Hannover. Der frühere Bundespräsident Christian Wulff kommt wegen Vorteilsnahme im Amt vor Gericht. Der Prozess gegen das ehemalige Staatsoberhaupt könnte am 1. November beginnen, teilte das Landgericht Hannover mit. Die Staatsanwaltschaft hatte Wulff ursprünglich wegen Bestechlichkeit angeklagt, diesen Vorwurf stufte das Gericht nun aber herunter.

Es ist das erste Mal, dass sich ein ehemaliges Staatsoberhaupt der Bundesrepublik vor Gericht verantworten muss. Nach dpa-Informationen sind zunächst 16 Verhandlungstage angesetzt. Bei einer Verurteilung drohen Wulff bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe.

Hintergrund der Anklage: Der Filmproduzent David Groenewold hatte einen Teil der Kosten für einen Oktoberfestbesuch des Ehepaars Wulff 2008 in München übernommen: rund 750 Euro. Wulff, damals niedersächsischer CDU-Ministerpräsident, wusste davon nach eigenen Angaben nichts. Die Staatsanwaltschaft geht jedoch davon aus, dass Groenewold Wulff motivieren wollte, für eines seiner Filmprojekte um Geld zu werben. Dies tat Wulff einige Wochen später auch.

Wulffs Verteidiger Bernd Müssig sagte, es sei bemerkenswert, dass das Gericht die Entscheidung in seiner 14-seitigen Begründung wörtlich als „Grenzfall“ bezeichnet habe. Wulff war am 17. Februar 2012 zurückgetreten, als die Justiz einen Antrag auf Aufhebung der Immunität gestellt hatte.