Papst Franziskus wählt im Fall Tebartz-van Elst einen geschickten Mittelweg. Deutsche Katholiken begrüßen Entscheidung des Vatikans

Rom. Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst bleibt offiziell im Amt. Er werde aber „eine Zeit außerhalb der Diözese“ verbringen, bis die Überprüfung der Vorwürfe gegen ihn abgeschlossen ist, teilte der Vatikan am Mittwoch mit. Papst Franziskus beauftragte zugleich den designierten Limburger Generalvikar Wolfgang Rösch, 54, mit der vorübergehenden Leitung der Amtsgeschäfte im Bistum.

Tebartz-van Elst steht wegen der explodierenden Kosten für seinen Bischofssitz in Limburg in der Kritik. Sie waren von 5,5 auf 31 Millionen Euro geklettert. Zudem soll er eine falsche eidesstattliche Erklärung zu einem Flug in der ersten Klasse abgegeben haben. Die Staatsanwaltschaft Limburg prüft derzeit, ob sie nach Untreueanzeigen gegen den Oberhirten ein Ermittlungsverfahren einleiten wird, und eine von der Deutschen Bischofskonferenz eingesetzte Kommission nimmt die Kosten der Limburger Residenz unter die Lupe.

In der Mitteilung des Vatikans heißt es, in der Diözese sei es zu einer Situation gekommen, in der der Bischof seinen Dienst „zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausüben kann“. Und weiter: „In Erwartung der Ergebnisse besagter Prüfung und der damit verbundenen Vergewisserung über diesbezügliche Verantwortlichkeiten hält der Heilige Stuhl es für angeraten, S. E. Mons. Franz-Peter Tebartz-van Elst eine Zeit außerhalb der Diözese zu gewähren.“ Mit der kargen Erklärung beginnt nun der Kampf um die Deutungshoheit. Hat der Vatikan den umstrittenen Bischof damit gestärkt oder kaltgestellt? Die Formulierungen der vatikanischen Diplomatie geben darauf erste versteckte Hinweise.

Eine gute Nachricht für Tebartz-van Elst ist, dass der Papst keinen Administrator nach Limburg geschickt hat. Darüber war zuvor spekuliert worden. In der nun vom Papst beschlossenen Lösung tritt niemand an die Stelle des Bischofs, mit quasi-bischöflichen Kompetenzen. Stattdessen sorgt der Generalvikar dafür, dass die Geschäfte im Bistum zunächst ordnungsgemäß weiterlaufen können. Ein Generalvikar ist die rechte Hand eines Diözesanbischofs, die Nummer zwei in einem katholischen Bistum. Wenn der nun den Chef vertritt, ist es eine ähnliche Konstruktion, als wenn ein Bischof krankgeschrieben ist und danach wieder an seinen Platz zurückkehren kann.

Schwerer wiegt allerdings die Passage: „In der Diözese ist es zu einer Situation gekommen, in welcher der Bischof, S. E. Mons. Franz-Peter Tebartz-van Elst, seinen bischöflichen Dienst zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausüben kann.“ Das ist eine scharfe Formulierung. Sie erinnert an die Passage im kanonischen Kirchenrecht, in der es um Rücktrittsmöglichkeiten eines Bischofs geht. Demnach soll ein Bischof seinen Amtsverzicht anbieten, wenn er „nicht mehr recht in der Lage ist, seine Amtsgeschäfte wahrzunehmen“. Das aktuelle Bulletin aus Rom lässt sich so interpretieren, dass der Vatikan einen solchen Fall für gegeben ansieht, zumindest „zum gegenwärtigen Zeitpunkt“. Ebenfalls ein Problem für den Limburger Bischof ist die Verfügung, dass Tebartz-van Elst sein Bistum vorübergehend verlassen muss.

Traditionell ist es für einen Bischof heikel, sein Bistum zu verlassen. Als Oberhirte unterhält er nach katholischem Verständnis eine feste Verbindung zu seinen Gläubigen, und diese Verbindung darf nur in Ausnahmefällen und nur zeitlich begrenzt unterbrochen werden. Die erzwungene Abwesenheit eines Bischofs, vom Papst angeordnet, ist ein äußerst seltener Fall. Wie lange Tebartz-van Elst seinem Bistum fernbleiben muss, wird in dem Bulletin nicht gesagt. Umständlich und gewunden ist zudem die Formulierung von der „Vergewisserung über diesbezügliche Verantwortlichkeiten“. Sprich: Der Vatikan will vor einer endgültigen Entscheidung die Frage geklärt wissen, ob und, wenn ja, welche Fehler Tebartz-van Elst gemacht hat. Eine Solidaritätserklärung des Papstes hätte wohl anders geklungen.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) begrüßte die Entscheidung des Papstes. Sie schaffe „den notwendigen Raum zu einer vollständigen und konsequenten Klärung“, teilte ZdK-Präsident Alois Glück mit. Das Vorgehen von Papst Franziskus sei vom Wunsch geprägt, „allen Beteiligten, dem Bischof, den Gremien und allen Katholiken in der Diözese Limburg Fairness gegenüber walten zu lassen“.

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode glaubt nicht, dass Tebartz-van Elst seinen Posten behalten kann. „Eine Rückkehr des Bischofs in das Bistum Limburg und einen dortigen Neuanfang mit Tebartz-van Elst halte ich nach wie vor für sehr schwierig“, sagte Bode. „Es gibt in Limburg eine grundlegende Vertrauenskrise. Die Situation dort ist verfahren.“ Bode begrüßte die Entscheidung des Vatikans, Tebartz-van Elst für eine gewisse Zeit zu beurlauben. „Die Entscheidung des Papstes halte ich für klug. Sie gibt allen Beteiligten nun ausreichend Zeit, in Ruhe die Situation zu prüfen“, sagte Bode. „Damit können kommende Entscheidungen besser erwogen werden.“

Kritiker des Bischofs zeigten zwar Verständnis für die Entscheidung aus Rom, einige sind aber auch enttäuscht. „Ich habe das mit einem eher weinenden als mit einem lachenden Auge mitbekommen“, sagte die Präsidentin der Diözesanversammlung Limburg, Ingeborg Schillai.

Im Bistum Limburg brodelt es schon seit Langem. Im März 2012 warf ein Kreis von Priestern ihrem Bischof Tebartz-van Elst einen autoritären Führungsstil vor. Im Sommer dieses Jahres reichte es dann auch der Basis: Mehr als 4000 Menschen unterzeichneten einen offenen Brief, in dem die Amtsführung des Bischofs kritisiert wird.