In der Geschichte der Bundesrepublik hat wohl kein Politiker von einem Parteiwechsel so sehr profitiert wie Otto Schily. Wäre er nämlich bei den Grünen geblieben, die er 1980 mit begründet hatte und für die er von 1983 bis 1986 im Bundestag saß, dann wäre Schily wohl nie den Hautgout des linksradikalen Anwalts losgeworden. Er hätte es wohl höchstens noch zum eloquenten Kritiker der Sicherheitsbehörden gebracht – zu einer Art Hans-Christian Ströbele fürs Wohnzimmer.

Daher kann er von Glück sagen, dass ihn die Grünen 1986 mit dem Rotationsprinzip zunächst schwer ärgerten. Die Parteifreunde wollten Ämterhäufung verhindern, was dazu führte, dass Schily 1986 zunächst den Bundestag verlassen musste. Ein Jahr später kehrte er zurück, doch die quälenden Realo-Fundi-Debatten brachten ihn zur Weißglut: 1989 verließ Schily die Grünen, legte sein Mandat nieder und wechselte zur SPD. Die machte ihn 1998 zum Bundesinnenminister. In diesem Amt konnte Schily es dem grünen Koalitionspartner heimzahlen und sich selbst in einen staatstragend-strengen Verteidiger von Sicherheit und Ordnung verwandeln. Sogar in CDU und CSU galt er vielen als Hardliner. Heute ist der 80-Jährige ein Elder Statesman mit Sitz in der Toscana, und niemand kann sich daran erinnern, ihm mal etwas vorgeworfen zu haben.