Bayern-Chef spricht erstmals über seine Affäre. Gauck nennt Steuerbetrüger “asozial“

München/Hamburg. Er fühlt sich in einer "Situation, die kaum auszuhalten ist": Zwei Wochen nach Bekanntwerden der Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung hat Uli Hoeneß erstmals ausführlich zu den Vorwürfen Stellung genommen. Er habe "eine große Torheit begangen, einen Riesenfehler, den ich so gut wie möglich korrigieren will", sagte der Präsident des FC Bayern der Wochenzeitung "Die Zeit". "Ich fühlte mich in diesen Tagen auf die andere Seite der Gesellschaft katapultiert, ich gehöre nicht mehr dazu."

Der 61-Jährige schloss auch einen Rücktritt nicht mehr aus. "Wenn ich das Gefühl habe, dass meine Person dem Verein schadet, werde ich Konsequenzen ziehen." Allerdings werde dies nicht vor dem Champions-League-Finale geschehen. Hoeneß sagte, er spüre großen Druck. "Ich schlafe sehr schlecht, ich schwitze sehr viel in der Nacht, was ich eigentlich gar nicht kenne. Ich wälze mich und wälze mich ... Und denke nach, denke nach und verzweifle."

Hoeneß hatte sich im Januar selbst angezeigt, um so einer Strafverfolgung zu entgegen. Er versicherte, auf seinem nicht deklarierten Schweizer Konto liege kein Geld des FC Bayern. "Dieses Konto war ganz allein Uli Hoeneß." Der Bayern-Chef gestand indirekt ein, wie ein Spielsüchtiger an den Börsen auf Risiko gesetzt zu haben. Dies habe schon weit vor der Jahrtausendwende begonnen. Als die Internetblase geplatzt sei, habe er schwere Verluste eingefahren, "ich war da richtig klamm".

In dieser Situation habe ihm der frühere Adidas-Chef Robert-Louis Dreyfus einen großen Kredit angeboten. "So kamen die Millionen auf das Konto. Es war immer klar, das war ein Konto zum Zocken, für nichts anderes." In den Jahren 2002 bis 2006 habe er "richtig gezockt", teilweise "Tag und Nacht gehandelt, das waren Summen, die für mich heute auch schwer zu begreifen sind, diese Beträge waren schon teilweise extrem. Das war der Kick, das pure Adrenalin", erklärte Hoeneß. Schließlich habe er aber zu viele Verluste gemacht und seine Aktivitäten an der Börse zurückgefahren.

Er halte sich nicht für krank, versicherte Hoeneß. "Zumindest heute nicht mehr. Sollte ich vor Gericht müssen, erscheine ich dort nicht als kranker Mann. Ein paar Jahre lang war ich wohl nah dran. Aber inzwischen halte ich mich für kuriert."

Der Bayern-Präsident zeigte sich überrascht vom Bekanntwerden seiner Selbstanzeige. Er sei lange davon ausgegangen, keine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Am 20. März habe jedoch morgens um sieben Uhr die Staatsanwaltschaft an der Tür seines Hauses am Tegernsee geklingelt. "Da begann die Hölle für mich", sagte er. Gegen Hoeneß lag sogar ein Haftbefehl vor, der aber gegen die Zahlung einer Kaution in Millionenhöhe außer Vollzug gesetzt wurde. Hoeneß reagierte auch auf die Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich "enttäuscht" von ihm gezeigt hatte. "Ich würde mir wünschen, dass ich irgendwann die Gelegenheit bekäme, der Bundeskanzlerin in einem persönlichen Gespräch zu erklären, wie es so weit kommen konnte, der ganze Mist."

Unterdessen schaltete sich auch Bundespräsident Joachim Gauck mit scharfen Worten in die politische Debatte um Steuerbetrüger ein. "Wer Steuern hinterzieht, verhält sich verantwortungslos oder gar asozial", sagte Gauck dem Magazin "Stern".