Neumann hält 1,1 Promille für “sinnvolle Diskussionsgrundlage“. Wer mehr trinkt, könnte bald den Führerschein verlieren. Der ADFC unterstützt den Vorstoß, die Grenze abzusenken.

Hamburg. Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) setzt sich für eine schärfere Promillegrenze bei Radfahrern ein. Auf der heute beginnenden Innenministerkonferenz in Hannover will er mit seinen Kollegen den Verkehrs- und Justizministern eine deutliche Absenkung der Grenze von 1,6 Promille empfehlen. Noch ist das Radfahren bis zu diesem Wert straffrei - vorausgesetzt, betrunkene Radfahrer fallen nicht durch unsichere Fahrweise auf oder sind in einen Unfall verwickelt. Wer mit einem höheren Alkoholwert erwischt wird, muss mit dem Entzug des Pkw-Führerscheins und einem Gerichtsverfahren rechnen. Autofahrern droht ein Verlust der Fahrerlaubnis bereits ab einem Wert von 0,5 Promille.

"Es ist ein richtiger Ansatz, die Promillegrenze für Radfahrer herabzusetzen", sagte Neumann dem Abendblatt. Der vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) vorgeschlagene Wert von 1,1 Promille für die absolute Fahruntüchtigkeit sei eine "sinnvolle Diskussionsgrundlage". Vor einer Entscheidung müsse aber das Lagebild zum Radfahren unter Alkoholeinfluss analysiert werden. So fielen Radfahrer bereits ab 0,3 Promille Alkohol im Blut häufig als Unfallverursacher auf.

Der ADFC unterstützt den Vorstoß, die Grenze abzusenken. "Mit 1,6 Promille kann kaum jemand noch sicher ein Fahrzeug führen", sagt Dirk Lau (ADFC Hamburg). Das Schadenspotenzial beim Radfahren sei aber geringer. "Der Radfahrer gefährdet sich in erster Linie selbst, wenn er angetrunken fährt, der betrunkene Autofahrer tötet und verletzt viel zu oft andere Menschen, wenn er einen Unfall baut."

Anlass für die Debatte ist die alarmierende Zahl der alkoholbedingten Radfahrunfälle. 2011 verunglückten bundesweit nach ADFC-Angaben 3725 Radfahrer (2010: 3489) nach Alkoholkonsum - das entspricht fünf Prozent aller in Deutschland verletzten Radfahrer. Für Hamburg gibt es keine eigene Erhebung. Insgesamt wurden 2012 in der Hansestadt 2204 Radfahrer bei Unfällen verletzt.

Einen Grenzwert von 1,1 Promille hält auch Joachim Lenders, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, für sinnvoll - "wobei das 'Rantrinken' an eine Promillegrenze in der Praxis kaum funktionieren dürfte". Eine strengere Regelung sorge aber womöglich für mehr Augenmaß. Auch der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Klaus-Peter Hesse, befürwortet die Initiative. "Der Radverkehr spielt in unserer Stadt eine immer größere Rolle. Zum Schutz der Radfahrer, aber auch zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer ist eine Absenkung der Promillegrenze ein geeignetes Mittel."