Bei ihrer wöchentlichen Vollversammlung werden die Lampedusa-Flüchtlinge vermutlich besprechen, ob sie sich der vom Senat verlangten Einzelfallprüfung stellen.

Hamburg. Es könnte das Wochenende der Entscheidung werden: Wenn sich die rund 300 afrikanischen Flüchtlinge der Hamburger Lampedusa-Gruppe am Sonnabend zu ihrer wöchentlichen Vollversammlung treffen, dann dürfte es vor allem um eine Frage gehen: Werden sich die Afrikaner nach monatelangem Tauziehen um ihre Zukunft bei der Ausländerbehörde melden, ihre Namen nennen und ihre Fluchtgeschichte schildern? Mit anderen Worten: Werden sich die Männer auf das Verfahren einer „fairen Einzelfallprüfung“ einlassen, das ihnen Innensenator Michael Neumann (SPD) noch einmal während der Debatte in der Bürgerschaft am Mittwoch zugesichert hat?

„Die Flüchtlinge müssen sich entscheiden. Mehr Brücken kann man nicht bauen“, sagt SPD-Bürgerschafts-Fraktionschef Andreas Dressel. Die Afrikaner, von denen rund 80 Männer in der St. Pauli Kirche Unterschlupf gefunden haben, und ihre Unterstützer hatten eine uneingeschränkte Bleiberechtsgarantie als Gruppe gefordert. Erst nach einer solchen Zusicherung des SPD-geführten Senats wären sie bereit, ihre Identität preiszugeben. Bürgermeister Olaf Scholz und Innensenator Neumann hatten stets betont, dass nur ein individuelles rechtsstaatliches Verfahren zur Anerkennung als Flüchtlinge in Betracht komme, dessen Ausgang man nicht vorwegnehmen könne.

In die festgefahrene Lage war Bewegung gekommen, nachdem die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs die Afrikaner am Dienstag aufgefordert hatte, den rechtsstaatlichen Weg zu gehen. „Ich appelliere an die Flüchtlinge, die immer wieder geforderte Chance auf ein faires Verfahren auch zu nutzen. Es gibt aus meiner Sicht keinen anderen Weg“, sagte die Bischöfin.

Sollten die Flüchtlinge bei ihrer ursprünglichen Forderung einer Bleiberechtsgarantie bleiben, würden sie das Risiko eingehen, die Unterstützung der Nordkirche zu verlieren, die einem Teil der Gruppe seit Monaten Unterschlupf bietet. Wie berichtet, hat Neumann die Polizei außerdem angewiesen, die besonders umstrittenen Kontrollen von Afrikanern im Umfeld der St. Pauli Kirche vorerst einzustellen. Die Überprüfungen sollten die Identität der Flüchtlinge klären, von denen die Polizei annimmt, dass ihre in Italien – ihrem EU-Einreiseland – ausgestellten Touristenvisa abgelaufen sind.

Unterdessen hat der schleswig-holsteinische Flüchtlingsbeauftragte Stefan Schmidt das Vorgehen der Hamburger Behörden gegen die Lampedusa-Flüchtlinge scharf kritisiert. „Ich war entsetzt darüber, dass eine SPD-Regierung so etwas macht“, sagte er am Donnerstag in Kiel. Mittlerweile habe offenbar ein Umdenken eingesetzt, das sei gut so. Schmidt sagte, er habe zur Entspannung der Situation in Hamburg schon vor längerer Zeit den Vorschlag gemacht, 200 der 300 Lampedusa-Flüchtlinge in Schleswig-Holstein und Bremen unterzubringen. „Die schleswig-holsteinische Landesregierung hat das leider abgelehnt“, berichtete der Flüchtlingsbeauftragte.