Länderfinanzminister wollen Voraussetzungen für die Straffreiheit von Steuerbetrügern erschweren und die Kosten auf zehn Prozent verdoppeln

Berlin. Die deutsche Politik rückt reuigen Steuerhinterziehern auf die Pelle. Zwar wollen die Finanzminister der Länder und des Bundes die strafbefreiende Selbstanzeige beibehalten, hieß es nach einem Treffen der Minister. Allerdings – und das ist ein Problem für die Steuerbetrüger – sollen nicht nur die Bedingungen deutlich verschärft werden, unter denen die Betroffenen straffrei ausgehen. Auch der Aufschlag auf die Steuernachzahlungen solle mit zehn Prozent künftig doppelt so hoch ausfallen wie bislang, sagte Norbert Walter-Borjans (SPD), der Vorsitzende der Länder-Finanzministerkonferenz nach dem Treffen. Ein konkreter Vorschlag soll nun bis Mai vorliegen. Ab 2015 könnten die neuen Regeln gelten.

Druck kommt in dieser Frage nicht nur von der SPD-Seite, deren Länderfinanzminister schon seit Jahren mit dem gezielten Ankauf von CDs mit Kundendaten ausländischer Banken den heimischen Steuerflüchtlingen Angst einjagen. Auch die CSU will das geltende Recht deutlich verschärfen. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) forderte vor Beginn des Treffens im ARD-„Morgenmagazin“ Zinszahlungen und Strafzuschlag deutlich zu erhöhen und die Verjährungsfrist zu verlängern. Die harte Haltung der Bayern hat wohl einen prominenten Grund: Uli Hoeneß, den früheren Präsidenten des FC Bayern. Der hatte gehofft, mit einer Selbstanzeige einer Bestrafung durch die Justiz zu entgehen. Weil seine Selbstanzeige aber nicht vollständig war, wurde der bekannte Fußballmanager zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Die bayerische Politik will nun um jeden Preis den Ruf vermeiden, mit Steuersündern allzu rücksichtsvoll umzugehen.

Angestoßen hatten die Diskussion um das Instrument der sogenannten strafbefreienden Selbstanzeige aber vor allem die Sozialdemokraten. Schon frühzeitig hatten sich die SPD-Länderfinanzminister in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zwar für den Erhalt der Selbstanzeige ausgesprochen. Die Länderminister wollen nicht auf die Einnahmen verzichten. Gleichzeitig aber wollen sie die Bedingungen für das Erlangen der Straffreiheit verschärfen.

Nach derzeitigem Verhandlungsstand sehen die Eckpunkte der neuen Regelung vor, dass ab 50.000 Euro an hinterzogenen Steuern ein Strafzuschlag nicht mehr von fünf, sondern von künftig zehn Prozent gezahlt werden soll. Zweiter Knackpunkt: Anders als bisher soll es künftig nicht mehr ausreichen, sich gegenüber dem Finanzamt für fünf Jahren rückwirkend steuerehrlich zu machen. In Zukunft müssen Steuerhinterzieher weit in die Vergangenheit zurückgehen und für zehn Jahre reinen Tisch machen.

Offen ist noch, ob sich die Länderfinanzminister mit diesen Verschärfungen zufriedengeben. Denn im Gespräch ist auch noch der Vorschlag, dass es künftig ab einem hinterzogenen Betrag von einer Million Euro keine Straffreiheit mehr gibt. Uli Honeß wäre damit selbst bei einer gültigen Selbstanzeige nicht straffrei ausgegangen. „Steuerhinterzieher müssen wissen: Die Luft wird dünn für sie“, sagte Walter-Borjans. Dies sei die eindeutige Botschaft der Länder-Finanzminister. Auch das Bundesfinanzministerium begrüßt dieses Vorgehen.

So manchem bislang unentdeckten Steuerflüchtling dürften die drohenden höheren Strafen Furcht einjagen. Schon der Aufkauf von mehreren Daten-CDs hatte in den vergangenen Jahren für einen sprunghaften Anstieg der Selbstanzeigen gesorgt: Seit 2010 haben Selbstanzeigen rund 3,5 Milliarden Euro in die Staatskassen gespült. „Aus den Selbstanzeigen haben wir seit 2010 in Hessen weit über 600 Millionen Euro zusätzlich generiert“, sagte der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU). „Durch das Auffinden von Namen auf den Steuer-CDs, also mit den Mitteln der Steuerfahndung, waren es weit unter 50 Millionen“, fügte er hinzu. Allerdings dürfte gerade die Angst vor Entdeckung dazu geführt haben, dass sich viele, die im Ausland ihre Einkünfte nicht versteuert oder gar Schwarzgeld in Steueroasen gebracht haben, selbst angezeigt hatten.

Uli Hoeneß ist dabei nur ein besonders prominenter Fall. Die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer gehört ebenso dazu. Und je öfter bekannte Namen mit ihren Steuersünden in den Medien genannt werden, desto stärker steigen insgesamt die Selbstanzeigen. So haben die Behörden in den ersten Wochen dieses Jahres einen starken Anstieg der Selbstanzeigen verzeichnet: In 13 der 16 Bundesländer waren es nach einer dpa-Umfrage schon mindestens 8000. Im gesamten Vorjahr hatte es etwa 26.000 Selbstanzeigen gegeben.

Für Steuersünder wird die Luft allerdings auch ohne härtere Bedingungen bei der Selbstanzeige immer dünner. Nicht nur der Aufkauf von Steuer-CDs erhöht die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden. Auf internationaler Ebene haben sich immer mehr Länder darauf verständigt, automatisch Steuerdaten auszutauschen. Deutschland führt derzeit auch mit der Schweiz Verhandlungen. Die Bundesregierung setzt darauf, noch in diesem Jahr eine Einigung mit den Eidgenossen zu erzielen. Walter-Borjans fordert aber noch weitreichendere Reformen. „Nach mancherlei Pirouetten in der Vergangenheit ist die jetzt gefundene Einigung ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Anlass, sich beruhigt zurückzulehnen, ist sie nicht“, sagte er. Der SPD-Politiker will auf internationaler Ebene eine Einigung, die der Gewinnverlagerung von Unternehmen in Steueroasen einen Riegel vorschiebt. Mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat er da einen guten Verbündeten.