Zschäpe stellt Befangenheitsantrag gegen den Richter

München. Der Münchner Prozess um die Morde der rechten Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) ist bereits unterbrochen, bevor er richtig begonnen hat: Gleich zum Auftakt des Verfahrens am Montag stellten die Hauptangeklagte Beate Zschäpe und der als Unterstützer angeklagte Ralf Wohlleben Befangenheitsanträge gegen Richter Manfred Götzl, den Vorsitzenden des Staatsschutzsenats am Oberlandesgericht. Noch bevor die Anklage im Fall der Mordserie an zehn Menschen verlesen wurde, vertagte das Gericht die Fortsetzung des Verfahrens auf Dienstag kommender Woche. Bis dahin soll über die Anträge entschieden werden.

Manfred Götzl solle wegen Befangenheit abgelöst werden, ließ die 38 Jahre alte Zschäpe von ihren Verteidigern erklären. Er habe einseitig Partei zulasten der Rechtsanwälte der fünf Angeklagten ergriffen: Die Verteidiger müssten sich vor dem Betreten des Saals auf Waffen durchsuchen lassen, während dies anderen Prozessbeteiligten erspart bleibe. Wohlleben lehnte mit einem weiteren Befangenheitsantrag Götzl und zwei weitere Richter ab.

Sicherheitsvorschriften wie die angeordnete Durchsuchung gelten als nicht ungewöhnlich wegen der Furcht, Verteidiger könnten ihren Mandaten - etwa auf Druck - Waffen in den Saal mitbringen. Zschäpes Anwalt Wolfgang Stahl sprach hingegen von einer "irrealen und abseitigen Annahme" des Gerichts.

Um 9.56 Uhr hatte Beate Zschäpe mit schnellen Schritten den Verhandlungssaal A 101 des Strafjustizzentrums in München betreten, ohne Handschellen, in schwarzem Hosenanzug und weißer Bluse. Sie drehte sich kurz, dann wendete sie den Fotografen den Rücken zu. In der Verhandlung scheint sie eher unruhig: Mal verschränkt sie die Arme, mal stützt sie den Kopf auf, dann fährt sie sich mit den Händen über das Gesicht. Immer wieder sucht sie das Gespräch mit ihren Verteidigern.

Neben Zschäpe stehen vier weitere Angeklagte vor Gericht: Wohlleben und drei weitere Männer sollen das Trio unterstützt haben. Mehr als zehn Jahre lang hatte die Gruppe unerkannt von den Behörden vor allem in der ausländischen Bevölkerung Angst und Schrecken verbreitet. Der Prozess dürfte einer der größten der deutschen Nachkriegsgeschichte werden und mindestens zwei Jahre dauern. Bei einer Verurteilung droht Beate Zschäpe lebenslange Haft.

Rund um das Strafjustizzentrum waren Hunderte Polizisten im Einsatz. Viele abgewiesene Journalisten kamen dennoch in den Saal - auf den Plätzen für Zuschauer. Vor dem Justizgebäude versammelten sich rund 130 Menschen, die sich auf insgesamt fünf Kundgebungen verteilten. Ein "Bündnis gegen den Naziterror" prangerte das Versagen der Behörden bei der Aufklärung der Mordserie an. Andere Demonstranten erinnerten mit Plakaten an die Mordopfer.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sicherte zu, dass parallel zum Prozess auch die politische Aufarbeitung der Morde weitergehen wird. Es müssten entsprechende Schlussfolgerungen gezogen werden, "damit sich das nie wiederholen kann". Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat an die Ankläger im NSU-Terrorprozess appelliert, mit Sorgfalt vorzugehen. In Strafprozessen gehe es darum, Schuldige auch zu bestrafen.