Ein katholisches Bistum nach dem anderen informiert über seine Finanzen. Nur die Daten aus der Verwaltung des Limburger Bischofs, der alles ausgelöst hat, fehlen

Es ist eine katholische Spielart von „Glasnost“, eine Reaktion auf die Affäre um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst: Immer mehr deutsche Diözesen legen plötzlich die Finanzen ihrer Bischöflichen Stühle offen. Transparenz in Vermögensfragen war bislang nicht ihre Stärke. „Die Offensive der Bistümer ist ein Novum“, kommentierte das Kölner domradio. Es gab zwar immer wieder Internetseiten und Broschüren mit farbigen Grafiken über die Kircheneinnahmen und ihre Verwendung, Produkte fleißiger PR-Arbeiter im Dienste des Herrn. Ganz schlau wurde man daraus nicht.

Konkretere Übersichten hatten in der Vergangenheit nur das Bistum Hildesheim und die Hamburger Erzdiözese präsentiert. Das Ruhrbistum Essen legte die gesamten Finanzen offen, mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung. Jetzt aber wird um das, was sich hinter dem jeweiligen Bischöflichen Stuhl verbirgt, kein Geheimnis mehr gemacht – jedenfalls von den Bistümern, die sich, mehr getrieben als aus freien Stücken, zur Offenheit entschlossen haben. Andere, etwa die von Kardinal Karl Lehmann geleitete Mainzer Diözese, dachten, wie eine Umfrage ergab, noch nach. Sie ließen ihre Experten rechnen, bevor sie sich den Vorreitern anschließen.

Von außen fließen keine Gelder in den sogenannten Bischöflichen Stuhl

Um den „Stuhl“ ranken sich Legenden von schwarzen Kassen und einem undurchsichtigen Finanzgebaren. Dabei ist er, neutral betrachtet, erstens das Amt des Bischofs mit seiner Verwaltung (Kurie) und zweitens auch Rechtssubjekt, Vermögensträger und eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts; steuerbefreit und gespeist aus Stiftungen, Zustiftungen, Entschädigungen nach der Säkularisation, Einnahmen aus Unternehmensbeteiligungen und Immobilienbesitz. Von außen, etwa aus der Kirchensteuer oder aus Staatsleistungen, fließen keine Gelder in diese Körperschaft.

Der Bischöfliche Stuhl betreibt über die Verwaltung seines Vermögens hinaus kein operatives Geschäft – darauf legt beispielsweise das Trierer Bistum wert. Die Erträge dienen dem Bischof zur Erfüllung seiner Aufgaben, nicht jedoch für private Zwecke. Entsprechend dem in der Weimarer Reichsverfassung von 1919 verankerten Recht der Kirchen auf Selbstverwaltung sind die jeweiligen Oberhirten über Einkünfte und Ausgaben ihrer „Stühle“ gegenüber dem Staat nicht zur Rechenschaft verpflichtet.

Das Kirchenrecht schreibt jedoch vor, der Verwalter jeglichen kirchlichen Vermögens habe sein Amt mit der Sorgfalt eines guten Hausvaters zu erfüllen – in der Causa Limburg eine der zentralen Anfragen an das Verhalten des Bischofs und seiner Vertrauensleute. Bis zur Stunde gibt es mehr Fragezeichen als beinharte Erkenntnisse.

Immobilien, Beteiligungen: Erzdiözese Köln ist eine der reichsten der Welt

Was die Kostensteigerung beim Bau des Diözesanen Zentrums angeht, hat der Volksmund allerdings schon einen Namen: Limburg 21 in Anspielung auf den Konflikt um den Stuttgarter Hauptbahnhof.

Als erste Diözese hat das erst 1956 gegründete Ruhrbistum Essen ein finanzielles Geheimnis gelüftet. „Unser Vermögen im Bischöflichen Stuhl beträgt rund zwei Millionen Euro. Davon sind 90 Prozent zweckgebundene Sondervermögen aus Erbschaften, die in die Priesterausbildung fließen müssen“, berichtet Bistumssprecher Ulrich Lota. „Fest angelegt sind rund 188.000 Euro.“

Essen ist nicht nur ein junges Bistum, es definiert sich auch als vergleichsweise arm. Was man von der Erzdiözese Köln nicht sagen kann. Sie ist eine der reichsten der Welt. Der Erzbischöfliche Stuhl umfasst in Köln, mit Datum vom 31. Dezember 2012, ein Vermögen von 166,2 Millionen Euro. Davon sind 15,4 Millionen Euro Beteiligungen im Bereich der Wohnungswirtschaft, der übrige Teil Immobilien, zum Teil in besten Lagen. Aus diesem Vermögen wurden im vergangenen Jahr fast zehn Millionen Euro Erträge erzielt, sie sind in den Bistumshaushalt geflossen und dort ausgewiesen. In Köln hat der Erzbischof, derzeit noch Joachim Kardinal Meisner, die Vertretung und Verwaltung des Vermögens dem Generalvikar und seiner Verwaltung anvertraut. Der Erzbischöfliche Stuhl wird damit in gleicher Weise wie das Bistum vom Kirchensteuerrat kontrolliert, und beide Rechtsträger werden jährlich von einer externen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüft.

Die Bilanzsumme des Erzbischöflichen Stuhls von München-Freising betrug zum 31. Dezember 2012 insgesamt 27,6 Millionen Euro. Darin, so der Pressesprecher von Kardinal Reinhard Marx, seien alle Werte wie Immobilien und Geldvermögen enthalten. Die Bilanz werde einmal pro Jahr von einem externen Wirtschaftsprüfer testiert.

Auch das Erzbistum Hamburg legt eine Liste seiner Vermögenswerte vor

Das erst 1995 gegründete Hamburger Erzbistum gibt sein Vermögen mit rund 35 Millionen Euro an. Dem, so erklärte das Bistum, stünden jedoch Verbindlichkeiten durch Kreditaufnahmen in Höhe von 8,2 Millionen Euro gegenüber. Von den 35 Millionen Euro sind 7,5 Millionen ungebunden als frei verfügbare Rücklage. Der Rest liege in Beteiligungen an drei katholischen Krankenhäusern sowie zweckgebundene Rücklagen für fünf Einrichtungen, deren Träger die Erzdiözese Hamburg ist. Dabei handele es sich um zwei Altenheime, zwei Kinder- und Jugendhäuser sowie ein katholisches Studentenwohnheim.

Das Geldvermögen des Bischöflichen Stuhls von Münster beträgt nach Angaben von Generalvikar Norbert Kleyboldt rund 2,37 Millionen Euro, hinzu kämen Immobilien, die für dienstliche Zwecke der Diözese genutzt würden. Das Vermögen sei so gering, dass damit keine großen Investitionen möglich seien. „Schwarze Kassen“ gebe es nicht.

Finanziell besser gestellt ist der Bischöfliche Stuhl des ältesten deutschen Bistums, Trier. Sein Vermögen aus Kapitalanlagen, Darlehensforderungen und Liquidität erreicht einen bilanziellen Wert von knapp 84 Millionen Euro. Dazu kommen 38 Gebäude, für die keine aktuelle Bewertung vorliegt. Die Erträge lagen 2012 nach Abzug der Kosten für Unterhalt und andere Aufwendungen bei rund einer Million Euro.

Das Vermögen des Limburger Bistums ist immer noch ein Geheimnis

Das Bistum Speyer teilte mit, über 46,5 Millionen Euro zu verfügen, langfristig angelegtes Stammvermögen, das nicht angetastet werde. Die Erträge dienten kirchlichen und caritativen Zwecken. Der Bischöfliche Stuhl Aachen verfügt über ein Eigenkapital von 8,2 Millionen Euro. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode versprach ebenfalls Transparenz. Vor einer Veröffentlichung sollen allerdings noch Bewertungsfragen, etwa beim Grundbesitz, geklärt werden.

Auch das Erzbistum Paderborn legte noch keine Zahlen vor. In seinem Generalvikariat hieß es, Skandale, wie der in Limburg vermutete, seien nicht möglich. Der Bischöfliche Stuhl werde von einem internen und externen Vermögensverwaltungsrat kontrolliert: „Jede Mittelentnahme, die der Erzbischof anzeigt, geschieht nur mit Zustimmung dieses Gremiums, das selbstverständlich über aktuelle Haushaltspläne verfügt.“

Und das „Skandalbistum“ Limburg, das die neue Offenheit der Kirche in Finanzdingen ausgelöst hat? Es hat am 29. August 2012, als die Kritik an Bischof Tebartz-van Elst erstmals orkanartige Dimensionen annahm, in einer öffentlichen Erklärung beschrieben, wie mit den Vermögenswerten umzugehen sei, mit denen Wilhelm Herzog von Nassau bei der Bistumsgründung 1827 den Bischöflichen Stuhl mit einem „Grundstockvermögen“ ausgestattet hat: „Dieses Vermögen muss verantwortungsvoll verwaltet werden. Das bestehende Vermögen soll – ähnlich wie bei einer Stiftung – erhalten bleiben.“

Ein Aufsichtsgremium aus externen und unabhängigen Wirtschaftsfachleuten und Juristen überwache in Limburg die Verwaltung und die ordnungsgemäße Verwendung der Erträge und Vermögenswerte. Bischof und Generalvikar gehörten diesem Gremium zwar an, besäßen aber kein Stimmrecht. Außerdem habe der Bischof freiwillig angeordnet, dass der Bischöfliche Stuhl jährlich einer „handelsrechtlichen Vollprüfung“ durch eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unterzogen werde.

Hat sich Bischof Tebartz-van Elst an seine eigenen Vorgaben gehalten?

Dass der Limburger Bischof über das Vermögen frei verfügen könne, sei „schlicht nicht möglich“. Er könne nur dann Ausgaben tätigen, wenn die Aufsichtsgremien im Haushaltsplan dafür Mittel bereitgestellt oder die Ausgabe im Einzelfall genehmigt habe. Dies geschehe nur dann, wenn eine dem Zweck der Körperschaft entsprechende Verwendung der Mittel sichergestellt werde: Förderung kirchlicher Aufgaben „unter Berücksichtigung der dem Bischof anvertrauten Sorge für die geordnete Durchführung des Gottesdienstes und die Ausübung der Werke des Apostolats und der Caritas“, Bereitstellung von Wohn- und Arbeitsräumen für den Bischof und „Unterhaltung der für die Ausübung des Dienstes des Bischofs notwendigen Immobilien“.

Der Bischof sei dem Aufsichtsgremium in allen wirtschaftlichen Fragen zu Rechenschaft verpflichtet. Bei der Prüfung der Causa Limburg durch eine Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, besetzt mit Kirchenjuristen und Baufachleuten, wird Tebartz-van Elst daran gemessen werden, ob er sich gemäß dieser Beschreibung aus dem eigenen Haus verhalten hat.

Das Gremium, um dessen Einsetzung der Bischof gebeten hat, wird voraussichtlich noch in dieser Woche beraten. Über die Höhe des Vermögens des Bischöflichen Stuhls wird in Limburg noch immer ein Geheimnis gemacht. Kolportiert wurde eine Summe von 100 Millionen Euro. Eine Bestätigung dafür gibt es nicht. Bekannt wurde lediglich, dass das Budget der Diözese im vergangenen Jahr 200,2 Millionen betrug. 167,1 Millionen Euro kamen aus Kirchensteuern.