Auch Kieler Landtag stimmt Aufnahme von Castor-Behältern mit großer Mehrheit zu. Die Zusage wird allerdings an mehrere Bedingungen geknüpft. So müssen sich auch andere Bundesländer an der Aufgabe beteiligen.

Kiel/Berlin. Schleswig-Holstein ist bereit, hochradioaktiven Atommüll im Land zu lagern. Am Dienstag haben die Landes-Grünen auf einem Sonderparteitag den Weg dafür freigemacht. Sie votierten mit großer Mehrheit dafür, den Abfall aus deutschen Atomkraftwerken (AKW) aufzunehmen. Im Kieler Landtag gab es am Mittwoch ebenfalls eine breite Mehrheit. Die Zusage wird allerdings an mehrere Bedingungen geknüpft. So müssen sich auch andere Bundesländer an der Aufgabe beteiligen, 26 Castor-Behälter mit Atommüll aus deutschen Atomkraftwerken zwischenzulagern. Dieser Abfall befindet sich derzeit in den beiden Wiederaufbereitungsanlagen in Sellafield (England) und La Hague (Frankreich) und soll ab 2015 zurück nach Deutschland gebracht werden. Gefordert wird außerdem, den Standort in Schleswig-Holstein einer "strengsten Sicherheitsprüfung" zu unterziehen. Das Zwischenlager dürfe nicht schleichend zum Endlager werden, die Kosten dieser Lagerung habe der Bund zu tragen. Die Bevölkerung müsse umfassend informiert und beteiligt werden.

Mit dem Votum der Grünen und der Zusage des Landesparlaments ist ein erster Schritt getan, um die Suche nach einem Endlager für Atommüll in Deutschland neu zu starten. Bund und Länder hatten vor zwei Wochen einen entsprechenden Kompromiss ausgehandelt. Danach wird zunächst eine Kommission eingesetzt, die Grundsatzfragen klären soll. Dann werden bundesweit Standorte geprüft. Auch Gorleben in Niedersachsen ist nicht aus dem Rennen. Der politische Preis für dieses Zugeständnis der niedersächsischen Landesregierung: Die 26 Castoren aus England und Frankreich dürfen nicht ins Zwischenlager Gorleben transportiert werden.

Nach einer Anfrage des Bundesumweltministers Peter Altmaier (CDU) hatte sich Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) grundsätzlich bereit erklärt, Castoren aufzunehmen. Diese Bereitschaft hatte bei den Grünen zu Kritik geführt - Kritik, die zu einem Sonderparteitag in Neumünster führte. Nach der Debatte um den Kosovo-Krieg in Jahr 1999, die die friedensbewegten Grünen viele Mitglieder gekostet hat, sorgt nun die Atommüllfrage für eine erneute Häutung. Darf eine Partei, die von Atomkraftgegnern mitbegründet worden ist, aktiv für die Zwischenlagerung von radioaktivem Abfall eintreten? In Neumünster gab es nach einer hitzigen Debatte eine deutliche Mehrheit für den Kurs von Umweltminister Habeck.

Zugleich hat am Mittwoch die Bundesregierung in Berlin den Altmaier-Kompromiss gebilligt. Das Kabinett stimmte einem entsprechenden Gesetzentwurf zu, der noch von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden muss. Nachdem der Salzstock im niedersächsischen Gorleben jahrzehntelang als Lagerstätte vorgesehen war, soll jetzt eine 24-köpfige Kommission bis Ende 2015 die Grundlagen für eine neue Suche erarbeiten. Am Ende sollen zwei Standorte unterirdisch erkundet werden. Die Endlagersuche und das Problem der Zwischenlagerung wurden bei einem Treffen thematisiert, zu dem Umweltminister Peter Altmaier und Vertreter der Energiekonzerne am Mittwoch zusammengekommen waren. Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.