Berlin. Noch sieht eine Mehrheit von 55 Prozent der Bundesbürger Deutschland in der Krim-Krise fest in Nato und Europäischer Union verankert. Die Betonung liegt auf noch. Denn geht es nach 49 Prozent der wahlberechtigten Deutschen, dann soll die Bundesrepublik künftig eher eine Art Vermittlerrolle zwischen dem westlichen Bündnis und Russland einnehmen. Eine Minderheit von 45 Prozent würde lieber weiterhin fest zu Nato und EU stehen. Das ist das Ergebnis des ARD-Deutschlandtrends im Auftrag von ARD-„Tagesthemen“ und „Welt“. Die repräsentative Umfrage ermittelte die politische Stimmung im Land vor dem Hintergrund des durch die russische Annexion der zur Ukraine gehörenden Krim-Halbinsel ausgelösten neuen Ost-West-Konflikts.

Vor allem in Ostdeutschland findet sich mit 60 zu 31 Prozent ein deutliche Mehrheit für eine deutsche Sonderrolle. In den westdeutschen Ländern dagegen meint eine knappe Mehrheit von 49 zu 46 Prozent, dass Deutschlands Position an der Seite der Alliierten in Nato und EU liegen sollte. Nach Parteianhängern aufgeschlüsselt findet sich lediglich unter Unionswählern noch eine Mehrheit (52 zu 44 Prozent) für eine feste Verankerung in den westlichen Bündnissen. Die Anhänger von SPD, Grünen, AfD und Linken neigen mehrheitlich einer Vermittlerposition zu.

Folgerichtig sehen die meisten Deutschen die Reaktion des transatlantischen Verteidigungsbündnisses auf die völkerrechtswidrige Einverleibung der Krim durch Russland skeptisch. 53 Prozent lehnen den Nato-Beschluss ab, den Luftraum über den osteuropäischen Mitgliedsländern stärker vor möglichen Übergriffen aus Moskau zu schützen. 40 Prozent finden diese Maßnahme richtig. Sogar 61 Prozent der Bundesbürger sind der Auffassung, dass sich die Bundeswehr nicht mit Flugzeugen an der Luftraumüberwachung beteiligen sollte. 35 Prozent begrüßen das Angebot der Bundesregierung an die Nato, sich mit sechs Eurofightern an den Patrouillen über den baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland zu beteiligen.

Deutliche Kritik wird auch an der Osterweiterung der EU laut: Lediglich 38 Prozent glauben, dass die Aufnahme osteuropäischer Länder ein richtiger Schritt war, während es die Mehrheit von 56 Prozent lieber gesehen hätte, wenn er unterblieben wäre. Gleichzeitig finden 67 Prozent, dass der Konflikt mit Russland die EU wieder stärker zusammengeschweißt hat.