Dramatisches Ringen im Syrien-Konflikt. Israel versetzt Streitkräfte in Alarmbereitschaft

Washington. Kurz vor dem erwarteten westlichen Militärschlag gegen Syrien versucht die Uno, doch noch eine politische Lösung zu erreichen. „Gebt dem Frieden eine Chance! Gebt der Diplomatie eine Chance!“, appellierte Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon am Mittwoch in Den Haag an die USA, Großbritannien und Frankreich. Washington beschuldigt das Regime von Syriens Machthaber Baschar al-Assad, mit dem Einsatz von Giftgas Hunderte Menschen nahe Damaskus getötet zu haben. Dies dürfe die Welt nicht hinnehmen.

Angeblich sollen syrische Militäranlagen zwei bis drei Tage lang mit Raketen und Marschflugkörpern beschossen werden. Dies könnte bereits zum Wochenende geschehen, hieß es in US-Militärkreisen. Allerdings habe Präsident Barack Obama noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Syrien kündigte an, sich gegen eine Attacke „mit allen Mitteln“ zu wehren. Israel begann damit, Reservisten zu mobilisieren. Teile der Streitkräfte wurden in Alarm versetzt. Der Iran, der Assads Regime unterstützt, warnte, ein Angriff auf Syrien werde den gesamten Nahen Osten in Brand versetzen.

Ban Ki-moon sagte, die Chemiewaffeninspekteure in Syrien bräuchten vier Tage, um Beweise für den mutmaßlichen Giftgasangriff zu sichern. Am Mittwoch befragten sie Zeugen in einem Vorort von Damaskus und wurden dabei von Kämpfern der Rebellenarmee begleitet.

Der Uno-Gesandte im Syrien-Konflikt, Lakhdar Brahimi, bestätigte bereits, bei dem Angriff am 21. August seien „chemische Substanzen“ eingesetzt worden – von wem, ist aber noch ungeklärt. Russland pocht darauf, dass der Uno-Sicherheitsrat in New York zunächst den Bericht der Inspektoren abwartet, bevor über Maßnahmen gegen das Regime in Damaskus beraten wird. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht vor einer Militäraktion die Uno am Zug.

Der britische Premierminister David Cameron sagte, vor Abschluss der Uno-Inspektion in Syrien werde es keinen Angriff geben. London wollte dem Sicherheitsrat in New York in der vergangenen Nacht eine Resolution vorlegen. Darin soll das Gremium „notwendige Maßnahmen“ zum Schutz der syrischen Zivilbevölkerung erlauben – also auch militärische Gewalt. Es gilt als wahrscheinlich, dass Russland und China dagegen ihr Veto einlegen.

US-Vizepräsident Joe Biden hatte als bislang ranghöchster US-Politiker offen das Assad-Regime beschuldigt, den C-Waffen-Einsatz befohlen zu haben. Daran gebe es „keinen Zweifel“. Das renommierte US-Magazin „Foreign Policy“ berichtete dagegen, der US-Geheimdienst habe am 21. August Telefongespräche zwischen dem syrischen Verteidigungsministerium und dem Chef der Chemiewaffen-Einheit abgehört. Das Ministerium habe von der Einheit „panisch“ Erklärungen für den Giftgasangriff verlangt. Dies zeige, zitierte das Magazin einen Geheimdienstmitarbeiter, dass es unklar sei, wer in Syrien die Kontrolle habe und ob die Assad-Regierung tatsächlich eine Erlaubnis für den C-Waffen-Angriff erteilte. Andere Quellen berichteten, Baschar al-Assads Bruder Maher habe den Befehl gegeben.

Die Möglichkeit eines neuen Nahostkrieges treibt auch den Ölpreis nach oben. In London kostete die Nordseesorte Brent zwischenzeitlich 117,34 Dollar, das war der höchste Stand seit sechs Monaten. In Deutschland verteuerte sich bereits der Preis für Heizöl.

Auch die Finanzmärkte reagieren nervös. Der Deutsche Aktienindex DAX fiel kurzzeitig auf unter 8100 Punkte — der niedrigste Stand seit sieben Wochen. Der Goldpreis erreichte mit 1433,83 Dollar je Unze seinen höchsten Wert seit Mitte Mai.