Unstrittig sei, dass bei der Reparatur und Wartung von Straßen und Infrastruktur etwas getan werden müsse.