Hamburgs Erster Bürgermeister über die Bedeutung der Werbebranche für die Stadt, die Politik und sein persönliches Leben. Werbung gehört für Scholz zu einem guten Wahlkampf.

Hamburg. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bezeichnet sich im Interview mit Agenturchef André Kemper und Abendblatt-Redakteur Peter Ulrich Meyer als „Mediensenator“. Werbung gehört für Scholz zu einem guten Wahlkampf. Bei Kaufentscheidungen glaubt er, nicht von Werbung abhängig zu sein.

Hamburger Abendblatt: Herr Scholz, Sie haben den Medienstandort Hamburg zur Chefsache erklärt. Wie sieht Ihr Chefeinsatz konkret aus?
Olaf Scholz: Ich verwende die Formulierung „zur Chefsache erklären“ nicht. Das klingt leicht so, als ob man sich vorher nicht drum gekümmert hat. Richtig ist, dass ich schon mit der Regierungsbildung 2011 entschieden habe, dass die Medienpolitik wieder eine Sache des Bürgermeisters und der Senatskanzlei ist. Ich verstehe mich neben allem anderen auch als Mediensenator und das macht auch einen großen Teil meiner Arbeit aus. Ich spreche viel mit den Medienunternehmen, der Kreativwirtschaft in der Stadt. Bundespolitisch befasse ich mich mit den Fragen, die für die Zukunft der Medien für unser Land von größter Bedeutung sind.

In dieser Woche kommt der Art Directors Club (ADC) mit seinem Festival zum ersten Mal nach Hamburg. Wie ist Ihnen denn dieser Coup gelungen?
Scholz: Das wichtigste Argument ist wohl die Stadt selbst. Hamburg hat eine große Kreativwirtschaft, hier sind viele Werbeagenturen ansässig. Aber nicht nur das. Hamburg ist der Ort, an dem es alles gibt, was in den Medien eine große Bedeutung hat und noch dazu in einer sehr relevanten Größenordnung: also neben der Werbung auch Buch, Zeitschriften, Zeitungen, Radio, Fernsehen, Musik, Filme oder Social Media. Alles in allem erwirtschaftet die Kreativwirtschaft bei uns rund zehn Milliarden Euro Umsatz – das sind knapp drei Prozent der Hamburger Wirtschaftsleistung. Fast 80.000 Arbeitnehmer sind in der Kreativwirtschaft beschäftigt.

Mussten Sie selbst gar nichts unternehmen, damit der ADC nach Hamburg kommt?
Scholz: Hamburg hat sich darum bemüht und mit den Veranstaltern über gute Bedingungen verhandelt. Der Senat unterstützt das Ganze finanziell, aber wir haben uns ganz bewusst entschieden, nicht einfach aufs Geld zu setzen und das meiste zu bieten. Ganz wichtig ist zum Beispiel, dass es eine gute Location, einen guten Ort, gibt, der sich für eine solche Veranstaltung eignet. Den haben wir, so meine ich, mit dem Oberhafenquartier in der HafenCity gefunden. Dieses Quartier wird wiederum vom ADC-Festival profitieren.

Werden Sie sich die Ausstellungen auch einmal persönlich anschauen?
Scholz: Auf jeden Fall. Was da gemacht wird, bewegt mich, und es bewegt das Leben von uns allen. Letztlich wird die Frage, wie wir uns die Welt vorstellen, von den Kreativen mitverhandelt, die da jetzt zusammenkommen. Es ist gut, dass wir solch einen zentralen Ort mitten in der Stadt haben. Daraus wollen wir noch mehr machen. Das Oberhafenquartier soll ein echtes Quartier für Kreative werden. Wir wollen sicherstellen, dass das ganz ohne Preisdruck und mit vernünftiger Entwicklungsperspektive geschieht. Da kommen jetzt Köpfe und Ideen zusammen, die sich gegenseitig weiterbringen.

Ist der ADC für Sie und Ihren Senat eine Art Leuchtturmprojekt, ein Startschuss, um deutlich zu machen, wie wichtig die Kreativwirtschaft für Hamburg ist?
Scholz: Ja. Hamburg hat schon viel zu bieten, aber es geht noch mehr. Das wird durch diese Veranstaltung sichtbar.

Sie kennen sowohl Berlin als auch Hamburg sehr gut. Was spricht für Hamburg als Medien- und Kreativstandort?
Scholz: Ich zähle nicht zu denen, die finden, die anderen sind immer schlechter als man selbst. Es gibt viele attraktive Standorte in Deutschland: Hamburg, Berlin, München, Köln oder Frankfurt. Niemand tut sich einen Gefallen, wenn man gegeneinander redet. Wir profitieren von unserer föderalen Struktur. Jemand hat Hamburg einmal als den Kreativstandort für Erwachsene beschrieben. Wahrscheinlich ist an diesem Satz viel dran.

Welchen Einfluss hat Werbung auf Sie persönlich?
Scholz: Wenn man das so messen könnte… Richtig ist, dass unser Weltbild von der Werbung mitgeprägt wird. Werbung reflektiert die Zeit, in der wir leben. Das sieht man, wenn man heute Werbung aus den 50er Jahren sieht.

Treffen Sie Kaufentscheidungen aufgrund von Werbung?
Scholz: Wie jeder andere hoffe ich natürlich: nein. Aber das glaube ich mir selbst nicht ganz. (lacht.)

Wie groß ist der Einfluss von Werbung jetzt im Wahlkampf?
Scholz: Die Werbung ist nicht das Entscheidende, aber man kann einen Wahlkampf mit schlechter Werbung vermasseln. Andererseits lässt sich mit bester Werbung eine aussichtslose Lage nicht verändern. Das gilt nicht nur für Parteien.

Aber Werbung gehört für Sie zu einem guten Wahlkampf?
Scholz: Ja, unbedingt. Dass zum Beispiel die Kampagne der Hamburger SPD zur letzten Bürgerschaftswahl viel gelobt worden ist, hat uns gefreut.

Haben Sie einen persönlichen Werbe-Liebling?
Scholz: Das kann ich nicht sagen. Außerdem wechselt der ja auch immer wieder.