Berlin/Brüssel. Der Schweizer Volksentscheid zur Begrenzung der Zuwanderung sorgt in Berlin für Beunruhigung: Das Ergebnis werfe „erhebliche Probleme“ auf, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Bundesregierung habe großes Interesse, dass das Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU „so eng wie möglich“ bleibe, um sich im Wettbewerb zu behaupten. Darüber müsse die Schweiz nun „schwierige Gespräche“ mit der EU führen.

Aus Sicht von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) muss die Schweizer Regierung nun auf Brüssel zugehen. Sie müsse bei der EU „darlegen, wie sie mit dem Ergebnis umzugehen gedenkt“, sagte Seibert. Davon werde abhängen, wie es mit den Beziehungen weitergehe. Seibert betonte, dass die Personenfreizügigkeit und wirtschaftliche Freiheiten eine „Einheit“ bildeten. Zugleich betonte Seibert, dass die Bundesregierung das Ergebnis der Volksabstimmung „respektiere“.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erwartet, dass der Ausgang des Referendums in erster Linie dem Land selbst schaden wird. „Ganz einfach deshalb, weil die Schweiz von dem Ruf lebt als weltoffenes Land mitten in Europa“, sagte Steinmeier in Brüssel am Rande eines Treffens der EU-Außenminister. Zudem sei der wirtschaftliche Erfolg in den vergangenen Jahren von dem Zuzug qualifizierter Ausländer aus der europäischen Nachbarschaft abhängig gewesen. „Die Schweiz lebt wirtschaftlich von dem Austausch mit ihrer europäischen Nachbarschaft“, sagte der Außenminister. Allein der Warenaustausch des Landes mit Baden-Württemberg sei größer als der mit den USA.

Bei der Abstimmung hatten 50,3 Prozent für die Initiative „Gegen Masseneinwanderung“ gestimmt. Das Referendum sieht vor, dass die Regierung innerhalb von drei Jahren jährliche Quoten für die Einwanderung einführen muss. Damit muss die Schweiz wohl das seit mehr als zehn Jahren geltende Abkommen mit der EU über den freien Personenverkehr neu aushandeln.

Es sei jedoch das „gute Recht“ der Schweiz, eigenständig über politische Fragen zu entscheiden, die EU müsse die Entscheidungen respektieren, betonte Steinmeier. „Aber wir müssen umgekehrt sagen, dass die Schweiz halt wissen muss, dass Rosinenpickerei im Verhältnis zur EU keine dauerhafte Strategie sein kann“, fügte der Außenminister hinzu. Die EU wolle weiter eine faire Beziehung zur Schweiz. „Das heißt, die vielen Vorteile aus einer solchen Beziehung ebenso zu tragen wie Lasten oder Nachteile, die sich daraus ergeben können.“ Dazu zähle die Achtung „zentraler Grundentscheidungen“ wie der Freizügigkeit.

„Wir sollten das jetzt ohne Schaum vor dem Mund betrachten“, sagte Steinmeier weiter. „Wir innerhalb der EU werden uns Gedanken machen, was das für die Zukunft der vertraglichen Vereinbarungen bedeutet.“ Er werde darüber in der kommenden Woche ein Gespräch mit seinem Schweizer Kollegen führen.