Soldaten bleiben bei Selbstmordattentat in Afghanistan unverletzt. Minister de Maizière besucht Truppen in Masar-i-Scharif

Kabul. Ein Attentäter hat einen deutschen Militärkonvoi in der Nähe des Flughafens von Kabul angegriffen. Eine Sprecherin der Nato-Schutztruppen Isaf bestätigte den Anschlag. Laut deutschem Einsatzführungskommando in Potsdam ist kein Soldat zu Schaden gekommen, der Angreifer kam aber ums Leben. Der stellvertretende afghanische Innenminister General Ajub Salangi erklärte, in einem Geländewagen sei eine Bombe explodiert. Die Taliban bekannten sich zu dem Anschlag. Ihr Sprecher Sabihullah Mudschahid sagte, ein „Gotteskrieger“ habe zwei deutsche Militärfahrzeuge zerstört und zehn Soldaten getötet oder verwundet. Bereits in der Vergangenheit hatten die Taliban ihre Darstellung von Anschlägen übertrieben.

Der Sprengstoffanschlag habe sich in der Nähe des Flughafens von Kabul ereignet, der das Fahrtziel der deutschen Soldaten gewesen sei, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos. Zwei Fahrzeuge seien beschädigt worden, der Konvoi habe seinen Weg aber fortgesetzt. In Kabul sind derzeit knapp 300 deutsche Soldaten stationiert.

Am Morgen war Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) zu einem Truppenbesuch in Afghanistan eingetroffen. Er landete in Masar-i-Scharif, dem letzten von einst drei größeren deutschen Feldlagern in Nordafghanistan und 300 Kilometer von Kabul entfernt. Aus Kundus war die Bundeswehr im Oktober abgezogen, das Lager in Feisabad wurde bereits ein Jahr zuvor an die Afghanen übergeben. Für den amtierenden Minister ist es der 14. Afghanistan-Besuch seit seinem Amtsantritt als Chef des Verteidigungsressorts im Jahr 2011. Die vorweihnachtlichen Ministerbesuche haben Tradition. Nach Afghanistan reiste der Minister vom Kosovo aus, wo er ebenfalls mit Soldaten vorfeierte.

Derzeit sind noch etwa 3400 deutsche Soldaten in Afghanistan. Der Nato-Kampfeinsatz läuft Ende 2014 aus. Unter dem Namen „Resolute Support“ („Entschlossene Unterstützung“) plant die Nato eine kleinere Nachfolgemission, an der sich Deutschland mit bis zu 800 Soldaten beteiligen will.

Die Voraussetzungen dafür sind aber noch nicht erfüllt. Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat immer noch nicht das Sicherheitsabkommen unterzeichnet, das den ausländischen Truppen Rechtssicherheit für ihren Einsatz geben soll. Die USA fordern eine Unterschrift bis Ende des Jahres, um den Einsatz nach 2014 planen zu können. De Maizière drängt auf eine rasche Unterzeichnung des mit den USA ausgehandelten Abkommens. Deutschland warte „dringend auf die Unterschrift der afghanischen Seite“ für das Truppenstatut, sagte de Maizière auf dem Flug nach Masar-i-Scharif. Eine Unterzeichnung erst nach der afghanischen Präsidentenwahl sei „sicher zu spät“.

Der zwischen Washington und Kabul mühsam ausgehandelte Vertrag regelt den Verbleib von US-Soldaten in Afghanistan nach dem Abzug der Isaf-Kampftruppen. Er ist aber auch die Vorlage für ein entsprechendes Abkommen für Deutschland und die anderen an dem Nachfolgeeinsatz am Hindukusch beteiligten Staaten – und somit von grundlegender Bedeutung für die künftige Truppenpräsenz.

Die afghanische Stammesversammlung Loja Dschirga hatte das Abkommen im November mit großer Mehrheit gebilligt und Präsident Hamid Karsai beauftragt, es bis Jahresende zu unterzeichnen. Der Staatschef stellte aber wiederholt neue Bedingungen und will die Inkraftsetzung seinem Nachfolger überlassen, der im kommenden April gewählt wird. Die US-Regierung reagierte mit der Drohung eines vollständigen Truppenabzugs für den Fall, dass Karsai nicht rasch unterschreibt. De Maizière warnte jedoch davor, den afghanischen Präsidenten zu sehr unter Druck zu setzen. „Öffentlicher Druck führt nach meiner Kenntnis der Person des Präsidenten Karsai und der afghanischen Mentalität nicht zu einer Beschleunigung.“

Nach dem Ende des Isaf-Einsatzes Ende 2014 sind noch internationale Ausbildungs- und Unterstützungsmissionen vorgesehen, an denen sich auch Deutschland beteiligen will. De Maizière betonte, Deutschland sei auf „alle Varianten vorbereitet, aber nicht endlos“. Ein derartiger Einsatz oder die Rückverlegung der Bundeswehrsoldaten bräuchten einen planerischen Vorlauf. Der Verteidigungsminister sprach von einem „besonderen Jahreswechsel“ für die deutschen Soldaten in Afghanistan. 2014 werde das letzte Jahr sein, in dem diese mit einem Isaf-Mandat im Land seien. Dann ende ein Mandat, „das länger gedauert hat als der Erste und der Zweite Weltkrieg zusammen“. Sollte es kein neues Mandat geben, „dann werden alle deutschen Soldaten Ende 2014 Afghanistan verlassen“.

In Masar-i-Scharif, dem Sitz des Regionalkommandos Nord der Isaf-Truppe, sind mittlerweile die meisten der derzeit in Afghanistan eingesetzten Bundeswehrsoldaten stationiert. Zuletzt hatte Verteidigungsminister de Maizière im Oktober Afghanistan besucht und dabei das Feldlager Kundus an afghanische Sicherheitskräfte übergeben.