Berlin. Die First Lady ist zunächst unsichtbar. Es ist 9.38 Uhr, als an der westlichen Seite des Stelenfeldes, das an den Holocaust erinnert, Polizeiwagen und ein schwarzer Kleinbus vorfahren. „Sehen Sie sie“, fragt eine Dame einen Fotografen mit großem Objektiv. Der schüttelt mit dem Kopf. Zu sehen ist Michelle Obama hier nicht.

Aber da sein muss sie irgendwo, denn für 9.40 Uhr steht schließlich das Holocaust-Mahnmal auf ihrem Programm, das Damenprogramm heißt, was im Fall von Deutschland nicht stimmt. Denn bei den offiziellen Terminen der First Lady hierzulande ist auch Joachim Sauer dabei, dessen Ehefrau Angela Merkel sich derweil am Vormittag mit Michelle Obamas Ehemann unterhält. Aus Sicherheitsgründen sind die Stationen der Berlin-Tour der First Lady vollkommen abgeschirmt. Das Stelenfeld, das sich direkt neben dem ohnehin seit Tagen abgesperrten Brandenburger Tor befindet, ist großräumig umzäunt und wird von Polizei bewacht.

Als nächstes taucht die Kolonne der Präsidentengattin am Checkpoint Charlie wieder auf. Michelle Obama und ihre Töchter zeigen während ihres Besichtigungsprogramms in Berlin lebhaftes Interesse auch für die Präsentationen der jüngeren deutschen Geschichte. Das von dem Künstler Yadegar Asisi geschaffene „Mauer-Panorama“ am Checkpoint Charlie, ein 15 Meter hohes und 60 Meter breites Rundbild, zeigt das Alltagsleben auf beiden Seiten der Berliner Mauer. „Es hat wirklich gemenschelt“, berichtet Asisi nach dem hohen Besuch, der für ihn schon eine Ehre gewesen sei, „fast ein kleiner Ritterschlag“. „Es war eine sehr gelöste Atmosphäre, wir haben fast eine Stunde miteinander geredet.“ Herr Sauer habe Geschichten erzählt, und Frau Obama habe viele Fragen gestellt“, sagt der in Wien geborene Asisi. Auch die beiden Präsidententöchter hätten großes Interesse an der Mauer gezeigt: „Die kleine Sasha sagte: Das ist ja sehr traurig.“

Auch die nächste Station hat mit der Geschichte der einst geteilten Stadt zu tun. An der Mauer-Gedenkstätte an der Bernauer Straße betrachtet die First Lady länger das Foto von der Flucht eines Mannes mit seinem Sohn. Sie waren in den Tagen des Mauerbaus 1961 aus dem Fenster eines Hauses an der Bernauer Straße auf die Westseite Berlins geflüchtet. „Die Tatsache, dass dort Vater und Sohn gezeigt wurden, hat sie besonders interessiert“, sagt eine Sprecherin der Gedenkstätte später. Durch die schmalen Öffnungen blicken die Kinder auf den früheren Todesstreifen. Außerdem legen die First Lady und ihre Töchter bunte Rosen ab.