CDU profitiert von Merkels Beliebtheit, die FDP nicht. Kanzlerin auch für SPD ein Problem

Berlin. Im Sport wünschen sich die Deutschen einen Erfolg des Außenseiters. Vor dem Endspiel der Fußball-Champions-League am 25. Mai im Londoner Wembley-Stadion glauben zwar 59 Prozent der Bundesbürger, dass der FC Bayern München gewinnen wird. Die Daumen aber drücken sie mehrheitlich Borussia Dortmund: 58 Prozent der Befragten des ARD-Deutschlandtrends im Auftrag der „ARD-Tagesthemen“ und der „Welt“ wünschen sich einen Sieg der schwarz-gelb gekleideten Westfalen.

In der Politik sieht die Sache anders aus: Da setzen die Deutschen in allen Kategorien auf den Favoriten, nicht auf den Außenseiter. Wenn man den Bundeskanzler direkt wählen könnte, dann würden sich laut der Meinungsforscher von Infratest dimap 59 Prozent für Amtsinhaberin Angela Merkel (CDU) entscheiden. Das ist zwar ein Prozentpunkt weniger als im Vormonat, aber immer noch ein deutlicher Vorsprung vor Herausforderer Peer Steinbrück. Der SPD-Kanzlerkandidat gewinnt zwei Prozentpunkte hinzu, bleibt aber mit 28 Prozent auf gehörigem Abstand.

Merkel rangiert in der Beliebtheit unangefochten auf Rang eins

Merkels ungebrochener Popularitätsvorsprung spiegelt sich auch in den Beliebtheitswerten wider. Mit einer Zufriedenheitsquote von 65 Prozent (minus drei Punkte im Vergleich zum Vormonat) rangiert die CDU-Vorsitzende weiterhin unangefochten auf Platz eins der Rangliste des Deutschlandtrends. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU, 60 Prozent, minus drei) und Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU, 56 Prozent, plus drei) folgen mit Abstand auf den Plätzen zwei und drei. Die weiteren Kabinettsmitglieder liegen im Mittelfeld: Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bekommt unverändert von 45 Prozent der Deutschen gute Noten. Ähnlich beliebt ist Außenminister Guido Westerwelle von der FDP (46 Prozent, plus ein). Der Sozialdemokrat Steinbrück erhält dagegen lediglich von einem Drittel der Deutschen (33 Prozent, plus ein) positive Resonanz auf sein politisches Wirken. Damit liegt er nur wenige Punkte vor dem Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei, Gregor Gysi, mit 30 Prozent (plus zwei).

Für die schwarz-gelbe Bundesregierung insgesamt sieht die Lage anders aus. Zwar sind fünf Monate vor der Bundestagswahl im September 43 Prozent der Wahlberechtigten insgesamt zufrieden mit der Arbeit der Regierung. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) allerdings übt Kritik an Schwarz-Gelb. Während die Union vom Ansehen der Kanzlerin profitiert und bei der Sonntagsfrage auf unverändert 40 Prozent der Wählerstimmen kommt, wäre die FDP mit vier Prozent derzeit nicht im Bundestag vertreten. SPD (26 Prozent, minus ein), Grüne (15, plus ein) und Linke (unverändert sieben) kommen gemeinsam auf 48 Prozent.

Die neu gegründete, euroskeptische Partei Alternative für Deutschland (AfD) käme auf drei Prozent. Das würde zwar nicht für einen Einzug in den Bundestag reichen, könnte Schwarz-Gelb aber entscheidende Stimmen kosten. Zumal das Potenzial der AfD noch größer scheint. 37 Prozent der Bundesbürger fänden es gut, wenn die noch im Aufbau befindliche Gruppierung ins Parlament käme. 58 Prozent der Befragten fänden das dagegen „nicht so gut“.

Dieses Reservoir der AfD speist sich offenbar aus dem eurokritischen Teil der Bevölkerung. Zwar möchte die Mehrheit der Deutschen weiterhin an der europäischen Gemeinschaftswährung festhalten. Mit Blick auf die Zukunft geht eine wachsende Mehrheit von 76 Prozent (plus zwölf) davon aus, dass der Euro die Krise übersteht und auch in einigen Jahren noch existiert. Genauso viele Bürger sagen, der Euro sei insgesamt eine gute Idee, die allerdings bislang schlecht umgesetzt wurde. Nur drei von zehn Befragten (29 Prozent) sprechen sich für eine schnelle Wiedereinführung der D-Mark statt fortgesetzter Bemühung um den Euro aus. Entsprechend fordern sechs von zehn Deutschen (58 Prozent) die Bundesregierung auf, alles zu tun, um die Gemeinschaftswährung zu retten. Ein gutes Drittel (37 Prozent) unterstützt diese Haltung allerdings nicht. Ein Drittel der Bundesbürger (36 Prozent) glaubt sogar, dass Deutschland den Euro nicht braucht. Umstritten ist unter den Bundesbürgern insbesondere die bisherige Rolle der Europäischen Zentralbank in der Krisenpolitik: Vier von zehn (44 Prozent) bescheinigen ihr eine gute Arbeit, ebenso viele (42 Prozent) kommen allerdings zu einem gegenteiligen Urteil.

Die Analyse der Parteianhängerschaften zeigt, dass in Reihen von SPD und Linken die Skepsis gegenüber der Gemeinschaftswährung überdurchschnittlich groß ist. Immerhin ein Drittel der SPD-Anhänger und drei von zehn Linke-Anhängern plädieren für die schnelle Wiedereinführung der D-Mark. Darüber hinaus sind jeweils rund vier von zehn SPD- und Linke-Anhängern der Auffassung, dass Deutschland den Euro gar nicht braucht. Damit hat die SPD, die Merkels Euro-Krisenpolitik in den wesentlichen Fragen mit gestützt hat, ein Profilierungsproblem. Nach Meinung der Bürger ist das auch mit ausschlaggebend dafür, dass die Sozialdemokraten in der politischen Stimmung seit einem Jahr deutlich hinter den Unionsparteien zurückbleiben. 70 Prozent der Bundesbürger sehen ein Hauptproblem für die SPD in der Dominanz europapolitischer Themen und der Schwierigkeit der SPD, sich gegenüber der Rettungspolitik der Kanzlerin abzugrenzen. Dazu kommt die generelle Popularität der Kanzlerin, die 66 Prozent für eine besondere Herausforderung für die SPD halten. Jeder Zweite (53 Prozent) führt die Probleme der Partei aber auch auf die Schwäche ihres eigenen Spitzenkandidaten Peer Steinbrück zurück.

Angekündigte Steuererhöhungen schaden SPD und Grünen im Wahlkampf

Auch an anderer Stelle sehen die Deutschen die Sozialdemokratie nicht gut aufgestellt. Obwohl Steuererhöhungen für Besserverdienende bei den Bundesbürgern insgesamt und auch bei den Anhängern der SPD eine breite Unterstützung finden, glauben 70 Prozent der Deutschen, dass die entsprechenden steuerpolitischen Forderungen für die SPD strategisch von Nachteil sein könnten. SPD und Grüne wollen einen Spitzensteuersatz von 49 Prozent.

62 Prozent der Befragten sehen die Wurzeln der aktuellen SPD-Probleme in zurückliegenden Regierungsentscheidungen wie der Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre in der Zeit der Großen Koalition. Die Agenda-2010-Politik Gerhard Schröders verliert dagegen an Relevanz: 45 Prozent sehen darin unverändert eine Belastung für die SPD, 51 Prozent bezweifeln dies mittlerweile. Ein Grund dafür könnte die gute Meisterung der Krise in Deutschland sein, was Experten auch auf die Hartz-Reformen zurückführen.