So viel konsumiert jeder Deutsche statistisch gesehen pro Jahr – mit teils verheerenden Folgen für Gesundheit und Gesellschaft.

Berlin. Gewöhnung führt dazu, Gefahren zu verharmlosen. Die meisten Menschen ahnen daher nicht, wie gefährlich die Alltagsdroge Alkohol für ihre Gesundheit tatsächlich ist. Die Diagnose „Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol“ ist inzwischen die dritthäufigste Begründung für eine stationäre Krankenhausbehandlung. Jedes Jahr sterben in Deutschland 74.000 Menschen an den Folgen ihres Alkoholkonsums. Das geht aus dem „Jahrbuch Sucht 2013“ hervor, das die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) am Mittwoch in Berlin vorgestellt hat.

Die DHS-Experten warnen, dass es keinen risikolosen Alkoholkonsum gibt. Die tägliche Flasche Bier oder der tägliche Schoppen Wein sind eigentlich schon zu viel und alles andere als Medizin. Auch vergleichsweise geringe Mengen Alkohol können die Organe schädigen und zu schweren Erkrankungen wie Leberzirrhose oder Bauchspeichelentzündungen führen. Alkohol erhöht das Krebsrisiko, kann Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen und ist häufig Ursache von Unfällen und Verletzungen. Man müsse nicht erst süchtig werden, um alkoholbedingt zu erkranken.

Die Deutschen gehören im internationalen Vergleich nach wie vor zu den Schluckspechten. Jeder Deutsche trinkt im Jahr durchschnittlich 9,6 Liter reinen Alkohol. Das sind 325 Flaschen Bier, 27 Flaschen Wein, 5,5 Flaschen Schaumwein und mehr als sieben Flaschen hochprozentige Spirituosen. Alles zusammen würde eine Badewanne bis zum Rand füllen. Die volkswirtschaftlichen Kosten durch die Folgen des Alkoholkonsums belaufen sich auf 26,7 Milliarden Euro. Zu den Behandlungskosten addieren sich noch finanzielle Verluste durch Fehlzeiten am Arbeitsplatz, durch Frühverrentung und Erwerbsunfähigkeit.

Die konsumierte Alkoholmenge insgesamt hat sich seit 2010 nicht verändert. Die Deutschen trinken jedoch im Vergleich zum Vorjahr weniger Bier (minus 0,2 Prozent) und Wein (minus 1,5 Prozent), dafür aber mehr Schaumwein (plus 5,5 Prozent). Bei den Spirituosen ist der Konsum unverändert. Nun 2,2 Prozent der Männer und 3,6 Prozent der Frauen haben in ihrem Leben noch nie Alkohol getrunken. 6,1 Prozent der Männer und 8,5 Prozent der Frauen waren aber in den vergangen zwölf Monaten abstinent.

Trotz der Risiken werde den Verbrauchern ein positives Bild und damit „wirklichkeitsfernes Image“ von Alkohol vorgegaukelt, kritisieren die DHS-Experten. Die Alkoholhersteller haben 2011 insgesamt 585 Millionen Euro in Werbung investiert. Das ist im Vergleich zum Vorjahr noch einmal ein Plus von 60 Millionen Euro. Als Präventionsmaßnahme müssten unter anderem die Steuern auf alkoholische Getränke erhöht und die Werbung für Alkohol gesetzlich stärker reguliert werden. Auch die Promillekontrollen im Straßenverkehr müssten intensiviert werden, heißt es in dem aktuellen Jahrbuch zur Sucht.

Beim Tabakkonsum verzeichnet die DHS einen rückläufigen Trend. 2012 wurden mit 82,4 Milliarden Zigaretten fast sechs Prozent weniger als im Vorjahr geraucht. Die Ausgaben für Tabakwaren gingen um ein Prozent auf 24,3 Milliarden zurück. Die Einnahmen aus der Tabaksteuer sanken um knapp zwei Prozent auf 14,2 Milliarden. Auch bei den Aufgaben für Werbung ist der Trend rückläufig. Im Jahr 2010 wurden nur noch knapp 200 Millionen Euro in Kinospots, Plakate oder Anzeigen investiert, zehn Prozent weniger als noch 2009. Der Anteil der Raucher liegt bei derzeit knapp 20 Prozent, schwankt jedoch stark nach Altersgruppe. Bei den 20- bis 29-jährigen Männern liegt der Anteil bei 42,1 Prozent. In dieser Altersgruppe ist auch bei den Frauen der Anteil der Raucherinnen mit 32,5 Prozent am größten. Bundesweit sterben jedes Jahr bis zu 120.000 Frauen und Männer an den Folgen des Rauchens.

Während die Risiken der Alltagsdrogen Alkohol und Tabak in der Regel unterschätzt werden, versetzt die bislang relativ unbekannte Droge Chrystal Meth die Menschen bundesweit in Angst und Schrecken. In geringer Dosierung wirkt die Droge stimulierend und macht euphorisch. Hoch dosiert aber kann Chrystal Meth aggressiv und gewalttätig machen, erzeugt Wahnvorstellungen und kann die Konsumenten in den Selbstmord treiben. Chrystal Meth ist ein Methamphetamin. Es wird in Labors in Tschechien und verschiedenen anderen europäischen Länder hergestellt und auf dem illegalen Markt gehandelt. In Deutschland konzentriert sich der Konsum bislang auf Sachsen und das bayerisch-tschechische Grenzgebiet. Es könne daraus aber nicht abgeleitet werden, dass Chrystal Meth auch in anderen Bundesländern stark verbreitet sei.

Insgesamt verzeichnet das „Jahrbuch Sucht 2013“ einen rückläufigen Trend bei den illegalen Drogen und einen positiven Rekord: Die Zahl der Rauschgifttoten hat 2011 mit 986 den niedrigsten Stand seit 1988 erreicht. Die aktuellen Zahlen für das Jahr 2012 wird die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP), am 25. April bekannt geben.